Unterschiedlicher können Autos in ein und der selben Klasse kaum sein. Der BMW mimt mit seinem dynamisch-gedrungenen Design, den konvexen und konkaven Linien und der langen Motorhaube den Sportler. Als Sahnestück bietet er als einziger in der Kompaktklasse einen Heckantrieb. Die Mercedes A-Klasse ist dagegen selbst als zweitürige Coupéversion nicht annähernd sportlich positioniert, soll aber trotzdem jüngere Kunden ansprechen.
Der Stuttgarter liegt deutlich satter auf der Straße als sein hochbeiniger Vorgänger. Doch dynamisch ist anders. Der viertürige BMW lockt die Gefühle - der zweitürige Mercedes den Kopf. Wie schlagen sich beide Modelle aber im Alltagsbetrieb?
Die Optik des 116i deutet es bereits an: Hier kommt eine Sportskanone. Die weit hinten platzierte Fahrgastzelle erinnert an einen Roadster. Doch wer glaubt, mit dem 1,3 Tonnen schweren 116er dynamisch durch die Lande wedeln zu können, wird enttäuscht. Das träge Triebwerk macht aus dem vermeintlichen Kurvenräuber einen müden Krieger.
Der 1,6 Liter große Vierzylinder leistet 85 kW/115 PS. Subjektiv könnten es auch nur 90 Pferdestärken sein. Durchzug, Beschleunigung und höheres Autobahntempo – all das kennt man von einem BMW Doch nichts davon bietet dieses Triebwerk. Bei 4.300 U/min steht das maximale Drehmoment von 150 Nm zur Verfügung. Beim Spurt 0 auf 100 km/h in knapp elf Sekunden und einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h schlägt sich der Hecktriebler noch ganz redlich.
Aber weder bei höheren Geschwindigkeiten noch bei niedrigen Drehzahlen geht viel. Selbst auf der Autobahn kommt man an längeren Steigungen nicht umhin, in den fünften oder gar vierten Gang zurückzuschalten. Schnelles Überholen auf der Landstraße? Keine Chance! Nur wer die Gänge bis ans Limit ausdreht, bekommt etwas mehr Pfeffer. Doch der versprochene Durchschnittsverbrauch von 7,5 Litern Super auf 100 Kilometern ist dann erst recht in weite Ferne gerückt. In der Praxis liefen knapp neun Liter durch die bajuwarischen Einspritzdüsen.
Flotter Schwabe
Nun ist auch der Mercedes A 170 mit seinem Coupéstyling alles andere als eine Sportskanone. Die Leistung des 1,7 Liter großen Vierzylinders ist mit 85 kW/116 PS weitgehend identisch, Doch das maximale Drehmoment von 155 Nm steht schon ab 3.500 U/min bereit. Kleiner Unterschied – große Wirkung. Die nur 3,84 Meter lange A-Klasse fährt sich deutlich sportiver als der subjektiv lahm erscheinende BMW. Dazu tragen auch 100 Kubikzentimeter Hubraum mehr und rund 100 Kilogramm weniger Leergewicht der Stuttgarter Sandwichkonstruktion bei.
Bei Höchstgeschwindigkeit und Spurtvermögen trennen die beiden Kontrahenten keine Welten. Der Mercedes benötigt von 0 auf 100 km/h elf Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt mit knapp 190 km/h allerdings deutlich unter der des Münchners. Dafür ist man in dem schwäbischen Fronttriebler auch eine ganze Ecke sparsamer unterwegs. Statt der knapp neun Liter des BMW begnügt sich der A 170 mit 7,7 Litern Super auf 100 Kilometern.
Während der A-Klasse-Fahrer ähnlich wie in einem Van über der Straße thront, versprüht der BMW innen echten Sportwagencharme. Die Sitzposition ist exzellent, die optionalen Sportstühle geben Seitenhalt - und kosten leider jede Menge extra.
Beim Münchner im (Fahrwerk-)Himmel
Nachdem der Mercedes schon die Motorenwertung für sich entscheiden konnte, lässt er den BMW trotz deutlich geringerer Außenabmessungen auch in Sachen Innenraum und Platzverhältnisse hinter sich. Seine Sitze können - abgesehen von der zu hohen Sitzposition - überzeugen. Dazu ist das Armaturenbrett derart übersichtlich und hochwertig, wie man es sonst fast nur aus höheren Fahrzeugklassen kennt. Zudem kann man beim A 170 auch in der zweiten Reihe sehr gut sitzen.Der Einstieg über die weit nach vorne fahrenden Frontstühle funktioniert problemlos. Kopf- und Beinfreiheit sind kein Vergleich zum hier mehr als eng geschnittenen BMW. Trotz der serienmäßigen vier Türen können im Bayern-Fond nur Kinder Platz nehmen.
Hinter der weit öffnenden Heckklappe des Mercedes befindet sich ein leicht zu beladender Kofferraum, der 435 Liter fasst. Durch Umklappen der Rückbank sind es 1.370 Liter. Erwartungsgemäß hat der 116i auch hier das Nachsehen. Doch seine 330 bis 1.150 Liter sollten für die meisten Transporte ebenfalls ausreichen.
In der Fahrwerkswertung schlägt endlich die große Stunde des 4,23 Meter langen BMW. Hier hat der ebenfalls alles andere als enttäuschende Mercedes A 170 zumindest im direkten Vergleich keine Chance. Durch die 50:50-Gewichtsverteilung, die straffe Feder-Dämpfer-Abstimmung und die perfekte Kombination aus direkter Lenkung und knackiger Handschaltung distanziert der BMW 116i seinen Kontrahenten deutlich. Beim Stuttgarter Sprössling fällt im Übrigen die allenfalls mittelmäßige Handschaltung auf, die nur über fünf Schaltstufen verfügt. Das knackige BMW-Gegenstück hat derer sechs.
Die nackten Tatsachen:
Der Basispreis des serienmäßig nur mittelprächtig ausgestatteten Mercedes A 170 liegt bei 20.648 Euro. ABS, ESP, Klimaanlage und Airbags sind bereits an Bord. Aus der endlos langen Aufpreisliste sollte man zumindest Xenonlicht (957 Euro), Klimaautomatik (574 Euro) und Navigation (ab 2.041 Euro) ordern. Das Selbstverständlichkeiten wie eine Armauflage vorn (220 Euro) oder eine Komfortschaltung für die Fensterheber (80 Euro) extra bestellt werden müssen, ist höchst ärgerlich.
Doch BMW macht es auch nicht besser. Im Basispreis von 20.650 Euro ist außer der Sicherheitsausstattung nicht einmal das nötigste dabei. Nicht im Serienumfang: Fensterheber hinten (370 Euro), Armauflage (150 Euro), Getränkehalter (40 Euro), Klimaautomatik (1.500 Euro) oder Nebelscheinwerfer (200 Euro).
Unterm Strich bieten Mercedes und BMW in ein und derselben Fahrzeugklasse zwei völlig unterschiedliche Konzepte. Der BMW mutet sportlich an, doch sein enttäuschender 1,6-Liter-Motor lässt jede Dynamik vermissen. So bietet der deutlich kompaktere Mercedes A 170 das bessere Paket. Er hat mehr Platz, einen besseren Motor und den deutlich größeren Alltagsnutzen. Für die Fahrdynamiker ist er widerum nicht der richtige. Das punktet der 1er. Ein Großteil der umworbenen jungen Kundschaft dürfte sich daher mit beiden Modellen schwer tun.