Kaum zu glauben, dass es einst mit gerade mal 72 PS losging. Als Mercedes und sein Partner Puch im Jahre 1979 das erste G-Modell auf den Markt brachten, musste noch ein schwacher Dieselmotor als Antrieb herhalten. Der vor allem für Militär und Polizei geplante und robuste Geländewagen hatte mit Komfort oder gar Luxus nur wenig zu tun.
Gut 40 Jahre später sieht es ganz anders aus. Die G-Klasse von Mercedes ist zur Luxus-Klasse geworden, mit Motoren schon in der Serie von kaum unter 300, meist fast 600 PS und nicht unter 110.000 Euro Einstiegspreis. Veredlern wie Brabus reicht auch das schon längst nicht mehr: 900 PS Leistung wuchtet die G-Version der Bottroper auf die Antriebswelle und feinster Luxus sorgt dafür, dass die Beherrschung dieser Pferdeherde nicht in Arbeit ausartet. Der Preis: gut 600.000 Euro.
Als Basis für den 900 dient den Tunern der Mercedes AMG G63. Für den Brabus Rocket 900 haben sie das V8-Triebwerk aus der AMG-Version von 3.982 auf 4.407 cm3 Hubraum aufgebohrt und verschaffen ihm so eine Leistung von satten 662 kW / 900 PS. Originalton Brabus: "Dafür werden nicht nur die Zylinderbohrungen auf 84 Millimeter vergrößert und entsprechend dimensionierte Schmiedekolben installiert. Eine aus dem Vollen gefräste und feingewuchtete Spezialkurbelwelle mit auf 100 Millimeter verlängertem Hub und darauf abgestimmte, längere Pleuel machen den Eingriff ins mechanische Innenleben des V8 komplett." Unterstützt wird der Motor durch spezielle Hochleistungs-Turbolader.
Die Beschleunigung ist atemberaubend – aber irgendwann dann doch auch fein dosierbar
Der V8 erreicht nun maximal ein Drehmoment von 1.250 Nm. Bei 280 km/h macht die Elektronik Schluss mit Vortrieb – der bei einem Geländewagen hohe Schwerpunkt und die All-Terrain-Bereifung lassen mehr nicht zu. Sicherheitshalber. Den Spurt aus dem Stand auf Tempo 100 immerhin schafft der 2,5 Tonnen schwere Brabus in 3,7 Sekunden – das ist so schnell wie ein Porsche 911 Carrera S. Die 9-Gang-Automatik hat anscheinend keinen Stress mit so viel Leistung. Klimaschützer wohl eher: Schon offiziell sind 14,4 l/100km fällig, macht eine CO2 Emissionen von 330 g/km.
Die ganze Kraft spürt man nicht nur schon beim Anblick des mit Carbonteilen und Lufteinlässen gespickten Boliden. Wer auf dem Fahrersitz Platz nimmt und den Startknopf drückt, der weckt ein automobiles Gesamtkunstwerk zum Leben. Der satte V8 (dessen Sound aus dem klappengesteuerten Auspuff sich - zur Befriedung der Nachbarschaft – per Wahlknopf einstellen lässt) tönt, wie es sich für einen V8 gehört – satt, tatendurstig, kaum gebändigt. Der Kick aufs Gaspedal erfordert etwas Eingewöhnung. Während sein 800-PS starker Vorgänger sich noch sanft anfahren ließ, springt der 900 schon beim leisesten Pedaldruck los. Die Beschleunigung ist atemberaubend – aber irgendwann dann doch auch fein dosierbar.
Fahrkomfort? Kompromiss-Sache. Auf der einen Seite steckt so ziemlich alles drin, was Mercedes und Brabus an Luxus im High-End-Regal haben. Seitenwangen an den Sitzen beispielsweise, die sich in Kurvenfahrten aufblasen und so den Seitenhalt verbessern. Assistenzsysteme zuhauf. Edele Materialien wie Leder bis in die Fußräume, Carbon oder Aluminium, perfekt verarbeitet, ein Lenkrad, das den Händen schmeichelt. Masterpiece-Interieur nennt das Brabus. Platz auf den zwei Einzelsitzen hinten, noch mehr Platz vorne. Ein bequemer Einstieg in immerhin beachtliche Höhen. Effektvolles Ambiente Light an Außenteilen wie etwa den Sidepipes. Daneben: Eine Federung, die komfortabel, aber eben auch einem Geländewagen hart angemessen ist. Und Türen, die man mit Schwung zuknallen muss – "Ist eben immer noch eine G-Klasse", sagt ein Mitarbeiter von Brabus.
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