Der stolze Kühlergrill und das viele Chrom erinnern einen an die gute alte Autozeit. In den achtziger Jahren konnte sich auch der europäische Markt noch für solch urwüchsige Mittelklasselimousinen begeistern. Die Seitenlinien waren auf Hüfthöhe und Geländewagen alleine was für Naturburschen. Problemlos hätte man sich den Nissan Cedric auch auf deutschen Straßen vorstellen können. Als einer der gegen VW Santana, Ford Granada oder Toyota Cressida antritt.
Doch die 4,69 Meter lange Limousine mit dem französischen Namen schaffte es nicht auf den deutschen Markt. Vorgängermodelle der 70er und 80er Jahre wurden unter dem Datsun-Label jedoch auch in einigen - anderen - europäischen Ländern angeboten. Im Heimatland Japan aber ließen sich in ihm Geschäftsleute durch die zunehmend voller werdenden Megacitys chauffieren. Denn den Cedric und sein Schwestermodell Gloria gab es auch als Langversion.
Wer heute etwas auf sich hält, genießt zwar auch in Tokio, Hiroshima oder Osaka längst den Komfort von deutschen Luxuskarossen. Mercedes 7er, Audi A8 und Mercedes S-Klasse stehen bei Japans Entscheidern noch höher im Kurs als mächtige USA-SUV. Und wenn schon ein inländisches Produkt, dann ist es meist ein Toyota Crown, der im Nobelmarkt die heimischen Flaggen noch hochhalten kann. Und: Den Nissan Cedric gibt es seit 1960 – unterwegs ist er zumindest als Taxi noch immer.
Die normale Cedric-Produktion wurde Ende 2004 nach der zehnten Modellreihe eingestellt. Die letzte Nutzfahrzeug-Generation mit der Bezeichnung Y31, die im Juni 1987 vorgestellt wurde, ist das Massentaxi Japans – bis heute nahezu unverändert. Jedoch kommt der Cedric nicht mehr wie ursprünglich mal schwarz daher, sondern durchweg rot oder gelb lackiert.
Häkeldeckchen und weiße Handschuhe
Der mit weißen Handschuhen und Mütze bekleidete Chauffeur sitzt vorne recht und genießt den Komfort einer betagten Viergang-Automatik. Die meisten Taxifahrer haben den eigenen Wagen trotz seiner Schlichtheit prächtig ausstaffiert. Optisches Highlight sind die weißen Spitzenüberzüge, die die Schulterpartien der weichen Sitze und die Kopfstützen verzieren. Praktisch für den turbulenten Tokio-Verkehr: Die hintere linke Tür lässt sich via Hebel direkt vom Fahrer aus aufstoßen.
Der japanische Taxikunde weiß solch einen Komfort seit Jahren zu schätzen. Egal ob er sich durch Shitamachi, die historische Altstadt von Tokio oder das Asakusa-Viertel quält. "Wir haben mit dem Nissan Cedric in Tokio im Taxisegment einen Marktanteil von rund 50 Prozent", sagt Giuseppe Cavallo von Nissans Nutzfahrzeugsparte.
Die ersten Meter in einem Nissan Cedric zeigen: Mit dem Wagen sollte man auch nur in der City unterwegs sein. Ein zwei Liter großer Vierzylinder leistet gerade einmal 63 kW/85 PS und ein wenig aussagekräftiges Drehmoment von 167 Nm. Theoretisch kratzt das Urgestein an der 160-km/h-Marke. Ausprobiert hat das in den überfüllten Straßen niemand. Im Nissan Cedric gleitet man lieber dahin. Sportliche Höchstleistungen werden dem kantigen Schiff Dank weicher Federung und schwammigen Reifen nicht einmal in japanischen Action-Streifen zugemutet.
Blick nach vorn
Stattdessen schont der 1,4 Tonnen schwere Hecktriebler die Geldbörse der Taxifahrer. "Das Basismodell kostet als Taxiversion in Japan kaum mehr als umgerechnet 11.000 Euro", erklärt Cavallo. Mit Extras wie Spitzensitzbezügen, Kunstledersesseln sowie einem überdimensionalen Navigations- und Unterhaltungsbildschirm für die Wartezeiten des Fahrers liegt man knapp über 15.000 Euro. Der unverwüstliche Vierzylinder-Benziner wird mit Gas betrieben und verbraucht rund neun Liter auf 100 Kilometern.
Dank 2,74 Metern Radstand sitzt man im Cedric gemütlich. Doch die Sitze sind kaum für groß gewachsene Westeuropäer gedacht. Der Fahrer lebt auf seinem Arbeitsplatz und im Gegensatz zu Deutschland sind die Taxis in Japan besonders im Innenraum auch noch nach Jahren intensiver Benutzung nahezu im Neuzustand.
Fahrer und Passagiere im Fond freuen sich über Klimaanlage, Kopfstützen und die wenig genutzten elektrischen Fensterheber. Auf der Beifahrerseite vorne links sitzt im realen Taxigeschäft niemand. Dort fehlen denn auch zumeist Fensterheber und Kopfstütze – schon wegen der besseren Sicht nach vorn.