Es ist fast so etwas wie eine Geburtstagsfeier im Kreise der Familie: Mit Sektempfang, üppiger Buttercremetorte, deftigem Liedgut aus dem Alpenraum, verklärten Erinnerungen und wohlwollenden Ansprachen. BMW feierte im österreichischen Sölden 20 Jahre Fahrertraining in Eis und Schnee. Mit dabei im Weinkeller des Stammhotels Central Spa waren nicht nur die Teilnehmer und Instruktoren dieser letzten Veranstaltung der Saison 2010/11, sondern auch die Mitbegründer des Ganzen: Josef Bücherl und der finnische Ex-Rallyeprofi Rauno Aaltonen.
Als vor zwei Jahrzehnten die ersten BMW im Ötztal durch den Schnee stoben, war das für die Teilnehmer zwar auch schon spektakulär - aber noch ausbaufähig. Heute bieten die Bayern in Österreich das wohl höchstgelegene automobile Wintertraining der Welt.
Am ersten Tag geht es zwar noch eher bescheiden los auf einem rund 30 mal 180 Meter großen Areal ein paar Kilometer talwärts von Sölden. Doch Spaß macht es auch da schon - und lehrreich ist es allemal. Prescht das runde Dutzend der Teilnehmer anfangs noch eher zögerlich und verhalten um die Pylonen, so ist es mit der Zurückhaltung spätestens dann vorbei, wenn sie ein Gefühl für die Möglichkeiten entwickelt haben, die ihnen die 420 PS starken M3 und die 5er BMW auf dem glatten Untergrund eröffnen. Traktionsübungen und Notbremsungen, Slalom um die rot-weißen Hütchen stehen ebenso am Anfang wie das gezielte Unter- oder Übersteuern.
Nach dem Pflichtprogramm folgt auch hier die Kür. Ein Beschleunigungsrennen auf der mittlerweile spiegelglatten Fahrbahn gehört dazu oder eine Hindernisfahrt auf Zeit - und mit exaktem Bremspunkt. Und natürlich das, was die meisten von ihnen allenfalls aus dem actionreichen Fernseh-Krimi kennen: rückwärts los bis so Tempo 60, ein paar schnelle gegenläufige Lenkbewegungen mit gleichzeitigem Kuppeln - wenn man es gut hinbekommt schleudert der BMW um 180 Grad und setzt die Fahrt dann vorwärts weiter fort.
Gefühl für Fahrphysik
Wer nun glaubt, da würden sich ein paar spinnerte Freizeitraser ein teures Spielwochenende leisten, der irrt gewaltig: Nichts von alledem ist dem sinnfreien Klamauk geschuldet - alles lässt sich im realen Verkehrsalltag nutzen und kann mitunter sogar lebensrettend sein. Nicht nur auf Schnee und Eis. Vermittelt wird ein Gefühl für Fahrphysik. Dafür, was Assistenzsysteme leisten können - und was nicht. Wer hier seine Pirouetten gedreht hat, der reagiert bewusster und erfahrener auf brenzlige Situationen im Alltag. Der hat schon mal erlebt, wie man zur Not vollbremst und nicht nur das Pedal sanft streichelt. Der lernt ein wenig besser einschätzen, wo man seine Reifen auf schneebedeckten Straßen am besten hinlenkt - und wo besser nicht.
Noch intensiver kann man das am zweiten Tag erleben - unter den extremen Winterbedingungen auf dem Gletscher oberhalb von Sölden. Wenn denn das Wetter mitmacht. Mit Pistenraupe und Seilbahn geht es knapp 3000 Meter hoch zum Rettenbachgletscher. Hier oben ist die Luft schon etwas dünner und die Schneeschicht deutlich dicker. Wenn es so stürmt wie an diesem letzten Trainingstag der Saison 2010/11, dann nützen auch die freigeräumten Wege wenig, über die es mit serienmäßigen 5er BMW und einem X6 geht. Irgendwann macht einfach die Bergstation dicht. Und wer die letzte Seilbahn verpasst, dem nützt auch ein Allradler nichts mehr für die Talfahrt. Immerhin hat es noch für ein paar Stunden auf dem Offroad Parcours gereicht und einige Bergauf- und Bergabfahrten, bei denen man kaum noch bis zum Ende der Motorhaube sehen konnte. Dass es zum Schneekettenwettbewerb nicht mehr langte, dürfte kaum einer der Teilnehmer wirklich als Verlust empfunden haben.
Die "Ice & Snow"-Veranstaltung in Sölden ist längst nicht mehr das einzige winterliche Fahrtraining, das BMW anbietet - aber wohl das spektakulärste. Beim Ice Fascination-Training im schwedischen Arjeplog, rund 60 Kilometer südlich des Polarkreises und nahe dem Winterzentrum der BMW-Testingenieure ist es sicher noch ein paar Grad kälter als auf dem Rettenbachgletscher überm Ötztal. Aber deutlich mehr windumtost ist man in den Alpen unterwegs. Die Trainings werden von BMW an den verschiedenen Standorten alljährlich von Januar bis Ende März angeboten.
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