Der gelbe Porsche 911 mit der Startnummer 162 sieht aus wie aus dem Ei gepellt. Dabei hat er schon rund 40 Jahre auf den Achsen. Alexander Hafner hat seinen goldgelben S Targa gerade erst neu aufbauen lassen - und jetzt schwächelt der Bolide schon am ersten Tag. Temperaturen von 35 Grad waren für viele der Oldies auf der Silvretta Classic schon anstrengend genug, doch dann noch Bergpässe wie die Silvretta Hochalpenstraße rauf und runter und auf kurvigen Straßen durch das ganze Montafon - das bringt auch abgebrühte Oldtimer an ihre Leistungsgrenzen.
Davon unbeeindruckt zeigten sich die erfahrenen Rallye-Piloten Luciano Viaro und Enrico Mussinelli. Mit einer Abweichung von gerade einmal 1,34 Sekunden in den 21 Wertungsprüfungen holte sich das italienische Duo, das bereits mehrfach die Mille Miglia gewonnen hat, auf einem Audi Quattro erstmals den Sieg bei der diesmal 569 Kilometer langen Silvretta Classic. Auf den Plätzen zwei und drei landeten Gianmaria Aghem und Rosella Conti vor dem ungarischen Doppel Zoltan und Csilla Erdelyi.
Die 13. Auflage der Silvretta Classic wird als die heißeste Veranstaltung ihrer Art in die Annalen eingehen. Jeder Tag deutlich über 30 Grad im Schatten, kein Cabrioverdeck und auch die Pullis konnten im Hotel bleiben. Die hochsommerliche Berghitze setzten vielen Piloten mehr zu als ihren Maschinen.
Während Range Rover Generation I, Mercedes 300 SL, Porsche 356, Ford Mustang, VW Samba Bus oder Bentley wild knatternd die Anstiege empor klommen, ging es hinter dem knapp 200 Fahrzeuge starken Hauptfeld deutlich lautloser zu. Nicht, dass die Teilnehmer der Sonderklasse für Elektroautos nicht auch ins Schwitzen gekommen wären. Doch mit einer Gesamtstrecke von gerade einmal 162 Kilometern und wenigen Passüberquerungen an den drei Tagen taten sich die 24 Elektrorenner deutlich leichter als viele der Oldtimer aus den Jahren 1923 bis 1984.
Stille Stars
Die Stars im Elektrofeld waren der gelbe Mercedes SLS E-Cell und ein dunkelgrauer Audi e-tron, die erstmals in der Öffentlichkeit aufeinander trafen. Bei den Gleichmäßigkeitsfahrten hatte der 533 PS starke Mercedes SLS E-Cell gegenüber dem 313 PS starken Audi e-tron letztlich knapp das Nachsehen. Doch auch Smart Fortwo Electric Drive, Think, Tesla Roadster, Mitsubishi i-MIEV und VW Golf Elektro zeigten, dass Elektrofahrzeuge in den Bergen glänzen können.
Die größte Aufmerksamkeit der Zuschauer lag jedoch bei den Oldtimern. Auch das goldgelbe Schmuckstück von Alexander Hafner hatte sich nach leichten Verschnaufpausen und Visiten vom lokalen Bosch-Service ins Ziel gebracht – zwischendurch einfach bergab mit offener Motorhaube im Heck. Viele Konkurrenten machten es Alexander Hafner nach und stellten die Motorhauben leicht auf, um dem Triebwerke wertvolle Kühlluft zuzufächern.
Für zahlreiche Teilnehmer der Silvretta Classic geht es in dieser Woche gleich weiter. Vom schönen Montafon im Bundesland Vorarlberg sind es nicht einmal drei Stunden. Im südlichen Teil des Salzburger Landes findet die Ennstal Classic statt. Dort starten diese Woche wieder automobile Preziosen bei einer der härtesten Oldtimer-Rallyes in den Alpen. Die Temperaturen sollen auch in Österreich so heiß bleiben.
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