Der Bürgermeister war immerhin schon da. "Wir heißen Sie in der Stadt Los Angeles herzlich willkommen", ist auf der von Antonio Villaraigosa unterzeichneten Urkunde zu lesen. Sie hängt im neuen US-Hauptquartier des chinesischen Autokonzerns BYD an der Figueroa Street. Das Gebäude steht direkt neben einem Toyota-Händler und nur wenige hundert Meter vom Messezentrum der Stadt entfernt.
Man wolle "Jobs in grüner Technik" schaffen und werbe um innovative Unternehmen wie BYD, hatte der Bürgermeister von L.A. bei der Eröffnungszeremonie des Hauptquartiers gesagt. Die USA gehen wirtschaftlich auf dem Zahnfleisch, für grüne Mobilität braucht es aber frisches Geld. Da kommen den Amerikanern die Chinesen gerade recht.
Abgesehen von der Urkunde und einer schmucken Fassade gibt es aber noch nicht viel zu sehen im US-Vorposten der Chinesen. Im Showroom herrscht gähnende Leere, Handwerker verlegen die letzten Kabel. Großraumbüros auf mehreren Etagen lassen immerhin vermuten, dass sich die Chinesen auf eine lange Besetzung vorbereiten. "Wir fangen mit 20 Mitarbeitern an, es werden aber mehr ", sagt ein BYD-Manager.
Der Auto- und Batteriekonzern BYD ist vorsichtig geworden, seit es in den vergangenen Jahren negative Schlagezeilen hagelte. Die Verkaufszahlen in China blieben weit unter den Erwartungen, viele Händler lösten ihre Verträge auf. Der Elektro-Van E6 sollte schon längst in den USA zu haben sein, die Markteinführung wurde immer wieder verschoben. BYD-Präsident Wang Chuanfu hatte Interessenten Anfang des Jahres in Detroit auf das Jahr 2012 vertrösten müssen.
Satte Förderung
Der E6, der seit anderthalb Jahren in der chinesischen Universitätsstadt Shenzhen erfolgreich als Taxi verkehrt, ist erst seit Ende Oktober auch für Privatleute in China zu haben. Dank einer staatlichen Förderung von umgerechnet 18.000 US-Dollar kostet der fünfsitzige Elektro-Van 38.430 US-Dollar. Mit seinem Lithium-Eisen-Phosphat-Akkus kommt er laut BYD mehr als 300 Kilometer weit – das schafft kein vergleichbarer Stromer auf dem Markt.
Die ersten E6 seien nun in den USA eingetroffen, berichtet BYD-Sprecher Michael Austin. "Die Modelle E6-Eco und E6-Lux können für den Einsatz als Flottenfahrzeug in den USA gekauft werden. Die ersten Autos touren für Demo-Fahrten durch das Land, im März 2012 werden sie dann bei uns in L.A. im Showroom stehen."
BYD will sich in den USA ein Zero Emission-Image aufbauen. Bei der Behörde "Housing Authority of Los Angeles" (HACLA) fahren bereits sieben Hybridmodelle vom Typ BYD F3 DM im Testeinsatz. "Die Autos haben bislang einen guten Job gemacht und eine Menge Betriebskosten gespart", betont ein Manager des Autoherstellers. "Wir schätzen, dass die Treibstoffkosten-Ersparnis im Vergleich zu einem konventionellen Antrieb pro Fahrzeug ungefähr 76% betrug", sagt HACLA-Chef Ken Simmons. Deshalb hat die Behörde den 2010 geschlossenen Vertrag mit BYD nun um ein Jahr verlängert.
Nicht sehr vertraut
Erfolge verspricht sich BYD auch auf dem Nutzfahrzeugmarkt. Der Autovermieter Hertz testet seit Oktober einen rein elektrischen Bus des Herstellers auf dem Flughafen von Los Angeles. Hertz hat eine Elektroauto-Initiative gestartet und erprobt weltweit Stromer von BYD, Nissan, GM, Mitsubishi, Renault, Mercedes sowie Tesla. Auch hier geht es sowohl um Treibstoffkostenersparnis als auch um ein ökologisches Firmenimage.
Dass der US-Automarkt nun bald mit chinesischen Autos überschwemmt wird, ist zumindest von BYD nicht zu erwarten. Konventionell angetriebene Fahrzeuge wie die Limousinen F3 und F6 werde man nicht in den USA verkaufen, betont BYD-Sprecher Michael Austin. "Wir konzentrieren uns zunächst auf Marktforschung, um die hiesigen Verhältnisse besser zu verstehen", ergänzt er - und gibt etwas zögerlich zu, dass er "nicht sehr vertraut" mit dem amerikanischen Markt sei. Die Chinesen dürften auf der anderen Seite bei ihren Elektroauto-Plänen negativ erstaunt darüber gewesen sein, wie schleppend der Aufbau von öffentlichen Ladestationen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten vorangeht.
Den Stromern könnten bald konventionelle Autos folgen, auch ohne BYD. Trotz vieler Rückschläge wie dem Landwind-Desaster oder dem Brilliance-Debakel auf dem europäischen Markt geben die Chinesen nämlich nicht auf. So hat beispielsweise der Autohersteller Chery ein Joint-Venture mit dem Unternehmen Israel Corp. aus Tel Aviv gegründet, um den Export anzukurbeln. Die Firma Chery Quantum Auto wird nach Angaben der Investoren Fahrzeuge "nach westlichen Standards" entwickeln, die sowohl für China als auch für den Export gedacht sind. Pro Jahr sollen im Joint-Venture 150.000 Autos gebaut werden.
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