Dass dieser Panda noch lebt, ist ein Wunder. An allen Ecken und Kanten beginnt sich das italienische Zwergwägelchen aufzulösen, durch ein Loch in der Beifahrertür kann man direkt auf die Straße schauen. Wer das Ohr ans dünne Blech legt, kann geradezu hören, wie der Rost genüsslich vor sich hin knabbert und dabei Eros Ramazotti summt. Der Innenraum müffelt nach verrotteten Polstern, der Dachhimmel existiert schon lange nicht mehr, und das Plastik der Armaturen erinnert an eine Tafel Schokolade, die man Weihnachten 1980 im Schrank vergessen und zufällig wieder gefunden hat.
Doch wenn man die Optik außer Acht lässt, wird aus der ollen schnell wieder die tolle Kiste: Das 45 PS-Motörchen dreht munter wie am ersten Tag, der Ganghebel bewegt sich wabbelig durch die vier Gänge wie ein Löffel durch eine Teigschüssel – so muss das sein bei einem echten Panda.
Der Fahrkomfort ist selbst auf Kopfsteinpflaster erstaunlich gut und dafür reicht eine hintere Starrachse mit Blattfedern. Die Sitze bestehen aus einem Rohrgestänge mit Stoffbezug und sind durchaus gemütlich. Der von keinem geringeren als Giugiaro gestylte Ur-Panda misst 3,38 mal 1,46 Meter, wiegt mit 45 PS-Motörchen an Bord 680 Kilogramm und schafft immerhin 140 Sachen.
Während sich SUV-Piloten in ihren zugemauerten Karossen die Hälse verdrehen müssen, um beim Abbiegen nicht den nächsten Radfahrer umzumähen, bietet der Panda freie Sicht nach allen Seiten. Sollte es doch einmal zu einem Parkrempler kommen, schützt die Rundum-Beplankung aus Kunststoff den bescheidenen Wert des Wagens.
Gegen den Schickimicki-Trend
Für Paolo Tumminelli, der unter anderem im Centro Stile von Alfa Romeo gearbeitet hat und heute an der Köln International School of Design lehrt, ist der Fiat Panda der letzte echte Volkswagen. "Dieses Auto wurde für Menschen gebaut – nicht umgekehrt. Heute leben wir doch geradezu in einer Opfer-Beziehung zu unseren Autos: Wir hegen und pflegen sie, jeder Kratzer an der Stoßstange ist ein Drama. Die Pandas waren eher wie Haustiere, sie haben einfach alles mitgemacht. Kratzer und Dellen wurden zum Teil des Alltags und des Lebens. Und sparsam ist er obendrein - mein Panda verbraucht weniger als 6 Liter pro 100 Kilometer, und das mit einer Jahrzehnte alten Technik", sagt der Design-Professor.
Für Tumminelli ist der Panda auch eine rollende Kritik am modernen Zielgruppendenken der Autoindustrie. "Beim Design haben die Hersteller immer diese Schickimicki-Leute im Kopf, Lifestyle-orientiert, progressiv-dynamisch. Doch es gibt Millionen Menschen, die in Dörfern leben und Bedürfnisse haben, wie man sie damals von der ersten Ente kannte – ab und zu ein paar Kartoffeln und Eier auf den Markt zu bringen. Aber für diese Leute baut heute keiner ein Auto", meint Tumminelli.
Der Panda sei für ihn das Vorbild des ökonomisch und ökologisch sinnvollen Automobils: "Stellen Sie heute ein Auto im Panda-Design vor, mit der haptischen Qualität eines iPods, ausgestattet mit moderner Technik – dann hätte man im Autodesign einen Sprung nach vorne gemacht. Man müsste dafür nur 30 Jahre zurückblicken", sagt der Panda-Fan.
Komm, süßer Rost
Tumminelli hat lange nach einem echten Ur-Panda gesucht, ihn schließlich auf Sardinien gefunden und vor einem Jahr in einer abenteuerlichen Tour über die Alpen gefahren. Der Wagen gehört zu den allerersten Modellen, die zu Beginn der Produktion 1980 vom Band liefen.
In Deutschland wird man keinen älteren Panda finden und selbst in Italien gleicht die Suche nach dem Original einem Stochern nach der Nadel im Heuhaufen. Zwar wurden von 1980 bis 2003 fast 4,5 Millionen Pandas gebaut und auch heute noch fahren zahllose Exemplare durch Italien - bevorzugt in weiß. Tumminelli hat Dutzende davon in ihrem natürlichen Lebensraum fotografiert. Die ganz frühen Modelle aber, erkennbar an dem Frontblech mit integrierten Kühlrippen statt Plastikgrill, sind wohl fast alle im Schredder gelandet oder durch natürlichen Rostzerfall Teil der Landschaft geworden.
Paolo Tumminelli will seinen Panda, der schon in der Münchner Pinakothek zu bewundern war, als rollendes Designmonument am Leben erhalten. "Ich bin mir sicher, dass mein Wagen seltener ist als ein Flügeltüren-Mercedes", sagt der Design-Professor. Er stellt das Auto zusammen mit zahllosen Fotos, die er von Pandas in Italien gemacht hat, noch bis Oktober im Rotonda-Businessclub am Salierring in Köln aus. Dann hat sich der Wagen allerdings genug ausgeruht: "Ich werde mit dem Auto im nächsten Jahr an Youngtimer-Rallyes teilnehmen", plant Tumminelli.
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