Förster, Landwirte und Bauingenieure hatten es Ende der 70er Jahre schwer, wenn es um das richtige Auto ging. Entweder man gönnte sich einen Edel-Offroader wie den Range Rover oder fuhr noch rustikaler mit Mercedes-Benz G-Klasse, Lada Niva oder einem Land Rover Defender auf den unbefestigten Pisten zur Arbeit. Subaru, im Laufe der Jahre zum weltweit größter Hersteller von Allradfahrzeugen aufgestiegen, stieß Anfang der 80er Jahre deshalb in eine Lücke, die in der zweiten Hälfte der 90er dann zu einem echten Trend wurde. Heute sind Allradkombis neben den allgegenwärtigen SUV aus unseren Straßen nicht mehr wegzudenken.
Es ist einer der wenigen Trends, die aus der Schweiz den Weg nach Deutschland und Österreich fanden. Bei den Eidgenossen waren die Subaru-Modelle bereits ab 1979 zu bekommen. Der Subaru 1800 4WD, der in seiner Heimat Japan eigentlich Leone hieß, war ein kompaktes Mittelklassemodell, wahlweise als vier Meter lange Schrägheckversion, 4,27 Meter lange Limousine oder 4,29 Meter langer Kombi zu bekommen. Das einzigartige war der Allradantrieb, der sich über einen Taster am Automatikwählhebel einfach dazuschalten ließ. Wer mit einem manuellen Getriebe unterwegs war, der kuppelte aus, schaltete per Hebel die Hinterachse dazu und kuppelte den Gang einfach wieder ein - fertig. Fortan kamen Förster mit einem unspektakulären Allradantrieb zu ihrem Hochsitz, Bergbauern zu ihrer Alm und Ärzte zu ihren abgelegen kränkelnden Patienten - im Sommer wie im Winter.
Das Design des Subaru 1800 4WD war typisch kantig, japanisch und alles andere als ein Hingucker. In den Zeiten, bevor die asiatischen Hersteller Zentraleuropa überfluteten, hätte der Subaru auch ein Daihatsu, ein Mazda oder ein Toyota sein können. So wenig auffällig sein Äußeres war, so ungewöhnlich war seine Antriebstechnik. Motoren nach Boxerbauart kannte man allenfalls von VW Käfer oder Porsche 911 - die Vorteile für ein kompaktes Mittelklassemodell leuchtete kaum jemandem ein. Vorteile gab es weder bei der Leistungsausbeute noch bei der Effizienz.
Noch heute läuft der Vierzylinderboxermotor des Subaru 1800 4WD Station GLF alles andere als leise. Aber immerhin angenehm vibrationsarm. Von den 59 kW/80 PS und 132 Nm maximalem Drehmoment sind über die Jahrzehnte wohl ein paar Traber verloren gegangen und die Dreistufenautomatik verspeist ohnehin einen spürbaren Teil des in Aussicht gestellten Tatendrangs. Wie kompakt der Motor baut, zeigt ein Blick unter die Motorhaube. Dort liegt der kleine Boxer mit 1,8 Litern Hubraum - zwischen Triebwerk und Windschutzscheibe passt wohlig und warm gebettet sogar noch der Ersatzreifen.
Wer sich gar für den 1800er Super-Station GLF entschied, der bekam Luxus, wo er ihn nicht erwartet hätte. Veloursitze und elektrische Fensterheber vorne und hinten sind dabei auffällig, aber weniger spektakulär wie Klimaautomatik und die digitalen Instrumente, die in den frühen 80er Jahren die meisten nur vom Radiowecker auf dem Nachttisch kannten. Das futuristische Cockpit zeigte bestens lesbar Drehzahl, Geschwindigkeit sowie in Balkendiagrammen Kraftstoffmenge und Motortemperatur an.
Wenn andere selbst bei Winterreifen Ketten aufziehen mussten, brummte der Subaru 1800 4 WD GLF unbeirrt den Hang hinauf
Statt der üblichen Lenkstockhebel gibt es - abgesehen vom Blinkerhebel - klobige Plastikarme für die Bedienung von Licht und Scheibenwischern. Ergänzt wird das Anzeigesammelsurium des Fahrerarbeitsplatzes dahinter von einem ebenfalls digitalen Bordcomputer und einer Fahrzeugdraufsicht, die einen an geöffnete Türen oder die eingelegte Parkbremse erinnert. Verglichen mit einem Audi 80 oder einem Opel Rekord fuhr der rund 20.000 D-Mark teure Allradkombi in einer anderen Welt.
Der große Clou war jedoch nicht die ansehnliche Komfortausstattung, der große Laderaum und die nicht einmal 150 km/h Höchstgeschwindigkeit. Der Allradantrieb machte den Unterschied. Denn wenn andere selbst bei Winterreifen Ketten aufziehen musste, um kleinste Anstiege zu erklimmen, brummte der Subaru 1800 4 WD GLF unbeirrt den Hang hinauf. Neben dem Allradantrieb gab es die Geländeuntersetzung Dual-Range und beim Super-Station mit erhöhter Dachlinie eine von 21 auf 24 cm verstellbare Bodenfreiheit.
Diese Tugenden auf Schnee, Eis und im unwegsamen Terrain sprachen sich schnell in der Schweiz, in Österreich und Süddeutschland herum. In anderen Regionen ohne ersthafte Bergnutzung fuhr der Leone-Zwilling zunächst viele Jahre ins Leere. Die Zeiten, in denen jedermann leicht erhöht in Geländewagen oder Allradkombi zur Arbeit, zur Schule oder zum Freizeitvergnügen reisen sollte, waren noch 12 bis 15 Jahre entfernt.
Abgesehen vom zuschaltbaren Allradantrieb fährt sich der Subaru 1800 4WD GLF noch heute wie ein ganz normaler Kombi aus den frühen Achtziger Jahren. Das Fahrwerk ist komfortabel und schnell mag es der Allradjapaner ohnehin nicht. Speziell wenn die Hinterachse zugeschaltet ist, passen flotte Tempi und engere Kurvenradien nicht nur wegen des starren Durchtriebs an die Hinterachse nicht so recht zusammen. Zum Cruisen taugt er aber allemal.
Die rahmenlosen Scheiben geben einen Hauch Coupéflair und der Flockvelours fasst sich auch nach mehr als 30 Jahren noch wertig an. Im Innenraum hatte man seinerzeit nicht viele Möglichkeiten, sich auszuleben. Ledersitze fehlten ebenso im Angebot wie eine Alternativfarbe zu den Verkleidungen an Armaturen und Türtafeln, die wie eine betagte Marzipankartoffel anmuten. Immerhin konnte der Kunde beim Topmodell zwischen grauen und beigem Flockvelours wählen. Der begeisterte Anfang der 80er Jahre scheinbar auch der Skifahrerpaar aus Rosi Mittermaier und Christian Neureuther, mit deren Werbekampagnen der Subaru eingeführt wurde.
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