Kurz & bündig
|
[+] Gutes Platzangebot, gute Verarbeitung, fünf Sterne im NCAP-Crashtest |
[-] Umfangreiche Aufpreisliste, hinten wenig Kopffreiheit für große Passagiere |
|
Der neue Renault Clio ist gewachsen: 76 mm höher, 68 m breiter und satte 170 mm länger. Von den 17 Zentimetern mehr Gesamtlänge sind jedoch nur knapp 10 Zentimeter mehr Radstand - das mag an der gemeinsam mit Nissan entwickelten B-Plattform liegen, auf der sowohl der Renault Modus als auch der Nissan Micra basieren. Immerhin reichte es noch, um dem Clio 33 Liter mehr Kofferraumvolumen und den mit 55 Litern größten Tank im Segment zu spendieren.
Die Hinterachskonstruktion stammt ebenfalls vom Modus. Die Vorderachse wurde vom Mégane II übernommen. Mit der gewachsenen Spurbreite von 1.458 mm vorn und 1.456 mm hinten sollte eine verbesserte Querdynamik gegenüber dem Vorgängermodell erreicht werden.
Nachdem zuvor einige Spekulationen über die Optik des neuen Clio im Umlauf waren, ist der Auftritt des "echten" Clio nun weniger spektakulär. Die deutlich tiefer als beim Vorgänger heruntergezogene Motorhaube und die großen Klarglasscheinwerfer wirken zusammen mit dem Lufteinlass im Stoßfänger und der breiten Spur fast schon bullig. Das Heck ist weniger rund als beim Vorgänger und hat trotz eindeutiger Markenverwandtschaft keine extremen Kanten oder Kurven - knackig und auf jeden Fall schöner als beim Clio II. Die Seitenansicht ist durch kurze Überhänge und die durchlaufende Falzkante geprägt und wirkt durch die Keilform sehr dynamisch.
Breite Schultern
Im Innenraum sind die von Renault gepriesenen Mehr-Zentimeter tatsächlich zu spüren. War der Clio II noch ein typischer kleiner "Golf-Konkurrent", so ist im Clio III deutlich mehr Platz. Mit einer Schulterbreite von 1.382 mm vorn und 1.362 mm hinten rangiert der neue Clio an der Spitze im Segment.
Das Cockpit ist in der Grundausstattung nicht gerade ein Blickfang. Jedoch ist alles übersichtlich angeordnet und insgesamt gut verarbeitet. Von den vier Ausstattungslinien "Authentique", "Expression", "Edition Dynamique" und "Privilège" ist erst ab der Ausstattungslinie "Edition Dynamique" - von der Renault sich auch die meisten Verkäufe verspricht - ein Armaturenbrett mit softer Haptik serienmäßig. In der "Edition Dynamique" sind dann aber auch Lederlenkrad, -schaltknauf und klimatisiertes Handschuhfach serienmäßig.
Die Sitze sind straff gepolstert - trotzdem komfortabel und mit gutem Seitenhalt. Leider ist das Lenkrad nur in den höheren Ausstattungslinien längsverstellbar, die Lendenwirbelstütze gibt es nur in der Ausstattung "Privilège" und sonst nicht einmal gegen Aufpreis. Das schränkt den Kreis derer, die in den preiswerteren Versionen bequem sitzen, auf Personen bis 1,85 Meter ein. Auch hinten sind größere Passagiere weniger gut aufgehoben.
Alle Bedienelemente und Anzeigen sind gut bedien- und einsehbar, hier haben die Designer Ergonomie groß geschrieben. Gewöhnungsbedürftig - wie immer - ist der große Abstand zwischen der Radiobedienung in der Mittelkonsole und der dazugehörigen Anzeige oben im Armaturenbrett.
Der Kofferraum ist mit 288 Litern akzeptabel und lässt sich durch Umlegen der Rücksitzlehne auf 1.038 Liter vergrößern, allerdings entsteht keine ebene Ladefläche. Eine geteilte Rücksitzlehne gibt es in der Basisausstattung nicht - laut Renault sei diese Option für sehr viele Kunden unwichtig. Die optional erhältliche Kinderkopfstütze für den mittleren Rücksitz ist allerdings ein lobenswertes Sicherheitsfeature.
