Kurz & bündig
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[+] Großzügiges Raumangebot auf allen Plätzen, großer Laderaum, große Anhängerlast, solide Verarbeitung, hoher Fahrkomfort, sehr gute Traktion, sicheres Fahrverhalten |
[-] Hoher Preis, nicht sonderlich agil, mit dem Diesel gelegentlich etwas schwach motorisiert, schwache Serienausstattung |
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Land Rover bringt sein Aushängeschild Range Rover seit kurzem auch mit langem Radstand auf den Markt, BMW verkündete bereits die Entwicklung des großen X7 und Cadillac legt sein Luxusmodell Escalade zum Jahreswechsel erstmals auch in Europa auf, Audi-Fans träumen vom Q9. Ebenfalls neu im Frühjahr 2015: der große Audi Q7. Mehr und mehr entwickelt sich auch die Oberklasse zu einem Geländewagenmarkt.
Mercedes hat den Trend zur schieren Größe bereits vor Jahren erkannt und seinen GL bereits in der zweiten Generation auf den wichtigsten Märkten etabliert. Da für viele Mercedes-Kunden die aktuelle M-Klasse mehr ein stelziger Kombi denn ein echter Gelände-SUV ist, erfreut sich der 5,12 Meter lange GL einer zunehmenden Beliebtheit. Der Luxusallradler ist die ideale Mischung aus Straßenkreuzer, Geländewagen, Luxuslimousine und Familienmobil.
Diesel-Kunden aus Europa haben derzeit keine Wahl: Wer sich keinen trinkfreudigen Benziner mit 333 bis 557 PS in die Garage holen will, der kann sich nur für den Mercedes-Benz GL 350 Bluetec entscheiden. Mit einer Leistung von 190 kW/258 PS kein lahmer Esel - aber auch alles andere als ein schnelles Rennpferd.
Nachdem Mercedes den großen Achtzylinderdieseln 400 CDI und 420 CDI in allen Baureihen abgeschworen hat, wurde der alte Dreiliter-V6 immer nur behutsam weiterentwickelt. Doch schon angesichts des Leergewichts von fast 2,5 Tonnen würde man sich Diesel-Alternativen wünschen, die Range Rover, Porsche, Audi oder BMW mit über 350 PS bieten. Einen ähnlich bulligen Topdiesel vermisst man im Mercedes-Benz GL schon nach wenigen Kilometern auf Landstraße oder Autobahn.
Der Mercedes GL 350 Bluetec kann bis zu 3,5 Tonnen an die Haken nehmen und mutiert so zum idealen Zugpferd
Ein Doppelturbo ist jedoch baulich nicht zu realisieren und so warten viele Kunden von S-, M-, GL- und G-Klasse auf ein neues Dieseltriebwerk. Und keiner bräuchte es mehr als der mächtige GL.
Dabei ist es nicht so, als wäre der mindestens 73.661 Euro teure GL 350 Bluetec durchweg untermotorisiert. Doch gerade auf langen Strecken und mit entsprechender Besatzung von Mensch und Gepäck kommt der drei Liter große Commonrail-Diesel schnell an seine Grenzen. 258 PS und 620 Nm maximales Drehmoment zwischen 1.600 und 2.400 U/min sind in der Liga nicht üppig. Dabei interessiert die Beschleunigung von 0 auf Tempo 100 binnen knapp acht Sekunden in der Elefantenliga weit weniger als das souveräne Cruisen. Damit tut sich der Koloss aus Tuscaloosa ab Tempo 150 zunehmend schwer, ehe er sich bis an seine Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h herangetastet hat. Dampf und kraftvoller Durchzug - da fehlt es dem GL.
Erfreulich zurückhaltend zeigt sich der reale Verbrauch, denn es bereitet keine Mühe, das Schlachtschiff für bis zu sieben Personen mit neun bis elf Litern zu bewegen. Großen Anteil daran hat die obligatorische Siebenstufenautomatik. Die macht zwar gerade bei Berg- und Talfahrten einen nervösen Eindruck, engagiert sich jedoch gekonnt, die Gangwahl hoch und die Drehzahl möglichst niedrig zu halten. Immerhin: Der Mercedes GL 350 Bluetec kann bis zu 3,5 Tonnen an die Haken nehmen und mutiert so zum idealen Zugpferd.
Das Luftfederfahrwerk mit Doppelquerlenkern vorn und Mehrlenkerachse hinten ist entsprechend des Kundenkreises auf maximalen Komfort ausgelegt. Die leichtgängige Servolenkung gibt nur wenig Rückmeldung von der Fahrbahn und die gewaltigen Abmessungen sorgen für spürbare Wankbewegungen im flotten Galopp. Dafür ist der Reisekomfort in Kombination mit dem geringen Geräuschniveau und den schmeichelnden Materialien im Innenraum beeindruckend. Das gilt auch für den Laderaum, der 680 bis 2.300 Liter fasst.
Den mächtigen SUV auch auf kleinem Raum sauber rangieren? Dank Kameras rundum kein Problem
So lang die Fahrt auch ist: Den klimatisierten Fahrersitz mit dem entsprechenden Massageprogramm geimpft, Lieblingsmusik aus dem Mediaplayer - und die nächsten 600 Kilometer werden zu einem Vergnügen. 1.000 Kilometer ohne Tankstopp: Dank 100 Liter Tankvolumen durchaus machbar. Getränke werden auf Wunsch im Becherhalter erwärmt oder gekühlt. Der exzellente Sitzkomfort der ersten Reihe fällt in Reihe zwei allerdings ab. Die Kopfstützen im Fond haben wenig Reisekomfort und eine Sitzklimatisierung wie bei der Konkurrenz sucht man dort vergeblich. Auch könnten die Sitze besser konturiert sein, denn auch in einem Mercedes GL sitzen nicht immer drei Personen in Reihe zwei.
Auf Knopfdruck klappt der äußere Sitz nach vorn, um einen Einstieg in die Reihe drei zu ermöglichen. Aufstellen muss man den Fondsitz jedoch mechanisch - nicht nur für klein gewachsene Personen alles andere als komfortabel. Immerhin öffnet und schließt die Heckklappe serienmäßig auf Knopfdruck. Den mächtigen SUV auch auf kleinem Raum sauber rangieren? Dank Kameras rundum kein Problem.
Das größte Manko beim Mercedes-Benz GL 350 Bluetec ist die schwache Serienausstattung. In dieser Liga sollten Navigationssystem, Xenon- oder LED-Scheinwerfer sowie Lederausstattung und das komplette Sicherheitspaket längst ohne Aufpreis an Bord sein. Doch der Basis-GL bietet nichts von alledem ohne enen tiefen Griff in die Geldbörse. So schraubt sich der reale Ppreis eines sinnvoll ausstaffierten GL selbst mit dem Basisdiesel spielend in Richtung 100.000 Euro und mehr.
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"Der Mercedes GL liefert Luxus pur - wenn man ihn entsprechend aus der Aufpreisliste hochrüstet. Der einzig verfügbare Diesel ist etwas schwach."
Stefan Grundhoff |
Wie entsteht ein Praxistest? Das erfahren Sie hier
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