Kurz & bündig
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[+] Souveräner Motor, erstklassige Verarbeitung, großes Raumangebot, ausgezeichnete Straßenlage, sehr guter Sitzkomfort, umfassende Sicherheitsausstattung |
[-] Hoher Wertverlust, karge Serienausstattung |
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Das Projekt war ein großes – selbst für einen so mächtigen Konzern wie Volkswagen. VW, jahrzehntelang die Marke des kleinen Mannes, strebte nach höheren Weihen. Zu denen da oben wollte man aufschließen. Endlich in einem Atemzug genannt werden mit Premiummarken wie Audi, BMW oder Mercedes. Das Projekt trug den Namen D1 - das Ergebnis war der Phaeton. Mächtig, elegant und im Wortsinn erstklassig. Wir zeigen, wieso der VW Phaeton so grandios ist - aber der finanzstarke Kunde es bislang nicht honoriert.
Der Verkaufszahlen des VW Phaeton sind überschaubar. Nur selten begegnet einem das imposante Schlachtschiff auf deutschen Straßen. Der Grund: Prestige, Image und Gewohnheit sind hierzulande in der automobilen Oberliga alles. Und da greifen die alteingesessenen Platzhirsche alles ab. So tut sich der Phaeton noch schwerer, als es schon in der ersten Hälfte der 90er Jahre Audi V8 und Audi A8 hatten. Ein Phaeton – das heißt meist: WOB, DD oder BS - Heimatkennzeichen, Werkswagen. Die meisten Zulassungen kommen kaum über das Städtetriumvirat Wolfsburg, Dresden oder Braunschweig ab. Nur dann und wann ein HH - Mietwagen in der Regel.
Dabei sagen die Kennzeichen schon eine Menge aus: Bereits hier bietet der Phaeton Hightech pur. Jedes Hecknummernschild ist eine Sonderanfertigung und sanft von innen hintergrundilluminiert. Der Auftritt jedes Phaeton mit seiner gestreckten Karosserieform, dem klassischen Heck und der filigranen Front: elegant, zurückhaltend, modern und erst auf den zweiten Blick irgendwie mächtig.
König Phaeton
Die Motorenpalette (6-, 8-, 10- und 12-Zylinder) ist vielfältig. Doch wir wollen es dem Phaeton nicht zu einfach machen, uns zu verzaubern. Wir entscheiden uns beim Praxistest für die Basisversion - den 3.0 TDI. Doch bereits der gibt Anlass, mit der Zunge zu schnalzen: Drei Liter pure Power. Sechs Zylinder und ein Pumpe-Düse-Antrieb der neuesten Generation. Leise säuselnde 165 kW/225 PS scheinen nicht viel für einen Koloss mit 2,2 Tonnen Leergewicht. Doch die 450 Nm maximales Drehmoment tun das ihre um uns zu überzeugen, dass der Wolfsburger mit Geburtsstätte Dresden alles andere als schwach auf der Brust ist. Das maximale Drehmoment liegt bei gerade einmal 1.400 U/min an – das ist Bestwert. Sauber ist er auch: Euro-4 und Partikelfilter.
Beim Spurt 0 auf 100 km/h kann das Nordlicht sein Gewicht dann doch nicht verhehlen. Er braucht glatte neun Sekunden - knapp mehr als die Werksangabe. Bei der tatsächlichen Höchstgeschwindigkeit bleibt er mit 232 km/h knapp drunter. Und ab Tempo 210 wird er träge. Dafür liegt der Durchschnittsverbrauch im Rahmen der Erwartungen für eine Luxuslimousine. Durchschnittlich gibt sich der schwächste Phaeton im Praxistest mit 10,8 Litern Diesel auf 100 km zufrieden. Mit 90 Litern Tankvolumen kann man so einige Zeit unterwegs sein.
Handlicher Koloss
Das Fahrwerk und die gute Sechsgangautomatik sind über jeden Zweifel erhaben. Der serienmäßige 4Motion-Allradantrieb sorgt dafür, dass sich der tonnenschwere Koloss ein gutes Stück handlicher fährt, als man erwarten sollte. Die Lenkung ist gut – aber es gibt bessere. Der Federungskomfort ist Dank Luftfederung prächtig: Vorne sorgt eine Vierlenkerachse und hinten eine moderne Trapezlenkerachse für den gewünschten Oberklassekomfort. Wer es straffer möchte, kann die Dämpferhärte per Daumendreh variieren.
Mit einer Länge von 5,05 m gehört der Volkswagen, der seinen Namen kaum verdient, im Straßenverkehr zu den größeren Playern. Die Breite von 1,90 m tut ihr übriges. Trotzdem lässt sich der Phaeton durch die leichtgängige Lenkung und die - leider nicht serienmäßigen - Parksensoren rundum problemlos selbst durch enge Innenstädte zirkeln.
