Die Käufer des bayrischen Kraftprotzes hatten bisher die Wahl zwischen dem manuellen Schaltgetriebe und einer sequentiellen Schaltung mit Tourenwagen-Genen. Auf der Rennstrecke ist das voll automatisierte Getriebe ja eine feine Sache - doch wer im normalen Straßenverkehr unterwegs war, der bekam schon mal Schluckauf von den nervösen Zugkraftunterbrechungen. Damit ist jetzt Schluss. Puristen können mit der rechten Hand auch weiterhin präzise schalten - der Großteil der Kunden dürfte sich aber bei der neuen Doppelkupplung gut aufgehoben fühlen.
Die Doppelkupplung ist bei den Bayern ganz frisch. Bisher setzten insbesondere Volkswagen und Audi auf die perfekte Kombination aus manuellem Schaltvergnügen und automatisierter Unterschützung. Jetzt folgen Porsche, BMW und Ford. Und andere stehen schon bereit.
Da der bayerische Automobilhersteller diesmal nicht der erste seiner Zunft ist, kann man sich dort nur damit rühmen, die erste Doppelkupplung für einen Längsmotor mit Hochdrehzahlkonzept anzubieten. In sportlichen Kreisen dürfte das genug Applaus bringen. Ärgerlich nur, dass man ähnliche Technik in schnöden Serien-Golfs und –Audis bereits seit Jahren fahren kann.
Bissig am Gas
Gerade einem Sportmodell wie dem BMW M3 steht die neue Getriebevariante gut. Niemand wird das alte SMG-Getriebe vermissen, das einen auch im Innenstadtverkehr dazu zwang, den automatisierten Komfortmodus per Hand zu umgehen. Vernünftig konnte man bei SMG nur manuell schalten - und unter 5.000 Touren brauchte man es kaum versuchen. Die neue Doppelkupplung mit ihren sieben Fahrstufen kann man dagegen auch ohne manuelle Eingriffe des Fahrers machen lassen, was sie will: Lässig, wenn sie im Hintergrund sein soll, bissig am Gas, wenn der Fahrer es im flotten Galopp verlangt.
Die Gangwechsel geschehen – egal bei welchem Tempo und unter welcher Drehzahl - stimmig und ohne spürbare Zugkraftunterbrechungen. Kein Wunder: Die doppelte Kupplung hat den jeweils nächsten Gang bereits eingelegt. Anders als bei Audi, wo man für die sportlich positionierten Q5 und S5 ebenfalls ein Siebengang-DSG vorgestellt hat, verfügt die BMW-Variante über zahlreiche Einstellmöglichkeiten.
Die "Drivelogic" getaufte Elektronik mit elf elektronisch gesteuerten Fahrprogrammen in strammer M-Abstimmung ermöglicht unter anderem fünf Schaltprogramme im automatisierten Modus, sechs manuelle Schaltprogramme und eine Launch Control für maximale Beschleunigung aus dem Stand. Maximal kann die von BMW und Getrag gemeinsam entwickelte Doppelkupplung 550 Nm verarbeiten und bis 9.000 U/min drehen.
Die USA schalten per Hand
"Beim alten Modell hatten wir 40 Prozent Handschaltung und 60 Prozent SMG", berichtet Carsten Pries von der M-GmbH. "Gerade in den USA verkaufen wir nach wie vor sehr viele Handschalter. Das ist ein klares Statement der jeweiligen Fahrer: Ich beherrsche es und bin Herr der Lage." Deutsche und Europäer zeigen sich technikverliebter. So ist zu erwarten, dass bei dem - allerdings fast 4.000 Euro teuren - Extra viele zuschlagen werden.
Kaum ins Gewicht fallen dürfte dabei, dass sich der Durchschnittsverbrauch der M3-Familie leicht reduziert. Von den versprochenen 11,9 Litern SuperPlus auf 100 Kilometern ist in der Realität jedoch kaum etwas zu spüren. 13 bis 16 Liter sollte man angesichts der jederzeit abrufbaren Leistungsreserven schon kalkulieren.
Besonders wichtig war den Ingenieuren, dass die Doppelkupplung nicht nur perfekt mit dem V8-Triebwerk der drei M3-Versionen Limousine, Coupé und Cabriolet harmoniert, sondern dass sie auch rennstreckentauglich ist und bei extremer Beanspruchung und hohen Außentemperaturen nicht schlapp macht.
Die Leistungsdaten des BMW M3 zeigen sich durch den Einsatz des neuen Getriebes unverändert. Der vier Liter große Achtzylinder leistet 309 kW/420 PS und ein maximales Drehmoment von 400 Nm bei 3.900 Touren. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei abgeregelten 250 km/h. In einem Sportpaket wird die Abriegelung zumindest auf 280 km/h gelockert. Beim Spurt von 0 auf 100 km/h nimmt die Doppelkupplung selbst engagierten Handschaltern 0,2 Sekunden ab und durchpflügt die 100er-Marke nach 4,6 Sekunden.
Doppelt hält besser
Das Doppelkupplungsgetriebe mit Drivelogic kombiniert zwei Teilgetriebe in einem Gehäuse, dessen kompakte Maße denen eines konventionellen Handschaltgetriebes entsprechen. Das technische Kernstück des neuen M-Doppelkupplungsgetriebes bilden die beiden mit Öl gekühlten Nasskupplungen.
Eine der beiden Kupplungen ist für die geraden (2, 4, 6), die andere für die ungeraden Übersetzungsstufen (1, 3, 5, 7) sowie zusätzlich für den Rückwärtsgang zuständig. Im Fahrbetrieb ist jeweils eine der beiden Kupplungen geschlossen, die andere offen. Bei einem Beschleunigungsvorgang – und auch beim Herunterschalten – werden sie daher wechselweise aktiv. Bei jedem Gangwechsel vollzieht sich das Öffnen der ersten Kupplung parallel zum Schließen der zweiten. Das aufwändige Getriebe wiegt nur 20 Kilogramm mehr als die Handschaltung.
Der Spaßfaktor ist auf Landstraße oder Rennstrecke besonders groß, wenn man im M-Sportmodus selbst die Gangwechsel in der Hand hat und über die Schaltpaddel am Lenkrad die Gänge schnacken lässt. Kleine LED-Leuchten im Drehzahlmesser zeigen, wann dies spätestens sein sollte.
Der Basispreis für die Limousine des BMW M3 liegt trotz lückenhafter Ausstattung bei 64.750 Euro, das Coupé beginnt bei 66.650 Euro. Wer den Wind im Haar spüren will und sich für das Cabrio erwärmt, muss 7.300 Euro dazulegen. Und der Spaßmacher DKG kostet mit 3.800 Euro nochmals den Gegenwert eines Designersessels.
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