Bereits der optische Auftritt flößt Respekt ein: Aufgeblasene Kotflügelbacken, fette 20-Zöller und eine farblich abgesetzte Alu-Motorhaube mit Karbon-Aufsatz - dieser Chevrolet Camaro ist im Straßenverkehr ebenso wenig zum Spaßen aufgelegt wie auf der Rennstrecke.
General Motors verpflanzte das kapitale 6,2 Liter große Kompressor-Triebwerk der Corvette ZR1 kurzerhand in den Camaro. Der brüllende Achtzylinder leistet 433 kW/590 PS und ein gewaltiges Drehmoment von 754 Nm. Ist der Kompressor erst einmal zum Leben erwacht, gibt es für den Piloten des ZL1 bei haftbarem Untergrund kein Halten mehr. 0 auf Tempo 100 schafft der wild trampelnde US-Bulle in 3,9 Sekunden und lässt dabei einiges seiner Pneus auf dem Asphalt liegen.
Geschaltet wird urwüchsig manuell. Das MG9-Getriebe ist knochig, kann jedoch mit den Leistungsausbrüchen des sportlichen Camaro gut umgehen. Wer unbedingt will und einen Teil der Dynamik einzubüßen bereit ist, kann sich für die optionale Sechsgang-Automatik vom Typ HydraMatic 6L90 entscheiden.
Mit seinem Fahrverhalten orientiert sich der Hochleistungs-Camaro an der fahrdynamisch exzellenten Corvette ZR1, kann jedoch trotz elektronischer Dämpferabstimmung Magnetic Ride und den drei Programmen Tour, Sport und Track nicht an sie heran kommen. Gerade die Federung der Hinterachse wirkt recht hölzern. Für den Raketenstart verfügt der 580 PS starke ZL1 zudem über eine Launch Control, die die Leistung artgerecht auf die Fahrbahn bannt.
Innen preiswert
"Das ganze Können des ZL1 sieht man auf der Nordschleife des Nürburgrings", sagt Aaron Link, verantwortlich für das Fahrwerk des Kraftprotzes, "dort sieht man einen extrem gut abgestimmten Sportwagen, der einen sicher durch jede Kurve bringt. Selbst bei 260 km/h kann man einfach auf dem Gas bleiben." Für die Hochgeschwindigkeitsfahrt durch die grüne Hölle brauchte der Amerikaner gerade 7,41 Minuten. Die Höchstgeschwindigkeit des Chevrolet Camaro ZL1 liegt bei 290 km/h, währen die Automatikversion sogar 295 km/h schafft. Unter 16 Liter Verbrauch ist da kaum etwas zu machen.
Eine Hochleistungsbremsanlage von Brembo mit sechs Kolben vorne und vier Kolben hinten sorgt auf Rennstrecken für eine entsprechende Verzögerung. Der Sound des großvolumigen Achtzylinders ist mächtig, wird Dank Bypass jedoch erst bei hohen Drehzahlen zu einem wahren Genuss.
Der Ur-ZL1 von 1969 war nicht nur auf der Straße sondern auch bei Beschleunigungsrennen in den USA gefürchtet. "Wir wissen, dass einige unserer Kunden auch die neue ZL1 wieder zu solchen Rennen mitnehmen werden", erzählt Antriebsentwickler Gordon Rojewski, selbst erfahrener Drag-Race-Pilot.
Im Gegensatz zum Außendesign und dem Antrieb kann der Innenraum des Camaro ZL1 nicht überzeugen. Die vollelektrischen Sitze bieten zwar genügend Seitenhalt, sind jedoch zu weich und lassen sich in der Weite nicht verstellen. Der serienmäßige Teillederbezug präsentiert sich nicht gerade hochwertig und so einfallsreich die Retro-Instrumente im Armaturenbrett und in der Mittelkonsole auch sein mögen - wertig ist anders. Assistenzsysteme außer ESP oder ein Navigationssystem gibt es selbst beim Topmodell des Chevrolet Camaro nicht mal gegen Aufpreis.
In den USA wird der Chevrolet Camaro ZL1 für faire 54.000 US-Dollar angeboten. In Deutschland ist er aktuell noch nicht auf dem Markt. US-Importeure rufen jedoch Preise von bis zu 80.000 Euro auf.
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