Innen schwelgen Fahrer und Passagiere im Luxus. Die Materialien, die Verarbeitung, aber auch Ambiente und Raumgefühl könnten besser kaum sein. Leider kosten die eindrucksvollen Annehmlichkeiten mächtige Aufpreissummen. Die belüfteten Sitze lassen sich einstellen, dass einem geradezu schwindlig wird. Hier sitzt man auch nach 2.500 km am Stück noch bequem. Die Klimaautomatik ist zugfrei und bringt es bei jeder Außentemperatur in wenigen Augenblicken auf Wohlfühlklima. Sitzheizung oder –lüftung vorne und hinten greifen der Klimaregelung helfend unter die Arme.
Perfekt. Perfekt?
Das Angebot an Kopf-, Bein-, Schulter- oder Ellenbogenfreiheit ist schlichtweg beeindruckend. Auf Wunsch gibt es den Phaeton auch als Viersitzer oder als Langversion. Der Fond wird durch Jalousien abgedunkelt. Mit dieser Luxuskarosse möchte man in den nächsten Urlaub. 500 Liter Stauraum im Gepäckabteil machen da vieles möglich. An der Kofferraumklappe erlaubt sich der VW einen seiner seltenen Ausrutscher. Sie öffnet nicht elektrisch und lässt sich nur mühsam öffnen und schließen.
Das Armaturenbrett schwelgt in einer Komposition aus Leder, Holz und edlen Kunststoffen. Die sechs Rundinstrumente sehen edel aus und lassen sich perfekt ablesen. Weitere Informationen gibt das Multifunktionsdisplay in der Mitte. Nur ein Teil der Mittelkonsole passt nicht in das perfekte Bild von Edelholz, Analoguhr und Ergonomie: Die Bedienelemente rund um den großen Navigationsbildschirm wurden aus billig wirkendem grauen Kunststoff gefertigt und bilden so einen Gegenpol zu der grandiosen Umgebung.
Zudem ist die Technik nicht auf der Höhe: Der Edel-Volkswagen verfügt nur über ein Navigationssystem mit CD-Technik. Wer die Landesgrenzen hinter sich läßt, muss eine neue CD einwerfen. Längst hat sich bei Bildschirmsystemen die moderne DVD durchgesetzt, die erheblich mehr Daten speichern und ganz Europa abdecken kann. Immerhin sind wir in der automobilen Luxusklasse. Ach ja: Da dürfte übrigens auch ein Lenkrad etwas mehr Design besitzen.
Luxuswohnung
Um die Sicherheit muss man sich in dieser Klasse keine Sorgen machen. Zahlreiche Airbags sind ebenso selbstverständlich wie ESP, ABS und aktive Kopfstützen. Ebenfalls wichtige Sicherheitselemente: Der Allradantrieb mit variabler Torsenkupplung und die eindrucksvollen Dimensionen des Phaeton. Wenn es zum Aufprall kommt, sorgen große Prallflächen für Sicherheit.
Doch bei all dem Luxus möchte man ohnehin nicht an das Schlimmste denken. Viel lieber drückt man noch einmal den Knopf unten links am Sitz und lässt sich von unsichtbaren Helferlein unter dem feinen, beigefarbenen Leder massieren. Im Hintergrund säuselt sanfte Opernmusik. Überhaupt lässt sich ein Phaeton zu einer angenehmen Luxuswohnung umfunktionieren: Keyless-Access, elektrische Einzelsitze hinten, DVD-Entertainment-System, Bordbar und so weiter und so weiter. Nur der Geldbeutel bestimmt die Grenzen.
Und der muss schon recht ausgewachsen sein. Denn ein günstiges Vergnügen ist einer wie der VW Phaeton selbstverständlich nicht. Der Basispreis von 60.480 Euro ist realitätsfern. Mit elektrischen Ledersitzen, Navigation und Xenonlicht ist man nur mit dem nötigsten ausgestattet. Wer einen Phaeton fährt, möchte auch Annehmlichkeiten wie belüftete Komfortsitze, Abstandstempomat, Einparkhilfe oder Keyless-Access genießen. Schnell summiert sich der Preis dann in Richtung 75.000 Euro.
Besonders für Vielfahrer ist bereits die Basismotorisierung des 3.0 TDI eine gute Wahl. Wem das zu teuer ist, der sollte einmal beim Händler oder in den einschlägigen Onlinebörsen nach einem gebrauchten Phaeton Ausblick halten. Gerade als junger Gebrauchter könnte der Traum doch in erreichbarer Nähe liegen. Der Wertverlust des grandiosen Phaeton ist meist groß. Leider. Oder zum Glück.
Wie entsteht ein Praxistest? Das erfahren Sie hier
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