|
Für die einen ist es der Zukunftstraum schlechthin. Für die anderen das Ende einer wunderschönen Autofahrerzeit: das Autonome Fahren. So schön es im täglichen Stau-Wirrwarr sein könnte, einfach im Fond den unterbrochenen Schlaf weiterzuführen oder den Arbeitstag einzuläuten, so öde könnte es auf einer freien und in Deutschland noch immer streckenweise unbegrenzten Autobahn sein, nicht selbst das Lenkrad und das Gaspedal zu bedienen. Doch bis sich die ersten Besitzer eines solchen Fahrzeugs dieser Frage stellen müssen, werden noch viele Jahre vergehen - und viele Kilometer Straße neu zu kartographieren sein.
Denn die Grundvoraussetzung für diese Zukunftsträumerei ist eine möglichst genaue Darstellung der Straßen, auf denen sich das Fahrzeug bewegen soll. "Wenn uns die Autos künftig selbständig chauffieren wollen, dann müssen sie dafür weiter vorausschauen können, als das mit ihren Sensoren möglich ist", erklärt Pieter Gillegot-Vergauwen, Leiter des Maps-Produktmanagements des Navigationszulieferers TomTom: "Diesen Weitblick kann nur eine digitale Karte liefern."
Eine autonome Autofahrt ist mehr, als nur der ständige, softwarebasierte Abgleich des Soll- und Ist-Zustands des Fahrzeugs, sprich: Wo sollte es in genau diesem Moment sein und wo ist es. Das Auto muss schon vor der nächsten Kurve wissen, wie die Straßenführung weiter geht. Bei manchem Autohersteller wie Rolls-Royce hilft dies schon heute dem Automatikgetriebe, nicht doch noch kurz vor dem nahenden Kreisverkehr einen Gang höher zu schalten. Allerdings sind diese Kartendaten noch äußerst ungenau und schon gar nicht für die künftigen automobilen Solisten nutzbar, da die aktuellen Karten nur für Menschen Automobile gemacht sind.
Genau an dieser Stelle kommt TomTom ins Spiel. Über drei Millionen Straßenkilometer werden pro Jahr von der 70 Vans großen Mobil Mapping Flotte ausschließlich tagsüber neu kartographiert. Die zu mobilen High-Tech-Entdeckerfahrzeugen umgerüsteten, 200.000 Euro teuren  VW Gölfe mit polnischen Kennzeichen übernehmen im Grunde den Job, den Christoph Kolumbus in den Jahren 1492 bis 1504 auch innehatte - sie sammeln Kartendaten und wollen die weißen oder unscharfen Flecken auf den bisherigen Karten beseitigen.
Pro Fahrzeug und Woche sammelt TomTom vier Terrabyte. Hinzu kommen jeden Monat rund 100.000 Änderungs-Hinweise aus der großen TomTom-Community
Nur, dass sie sich dabei auf Europa und die USA fokussieren und nicht auch noch auf die Großen Antillen. Und: Christoph Kolumbus war überwiegend intrinsisch motiviert. Soll heißen: Er ging auf Entdeckertour ohne nur auf das große Geld zu schielen. TomTom hingegen ist ein großes Unternehmen und weiß ganz genau, dass das Autonome Fahren aus finanzieller und marketingstrategischer Sicht äußert lukrativ ist.
Während die Fahrzeuge mit Lasern und Radarsensoren sowie Kameras und GPS-Empfängern unterwegs sind, fallen natürlich Unmengen von Daten an. Pro Fahrzeug und Woche sammelt TomTom vier Terrabyte. Hinzu kommen jeden Monat rund 100.000 Änderungs-Hinweise aus der großen TomTom-Community. Zusammen mit den knapp 400.000 Millionen vernetzten Geräten ist diese Datenmenge kaum noch zu bewältigen. Daher wird aktuell an einem Automatismus gefeilt, der die Hauptarbeit übernehmen kann. In Zukunft sollen zudem auch noch die Daten der ersten Autonomen Fahrzeuge genutzt werden können.
Eines kleinen, in jedem Computerhaushalt bekannten Tricks bedient sich TomTom bei der Bearbeitung dieser Datenmengen schon heute. Sie komprimieren den Großteil der Daten einfach um den Faktor 100. Vor allem bei den Bilddaten, die mit der 360-Grad-Kamera auf dem Dach von nahezu jedem Meter geschossen werden, ist diese Datenreduzierung von Vorteil. So wird unter anderem aus ein paar Bäumen eine grüne oder braune Masse.
Das macht aber nichts. Sollten zum Beispiel Rodungsarbeiten nach der Fotoaufnahme durchgeführt worden sein und bei einem weiterhin hochaufgelösten Bild wären drei statt dann nur noch ein Baum zu erkennen, dann wäre dies ja ein Widerspruch im Soll-Ist-Wert-Abgleich - und der Computer ziemlich irritiert. Auch der Unterschied zwischen den im Winter kahlen und im Sommer voll Laub hängenden Bäumen wird somit nivelliert.
Ein weiterer Vorteil liegt in der Datenverarbeitungsgeschwindigkeit. Die auf rund 50 Kilobyte pro Kilometer komprimierten Daten lassen sich schlicht schneller bearbeiten und abgleichen. Auf diese Art und Weise ist bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h eine Genauigkeit von längs 50 Zentimeter und quer 15 Zentimeter möglich.
Die angefertigten Fotos werden laut TomTom weder an Programme wie Google Street View noch an andere darstellenden Programme weitergereicht. In fünf Jahren möchte das Unternehmen alle Top-4-Kategorie-Straßen in ein 3D-Modell umgewandelt haben. In Metern sind dies ungefähr 45.600.000.000.
|
Markenseiten 
Übersicht Technik
Seitenanfang 
