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Kaum zu glauben, dass die motorsportverrückteste Region Deutschlands bisher ohne eine eigene Oldtimer-Rundfahrt auskommen musste. Denn die europäischen Top-Veranstaltungen wie Sachsen-Classic, Histo-Monte, Mille Miglia oder Ennstal Classic können auf eine ebenso lange wie ereignisreiche Historie zurückblicken.
Bei der ersten Auflage der Eifel Classic erscheint alles etwas anders. Doch für Hanns-Werner Wirth ist es ein durchaus normales Wochenende. Im Cockpit ist der Hobbyrennfahrer aus Fürth zigmal im Jahr bei einer Oldtimer-Rallye unterwegs - diesen Herbst erstmals in der Eifel.
"Ich fahre seit zwölf Jahren Oldtimer-Rallyes", sagt der Rennsportfan aus Franken, "zumeist in Vorkriegsautos. Macht mir einen Riesenspaß."
In der Eifel ist Wirth diesmal mit einem der jüngsten Modelle im Feld unterwegs. Doch mit seinem bunt beklebten Rallye-Manta von 1983 verbreitet er im 150köpfigen Fahrerfeld der Eifel Classic Angst und Schrecken: Am ersten Abend, nach Wertungsprüfungen rund um und auf dem Nürburgring, liegt Hanns-Werner Wirth bereits auf Platz zwei. Und ist nicht unzufrieden. Sein Rückstand: gerade mal eine Zehntel Sekunde.
Das Teilnehmerfeld kann sich sehen lassen. Walter Röhrl und Christian Geistdörfer führen es mit der Startnummer eins in ihrem Audi Sport Quattro Rallye von 1984 an. Ehemalige Rallyeboliden wie Lancia Fulvia, Opel Manta, Opel Ascona 400 und Lancia Stratos folgen lautstark im Halbminutenabstand.
Trockene Tage
Kaum geringer ist die Aufmerksamkeit für Vorkriegsmodelle wie Ford Model A, Bentley 4 oder Lagonda Le Mans. Bei den wenigen Zuschauern stehen jedoch Fahrzeuge wie der schwarze Ford Sierra Cosworth, die Mercedes 300 SL Flügeltürer oder der charmante Opel Kapitän von 1956 in der Gunst ganz vorn. So präsent sich Hersteller wie Opel, Porsche, Ford oder Audi im Feld zeigen, so groß sind die Lücken bei Traditionsfirmen wie Mercedes, BMW oder Jaguar.
Die neue Eifel Classic soll sich in den nächsten Jahren einen festen Platz im europäischen Oldtimerkalender erarbeiten. Der Termin Anfang Herbst ist dabei günstig - zumindest wenn das Wetter wie bei der ersten Auflage ein Einsehen mit dem Veranstalter hat. Drei fast durchgehend trockene Tage mit viel Sonnenschein ließen die kurvenreichen Tour zwischen Nürburg, Bitburg, Wittlich und Luxemburg zu einem stimmungsvollen Herbstrennen werden.
Über 600 Kilometer an drei Tagen - es gibt kürzere, aber auch schwerere Rennen. Um wirklich auf einem der vorderen Plätze zu landen, reicht Glück allein längst nicht aus. Im Gegenteil. Die meisten Piloten im Vorderfeld trainieren mehrmals in der Woche, um die einzelnen Wertungsprüfungen mit maximaler Genauigkeit abfahren zu können.
Wie klein die Abweichungen bei echten Profis sind, ist kaum zu glauben. Ein Fahrerdoppel wie die neunmaligen Mille-Miglia-Sieger Giuliano Cané und Beifahrerin Lucia Galliani leisten sich bei einzelnen Wertungen kaum mehr Abweichungen als ein paar Hundertstel von der Sollzeit. Sind es drei oder vier Hundertstel wird im Cockpit schon gegrummelt.
Tricks der Profis
Nicht selten fährt ein Profi wie Giuliano Cané dabei mit mehr als 40 km/h durchs Ziel. "Wegen dem hohen Tempo ist der Messfehler beim Überrollen der Ziellinie – vor allem bei Schlauchmessungen – viel geringer als bei Schrittgeschwindigkeit", verrät der Tourenexperte.
Hanns-Werner Wirth dagegen hält nicht viel vom Training. "Die lokalen Gegebenheiten der Strecke sind jedes Mal völlig anders", sagt er. "Ich fahre pro Jahr rund 25 Oldtimer-Rallyes. Darunter sind viele, bei denen man an einem Wochenende über 100 Lichtschranken passiert. Das schult genug."
Das Cockpit seines Opel Manta 400 mit der Startnummer 4 sieht dabei kaum anders aus als bei einem Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft. Klebestreifen an der Seitenscheibe zeigen dem Halbprofi, wo es zentimetergenau über die Messpunkte geht. Das zieht auch in der Eifel. Nach drei Tagen Eifel Classic, 611 Kilometern Strecke und 15 Wertungsprüfungen setzt sich der Hobbyrennfahrer zusammen mit seinem Partner Wolfgang Scholz souverän durch.
Spannende Geschichten
Der Großteil der Fahrer bei der ersten Eifel-Classic lässt es dagegen etwas lockerer angehen, versucht überflüssige Strafpunkte zu vermeiden und freut sich über das ungewöhnlich sonnige Eifelwetter im Oktober. Vielen Kontrahenten geht es weniger um Zentimeter und Sekunden als um den Oldtimerevent an sich. Ein Austausch von Erfahrungen anderer Events und spannende Geschichten von der letzten Ennstal Classic zum Beispiel.
Alexander Velec ist mit seinem Mercedes 450 SEL von 1972 ebenfalls aus Spaß an der Freude am Start. Der weiße Luxus-Benz sieht aus wie frisch aus dem Laden. "Der Wagen gehörte meiner Oma und ist aus erster Hand. Ich hole ihn nur bei schönem Wetter raus. Die Kraft des Achtzylinders ist jedes Mal wieder beeindruckend."
Viele Teilnehmer hoffen nach der ersten Eifel Classic auf eine mindestens ebenso sonnige Wiederholung im nächsten Jahr. Der Weg zur Traditionsveranstaltung ist eben besonders lang. Hanns-Werner Wirth zumindest wird wiederkommen – und nur schwer zu schlagen sein.
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