Die Amerikaner haben es gerne ein paar Nummern größer. Dicke Burger, riesige Bundesstaaten, mächtige Supermärkte und nicht enden wollende Highways. Das sieht bei den Autos nicht anders aus. Kleinwagen sind nach wie vor verpönt. Stattdessen geben nicht nur im Mittleren Westen Fullsize-Pick-Ups wie Ford F-150 oder Chevrolet Silverado den Ton an. Bei den SUV sieht es nicht anders aus. BMW X5, VW Touareg oder Mercedes ML wirken auf den Straßen von Los Angeles, Denver oder Boston wie mickrige Mittelklassemodelle. Kein Wunder, dass Range Rover und Mercedes GL prächtig laufen, Audi und BMW große SUV nachlegen.
Das mächtigste SUV-Doppelpack kommt von Chevrolet und heißt - je nach Ausstattung und Radstand - Tahoe oder Suburban. Einst waren die beiden Modelle praktische Lastesel mit Langstreckenqualitäten. Die Langversion Suburban ist seit Jahrzehnten unter anderem in mannigfaltig schwarzer Auflage im Fuhrpark des amerikanischen Präsidenten vertreten. Schwer gepanzert schützt eine kleine Armee von Suburbans "The Beast", die Staatslimousine von Barrack Obama und seinen Vorgängern.
Auch wer es etwas ziviler mag und auf den langen Suburban-Radstand verzichten kann, der bekommt nicht nur nach europäischen Maßstäben beim Chevrolet Tahoe immer noch große Augen. Der 5,18 Meter lange Allradler ist üppig dimensioniert. Mit seiner opulenten Front samt gigantischen Doppelscheinwerfern, LED-Strahlern und Chromzierrat sieht der Tahoe aus, als sei er den Filmarbeiten zum neuesten Transformers-Streifen entsprungen.
Erscheint der kantige Nordamerikaner von der Größe her noch aus einer vergangen Zeit, in der "size matters" die einzige Maßgabe war, so hat in Sachen Komfort und Sicherheit mittlerweile die Neuzeit Einzug gehalten. Wie man es aus den USA kennt, bewegt sich alles, was beweglich ist, elektrisch und zeigt so, wohin auch in Europa die Reise gehen wird. Alle drei Sitzreihen lassen sich elektrisch bedienen, auf- und wegklappen; andere Motoren bedienen Kofferraumklappe oder Pedale. Ein Schalterdruck und ein paar Sekunden Zeit genügen, und der Siebensitzer mutiert zu einem gigantischen Transporter mit rund 2.700 Litern Laderaum.
Der Wohlfühlwert im Chevrolet Tahoe ist so gigantisch wie der Wagen selbst. Nervende Familienmitglieder werden einfach weit weg auf die Einzelsitze in Reihe drei verfrachtet. Da können sie munter vor sich hin schnattern, während dies vorne niemanden mehr stört. In Reihe zwei gibt es aller Voraussicht nach sowieso einen Film auf dem Bildschirm oder man surft mit iPad oder Tablet im Web. Der Tahoe verfügt über eine eigene LTE-Funkwabe und mehr USB-Anschlüsse als der heimische Computerhub.
![Chevrolet Tahoe, Weltspiegel](/cm/pixel_bl.gif)
Da merkt man auch bei Fahrwerk und Antrieb, dass der Chevrolet Tahoe für den US-Markt gemacht ist
![Chevrolet Tahoe, Weltspiegel](/cm/pixel_bl.gif)
Auf langen Reise ist die LTZ-Variante nur schwer zu schlagen. Das Geräuschniveau ist angenehm gering, das Platzangebot noch mächtiger und die Komfortdetails von zonengenauen Klimaanlagen und klimatisierten Sitzen bis hin zu Bordentertainment und Becherhaltern, in die auch Regentonnen passen würden, finden kaum Grenzen.
Dabei hat sich der GM-Konzern zum Teil vergeblich bemüht, dem Chevrolet Tahoe mehr Wertigkeit mitzugeben. Denn Cockpit, Anzeigen, Bedienmodule, Kunststoffoberflächen oder selbst Lederdetails wirken zumindest nach europäischen Maßstäben arg künstlich. Dabei soll der Chevrolet Tahoe zu Preisen ab 45.000 Dollar beim Händler stehen.
Da merkt man auch bei Fahrwerk und Antrieb, dass der Chevrolet Tahoe für den US-Markt gemacht ist. Der 5,3 Liter große Achtzylinder nimmt sich trotz Zylinderabschaltung bei flotter Gangart gerne einen üppigen Schluck. Wirklich ambitioniert möchte man wegen des Fahrwerks mit diesem Geländekreuzer trotz 265 kW/360 PS und 513 Nm maximalem Drehmoment aber ohnehin nicht unterwegs sein. Von 0 auf Tempo 100 schafft er es in neun Sekunden und die Geschwindigkeit wird bei 200 km/h abgeregelt.
Mit dieser Art von Effizienzmaßnahmen zeigt sich der über 2,5 Tonnen schwere Geländewagen im amerikanischen Alltagsbetrieb dann doch sparsamer als erwartet. Die in Aussicht gestellten elf Liter Normalbenzin lassen sich so fast realisieren - immer wieder untermalt vom Sound des 5,3 Liter V8-großen Triebwerk, das Downsizing-Trends lässig wegbrabbelt.
So sehr der mächtige Amerikaner Körper und Geist selbst im dichten Berufsverkehr entspannt, so sehr nerven auf den ersten Kilometern das lieblos abgestimmte Fahrwerk, die gefühllose Lenkung, die den Piloten zu einem Busfahrer werden lässt. Hinzu kommt ein sechsstufiges Automatikgetriebe, dessen Drehmomentwandler fast so viel Kraft schluckt wie das gigantische Kühlfach, das der heimischen Gefrierkombination kaum nennenswert nachsteht.
Wem der komplett ausgestattete Chevrolet Tahoe 5.3 V8 LTZ nicht reicht: Der große Bruder Suburban hat noch eine ganze Ecke mehr Platz und kann Anhänger bis zu einem Gewicht von vier Tonnen ziehen - falls die rollende Etagenwohnung auf 22-Zoll-Rädern doch einmal nicht reichen sollte.
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