Es gibt nicht viele Gründe, an der A45 von der Autobahn nach Wilnsdorf abzufahren. Die Gegend südlich des regnerischen Sauerlandes ist beschaulich. Und wer hier etwas kaufen muss, der fährt an der Ausfahrt 23 eher vorbei nach Siegen oder gleich noch weiter Richtung Köln oder Dortmund. Anders sieht es am Lenkrad eines Elektroautos aus. Da kommt es auf jeden Kilometer Reichweite an. Und die Fahrt einfach ein paar Kilometer weiter zur nächsten Tankstelle wird schnell zum stromlosen Himmelfahrtskommando.
Zumindest bei den Tesla-Fahrern sind Wilnsdorf und der dortige Maxi-Autohof auf so mancher Fernroute gesetzt. Denn Tesla hat dort einen seiner aktuell fünf deutschen Supercharger gebaut. Gleich nebenan gibt es Benzin und Diesel bei Total, einen Bratling von Burger King oder eine schnelle Runde am Spielautomaten. Schließlich gilt es, an den Superchargern mindestens 30 Minuten Zeit zu überbrücken. So lange dauert es, bis ein Tesla Model S wieder so weit zu Kräften kommt, dass man die nächsten paar hundert Kilometer in Angriff nehmen kann. Immerhin geht das deutlich schneller als die acht oder zwölf Stunden, die früher die ersten Stromer zum Nachladen brauchten.
"Insgesamt sind weltweit aktuell 104 Supecharger am Netz", sagt Tesla-Sprecherin Kathrin Schira, "aber fast täglich werden es mehr." Eine Handvoll davon liegt in Deutschland - an den Autohöfen Aichstetten, Jettingen-Scheppach, Bad Rappenau und eben am Maxi Autohof von Wilnsdorf. "Damit werden die Routen Zürich - München - Stuttgart - Frankfurt - Köln - Amsterdam miteinander verbunden", ergänzt Schira, "der neueste Supercharger steht seit kurzem am Euro-Rastpark Hohenwarsleben an der A2 und verbindet die Strecke Berlin - Hannover bzw. Hamburg -Leipzig." Bis Ende des Jahres sollen Model-S-Kunden problemlos entlang der Supercharger-Routen quer durch Europa fahren können.
Der Supercharger - übersetzt Super-Lader - ist in der Lage, die elektrische Luxuslimousine Tesla S in rund einer halben Stunde mit Strom für 240 zusätzliche Kilometer zu versorgen. Vorausgesetzt man hält sich an die Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 100 km/h. Sonst reicht die Ladung nur für weniger. "Das Laden ist kostenlos", betont Tesla-Gründer Elon Musk.
Billig ist das Ganze für Tesla nicht gerade. Eine Supercharger-Tankstelle kostet etwa 75.000 Euro
Die Ladestationen speisen sich in erster Linie aus Sonnenenergie, hängen zusätzlich jedoch sicherheits halber noch am lokalen Stromnetz. Pro Jahr soll jeder Supercharger mehr Strom selbst produzieren, als die Tesla S brauchen. Wenn an den Autobahnen keine Autos geladen werden, wird der gewonnene Strom in das herkömmliche Netz eingespeist. Scheint keine Sonne, wird der Tesla aus dem Stromnetz versorgt. Pro Ladestation können bis zu vier Autos gleichzeitig versorgt werden.
Noch stehen die Tesla an den fünf deutschen Zapfsäulen nicht Schlange. Sollte sich das ändern, heißt es schnell sein. Denn während die ersten beiden Modelle mit voller Kraft betankt werden, müssen sich die nächsten beiden Fahrzeuge mit einer langsamen Befüllung abfinden.
Ein Trick hinter dem für E-Mobile ungewöhnlich schnellen Tankvorgang ist, dass der Supercharger mit Gleichstrom operiert und der über den hauseigenen Tesla-Stecker vorbei an den bordeigenen Ladegeräten des Autos direkt in die Batterie geleitet wird. Der schmerzhafte Haken für BMW i3, VW E-Golf, Mercedes B-Klasse ed oder Nissan Leaf: Die Stationen an den Autobahnen funktionieren bislang nur mit dem Tesla Model S.
Billig ist das Ganze für Tesla nicht gerade. Eine Supercharger-Tankstelle kostet etwa 75.000 Euro. Zumindest ein Teil der Kosten bleibt aber in der Familie: Das Dach der Station besteht aus Solarzellen, die mit SolarCity eine weitere Musk-Firma herstellt.
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