Im Gegensatz zu normalen Fahrzeugmodellen, die zumeist nach sechs bis sieben Jahren abgelöst werden, dauert es deutlich länger, ehe ein neuer SL das Licht der Autowelt erblickt. Die legendäre 107er-Generation schaffte es sogar, von 1971 bis 1989 aktuell zu bleiben und auch der Vorgänger der Baureihe R 230 hat fast zehn Jahre auf den Buckel. Nun ist es wieder soweit: Ein neues SL-Modell steht an.
Obschon das Grundkonzept mit der langen Motorhaube, der weit nach hinten versetzten Fahrgastzelle und dem Klappdach übernommen wurde, ist der neue Luxusroadster von Mercedes kaum wiederzuerkennen. Der steil im Fahrtwind stehende Grill, die Bögen und Fugen gefallen ebenso wie das schlichte und deutlich flacher wirkende Heck. Bei den Leuchteinheiten haben die Stuttgarter dagegen kein glückliches Händchen gehabt. Die Frontscheinwerfer zeichnen die Kreationen von B-Klasse und CLS mit dem oben verlaufenden Lichterbogen weiter - etwas zu viel des Guten. Und am Heck sieht zumindest das Tagdesign ziemlich dröge aus.
Doch das Gesamtkonzept gefällt. Die Linien des gewachsenen Zweisitzers sind weich und nicht zu sportlich. Der fünf Zentimeter länger und breiter gewordene SL hat mittlerweile Konkurrenz im eigenen Haus. Mit Mercedes SLK und besonders dem nun auch als Roadster verfügbaren Supersportwagen SLS steht der Klassiker in der Mitte der offenen Zweisitzer mit dem Stern. Er ist der eleganteste und sportlich zudem. Längst durchgesetzt hat sich bei ihm das vollautomatische Klappdach (das sich auch beim neuen Modell nur im Stand bedienen lässt).
Im Innenraum offenbart sich zwischen altem und neuem SL ein Quantensprung. Die ausgelaufene Baureihe R 230 war beim Interieur zuletzt in die Jahre gekommen. Die beiden Facelifts huschten am Interieur nahezu spurlos vorbei. Der Nachfolger dagegen bietet beeindruckend verstellbare Sitze und ein aufgeräumtes Cockpit. Lüftungsdüsen und Bedienelemente sind Handschmeichler. Allein der Navigationsbildschirm hätte für ein Fahrzeug der Modellgeneration 2012 mit einer voraussichtlich langen Produktionszeit durchaus etwas opulenter sein können.
Frontbass für den Sound
Leichter und sportlicher ist der neue SL geworden - ohne dabei die klassischen Tugenden eines Roadster-Cruisers zu verlieren. Die Karosserie besteht fast vollständig aus hochfestem Aluminium, sodass der Mercedes im Vergleich zum Vorgänger um bis zu 140 Kilogramm abgespeckt hat. "In der Praxis wirkt sich das so aus, als ob ein Beifahrer der Schwergewichtsklasse ausgestiegen wäre", sagt Thomas Rudlaff, verantwortlich für die Aluminium-Rohbaustruktur. "Das Ergebnis ist spür- und messbar. Weniger Gewicht bedeutet mehr Dynamik und weniger Verbrauch."
Wie bei seinem Vorgänger wird auch die nächste SL-Generation technische Innovationen einführen. Zum ersten Mal ist ein Fahrzeug mit einem neuen Frontbass ausgestattet, das den Innenraum – offen wir geschlossen – zu einem Hörgenuss werden lassen soll. Pfiffig auch das neue Scheibenwischersystem, bei dem die Wischflüssigkeit über kleine Öffnungen im Wischblatt auf die Windschutzscheibe gedrückt wird.
Zum Marktstart im kommenden Frühjahr wird der der Mercedes zunächst als SL 500 und als SL 350 zu haben sein. Während der mindestens 117.096 Euro teure SL 500 von einem 4,7 Liter großen Achtzylinder mit 320 kW/435 PS und einem maximalen Drehmoment von 700 Nm befeuert wird, bleibt das Basismodell der SL 350, der mit seinem 306 PS starken Sechszylinder mindestens 93.534 Euro kostet. Der kleine Sechszylinder soll knapp sieben, der große Achtzylinder gerade mal neun Liter Kraftstoff verbrauchen.
Eine Allradversion soll es ebenso wenig geben wie einen kleinen Vierzylinder. Jedoch werden AMG-Versionen ebenso wie ein V12 und erstmals ein Diesel das Motorenprogramm komplettieren. Optional gibt es Extras wie ein elektrisches Windschott, zahlreiche Assistenzsysteme, eine Wankstabilisierung oder das mit dem SLK eingeführte verdunkelbare Glasdach Magic Sky Control.
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