Eine Baustelle hinter der nächsten Kurve, ein unachtsamer Fahrer oder ein Krankenwagen zischt in die Kreuzung an. Schon bald könnten solche prekäre Situationen, daraus resultierende Unfälle und Verletzte der Vergangenheit angehören. Voraussetzung ist, dass die Autos von morgen miteinander reden.
Alle großen Autohersteller basteln seit Jahren an Car-to-Car-Kommunikationssystemen, um Unfälle vermeiden zu können. "Mit der Car-to-Car-Technologie erweitern wir den Wahrnehmungsbereich des Fahrers, ohne ihn abzulenken oder gar zu entmündigen", sagt Hans-Georg Frischkorn, bei General Motors zuständig für die Technologie-Entwicklung.
Sensoren und GPS vernetzen
Doch ein Auto kann nur die Informationen an den nachfolgenden Verkehr weitergeben, die es selbst verarbeitet hat. Muss ein Wagen an einer Fahrbahnverengung oder einer Baustelle abbremsen oder ausweichen, gibt es die Informationen in Sekundenbruchteilen an dem Umgebungsverkehr weiter. Die anderen Autos nehmen die Informationen auf und beurteilen, ob hieraus eine Gefahr für die eigene Wegstrecke entstehen könnte.
Die genauen Informationen über die potenzielle Gefahr stammen aus verschiedenen Fahrzeugsensoren wie ABS, Airbags, ESP oder Regen-/Lichterkennung. Um den genauen Standort des Fahrzeugs zu bestimmen, muss der Wagen zusätzlich mit einem GPS-Sender ausgestattet sein. Prof. Dr.-Ing. Horst Wieker von der Hochschule des Saarlandes: "Die Kosten dafür liegen bei 300 bis 400 Euro. Ein Navigationssystem kostet deutlich mehr."
Drehen zum Beispiel die Räder durch und sind Scheinwerfer sowie Scheibenwischer eingeschaltet, geht die Bordelektronik von einer glatten Fahrbahnoberfläche aus und gibt das auch so weiter. Diese Datenfusion wird ähnlich einem drahtlosen Computernetzwerk per Wireless LAN von Auto zu Auto nach hinten geschickt. Der Vorteil: Durch diese Art der Übertragung entstehen keine operationellen Kosten - wie etwa beim Handy.
Vibrationen
Die Systeme von Opel, Volvo, BMW oder DaimlerChrysler arbeiten dabei komplett eigenständig. So wird der Fahrer nicht unnötig durch die Übermittlung vom Verkehr abgelenkt. Bekommt er selbst eine sicherheitsrelevante Information auf sein Display, kann er diese umsetzen und seine Fahrweise an das Gefahrenmoment anpassen.
Die Car-to-Car-Kommunikation geht mittelfristig noch einen Schritt weiter. Macht das vorausfahrende Fahrzeug eine Vollbremsung, wird der Fahrer über Notsignale wie einen vibrierenden Sitz oder ein großes Leuchtsignal im Display gewarnt. Ist der Zusammenprall wahrscheinlich, folgt eine automatisch eingeleitete Notbremsung.
Künftig werden Fahrzeuge nicht nur in Notfallsituationen miteinander kommunizieren. Ebenso können Informationen über Staus, Baustellen, Parkplätze oder Verkehrshindernisse schnell untereinander weitergegeben werden. In Sekundenbruchteilen ermittelt das Navigationssystem eine Ausweichroute, weil in der zu befahrenden Straße 500 Meter entfernt gerade der Müllwagen hält und für einen Stau sorgt.
An einem Strang
Die Technik der Car-to-Car-Kommunikation dürfte innerhalb weniger Jahre Einzug in die Autos von morgen halten. Hersteller wie Opel/GM, BMW oder DaimlerChrysler sind mit ihren Entwicklungen bereits weit fortgeschritten. Sicherheit ist jedoch nur dann gegeben, wenn die Autos markenübergreifend miteinander sprechen können – durch eine einheitliche Frequenz. "Es ist wichtig, dass alle Autohersteller an einem Strang ziehen. Nur so bringt eine Kommunikation zwischen verschiedenen Fahrzeugen etwas", sagt Wieker.
Die Reichweiten der Informationenstränge liegen derzeit bei 300 bis 1.000 m, sollen künftig jedoch noch weiter wachsen. Doch selbst geringe Reichweiten bringen einen hohen Alltags- und Sicherheitsnutzen, da jedes Fahrzeug nicht nur als Sender oder Empfänger, sondern auch als Vermittler fungiert und relevante Daten an andere Fahrzeuge weitergibt.
Um eine komplette Abdeckung des Straßenverkehrs zu haben, müssten nach Aussagen von Experten rund 15 bis 20 Prozent der Fahrzeuge kommunikationsfähig sein.
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