Die Sicherheitsausstattung ist auch sonst Renault-typisch komplett. 6 Airbags, zusätzliche Windowbags ab "Expression", ABS, Bremsassistent, ISOFIX-Kindersitzbefestigungen und automatische Türver- und -entriegelung sind serienmäßig, ESP ist außer für die kleinste Motorisierung optional zu haben. Ein in dieser Klasse nicht unbedingt übliches, aber nützliches Feature ist die optional für 200 Euro erhältliche elektronische Reifendruckkontrolle, allerdings wiederum nur für die Top-Ausstattungslinien.
Fünf Sterne
Dass die umfangreiche aktive und passive Sicherheitsausstattung für 130 kg mehr Gewicht als beim Vorgänger sorgt, ist nicht verwunderlich - dafür gab es beim Euro-NCAP-Test die Bestnote von fünf Sternen für die Insassensicherheit, vier Sterne für die Kindersicherheitsprüfung und 32,67 von 37 möglichen Punkten.
Die Motorenpalette des neuen Renault Clio ist konzerntypisch und umfasst drei Benziner 1.2, 1.4 und 1.6 Liter sowie einen 1.5-Liter-Diesel in unterschiedlichen Leistungsstufen, wobei den deutschen Kunden der 1.4 Liter nicht angeboten wird. Alle Motoren entsprechen der Euro-4-Norm.
Schon die kleinste Motorisierung mit 1.2 Liter und 65 PS hinterlässt einen ordentlich Fahreindruck. Lediglich im unteren Drehzahlbereich und bei starken Steigungen ist der Motor mit den immerhin 1.165 kg Leergewicht erwartungsgemäß überfordert. Mit dem größten Benziner (1.6 Liter, 112 PS) und dem größten Diesel (1.5 Liter, 106 PS) ist man flott unterwegs. Für diese Motorisierungen ist ESP ein sinnvolles Extra.
Immer gutmütig
Der leistungsstärkste Diesel ist serienmäßig mit einer Sechs-Gang-Schaltung ausgestattet, alle anderen Motorisierungen verfügen über ein Fünf-Gang-Getriebe. Nur für den leistungsstärksten Benzinmotor ist eine Vier-Stufen-Automatik verfügbar.
Das Fahrwerk ist trotz des Hinweises von Renault auf mehr Sportlichkeit eher komfortabel und zeigt in schnellen Kurven deutliche Seitenneigung. Trotzdem bleibt das Fahrverhalten in allen Situationen gutmütig, das ESP wird - außer beim Anfahren mit den stärkeren Motorisierungen - zumindest hier nicht wirklich vermisst.
Leider kann die elektrische Servolenkung mit dem sportlichen Anspruch nicht mithalten. Die indirekte Mittellage und die Leichtgängigkeit auch bei höheren Geschwindigkeiten passen aber wieder zum Fahrverhalten. Laut Renault kommt die immer wieder bemängelte elektrische Lenkung bei den Kunden sehr gut an - diese legen demnach mehr Wert auf leichtes Parken denn auf präzisen Geradeauslauf in höheren Geschwindigkeiten.
Lange Liste
Anlass zur Kritik ist - wie beim Modus und Mégane II auch schon - die Preisliste für die Zusatzausstattungen. Wer sich tatsächlich eine 60:40 teilbare Rücksitzlehne wünscht, muss mindesten einen "Expression" ordern - und den gibt es nicht mit versicherungsgünstigem 68-PS-Motor. Ebenso sind die kleinen Diesel nicht mit gehobenen Ausstattungslinien verfügbar - und die Längsverstellung des Lenkrades nur im Zusammenhang mit "Keycard Handsfree" für 500 Euro Aufpreis.
Ob sich zu den 600.000 Clio-Besitzern in Deutschland wie bisher weitere 40.000 bis 50.000 pro Jahr dazugesellen, ist angesichts dieser Aufreispolitik fraglich. Trotzdem ist der Clio der Bestseller von Renault - und soll das laut Renault in dritter Generation auch bleiben.
Wie entsteht ein Fahrbericht? Das erfahren Sie hier
|
|