Das Duell geht in die nächste Runde. Seit der 7er BMW der Baureihe E23 1977 auf den Markt kam, beißen sich die Bayern an der Mercedes-Benz S-Klasse die Zähne aus. Das dürfte bei der neuen 7er BMW mit der internen Bezeichnung G11/12 kaum ändern, wenn er auf der Frankfurter IAA im Herbst seine offizielle Weltpremiere feiert. Das liegt nicht an der fehlenden Qualität des neuen bayrischen Aushängeschildes. Im Gegenteil: Die ersten Fahreindrücke in maskierten Prototypen zeigen, dass der BMW dem Klassenprimus aus Stuttgart allemal das Wasser reichen kann. Er ist leichtfüßiger, ohne dabei unkomfortabler zu sein.
Seit Ende 2008 wurde von der noch aktuellen Siebener-Generation über 350.000 Fahrzeuge verkauft. Im Jahre 2011 war mit 67.200 Modellen das erfolgreichste Jahr. 2014 waren es knapp 50.000 Fahrzeuge - halb so viel die der Hauptkonkurrent aus Schwaben.
Das Problem liegt vielmehr im Modellportfolio. Denn während Mercedes seine S-Klasse mit vier Limousinenderivaten inklusiv Maybach- und Pullman-Version, Coupé und Cabrio selbstbewusst ausgewälzt hat und dabei sogar Bentley und Rolls-Royce aufs Korn nimmt, hält sich BMW zurück. So soll es bei einer Version mit langem Radstand, die das Gros der weltweiten Zulassungen ausmachen wird, und einer betont europäischen Variante mit normalem Radstand schwer, die Mercedes S-Klasse zu überholen.
Dabei zeigt schon die erste Testfahrt: Der 7er BMW hat das Zeug dazu. "Er ist bis zu 130 Kilogramm leichter geworden", sagt BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich, "wir werden die technische Spitzenposition in diesem Segment anstreben und auch erreichen. Wir sind gleichzeitig komfortabler, aber auch sportlicher geworden."
Große Worte, die aber ein paar Minuten später am Lenkrad eines wild beklebten BMW 740 Li gar nicht mehr großspurig erscheinen. Trotz langem Radstand fährt sich das rund 5,20 Meter lange Luxusmodell mindestens eine Klasse kleiner, kompakter, dynamischer. Selbst mit dem großen Achtzylinder bringt der 750i nur 1.870 Kilogramm auf die Waage.
Bei den Motoren wird es zum Marktstart im Herbst zunächst Sechs- und Achtzylinder mit Turboaufladung geben
"Wir haben den Leichtbau konsequent durchgesetzt", sagt Entwickler Florian Schek und zeigt die einzelnen Module an der Rohkarosse, "größere Teile sind dabei genauso wichtig wie Detailoptimierungen. Wir haben wirklich alles angefasst." Die Karosserie hat durch die Verwendung von ebenso leichtem wie hochfestem Karbon allein 40 Kilogramm abgespeckt. Die vier neuen Radaufhängungen bringen weitere 35 Kilo. Selbst das bürstenlose Klimagerät steuerte ein halbes Kilo und die Alutüren zwölf wertvolle Kilos zur Kur bei.
Diese Diät zeigt sich auf dem Handlingparcours deutlich. Denn der Fortschritt selbst zum aktuellen 7er ist eindrucksvoll. Dafür sorgen im Paket Luftfederung, Karosseriemodule aus Karbon und jede Menge Detailliebe bei der Fahrwerksabstimmung. Der 7er BMW kann mit seiner optionalen Vierradlenkung nicht nur spielend Kurven durchpflügen, sondern gleitet über Unebenheiten in der Fahrbahn so lässig hinweg, wie es bisher nur die Mercedes S-Klasse konnte. Die Fahrprogramme Eco Pro, Comfort/Comfort Plus, Sport/Sport Plus wurden um einen Adaptivmodus ergänzt, der immer das Idealpaket bereithält.
Dem gegenüber haben sich Außendesign und Antriebe nur evolutionär weiterentwickelt. Bei den Motoren wird es zum Marktstart im Herbst zunächst Sechs- und Achtzylinder mit Turboaufladung geben. Das Basismodell des BMW 740i mit seinem Dreiliter-Reihensechszylinder dürfte nach der Leistungsspritze knapp 350 PS leisten, während der 4,4 Liter große Turbo des 750ers mindestens 470 PS aus den acht Hightech-Brennkammern herausholt.
2016 folgen der ebenfalls leicht erstarkte Zwölfzylinder des 760i sowie eine Vierzylinderversion für den wichtigen Chinamarkt mit rund 250 PS aus zwei Litern Hubraum. Erstmals wird der BMW 7er der Generation G11/G12 auch mit einem Vierzylinder-Plug-In-Hybriden zu bekommen sein, der von seinen Leistungsdaten weitgehend dem des BMW X5 xDrive 40e mit seinen 313 PS entspricht. Seine elektrische Reichweite: 30 km.
Die BMW-Entwickler haben ihr Schmuckstück jedoch nicht nur bei Antrieb und Fahrwerk mit neuester Technologie vollgestopft
Auf dem europäischen Markt sollte den Dieselmodellen dagegen weiterhin die größte Bedeutung zukommen. Dort wird es erstmals nicht bei den drei verschiedenen Sechszylinderdieseln 730d, 740d und 750d mit einem Leistungsspektrum von 250 bis knapp 400 PS bleiben. Ein zwei Liter großer Commonraildiesel mit circa 230 PS dürfte die Palette nach unten abrunden und einen Normverbrauch von rund fünf Litern ermöglichen.
Die BMW-Entwickler haben ihr Schmuckstück jedoch nicht nur bei Antrieb und Fahrwerk mit neuester Technologie vollgestopft. Noch bunter treibt der Bayer es im Innern. Ausser den animierten Instrumenten gibt es neben Controller und Spracheingabe erstmals auch ein Touchdisplay und Gestensteuerung. Laut und leise für das Soundsystem sowie die Annahme und das Abweisen von Telefonanrufen sind in Sachen Gesten zwar nicht viel, zeigen jedoch, wohin die Reise in den nächsten Jahren gehen wird.
Das gilt auch für die Assistenzsysteme, wo der 7er BMW weiterentwickelt mit Stau- und Spurhalteassistenten allerdings weitgehend bekanntes bietet. Die Verkehrszeichenerkennung hat erstmals zudem Zugriff auf den Tempomaten und passt die Geschwindigkeit variabel an. Wer will, kann auch ein paar Kilometer mehr einstellen - als persönliche Toleranz. Neu ist ebenfalls die Funktion, dass das Fahrzeug vorwärts ohne Fahrer in die engste Parklücke fährt. Dazu reicht von außen einen Knopfdruck auf den Fahrzeugschlüssel.
Der Kampf auf den Thron im Luxussegment ist also wieder eröffnet. Schließlich kommt Anfang 2017 auch der neue Audi A8 auf den Markt.
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