Der wohl berühmteste Nudeltopf der Welt ist das Oval in Indianapolis, auf dem alljährlich die Indy 500 stattfinden. Gerade zieht eine Corvette C7 auf dem Asphaltring ihre Bahn. In jeder Kurve wiederholt sich das typische Rennfahrer-Ritual: Anbremsen, einlenken, Scheitel treffen und wieder rausbeschleunigen. Nichts Besonders für einen geübten Lenkrad-Artisten. Nur diesmal mit feinen Unterschied, dass der Pilot des Fahrzeugs, Ex-Rennfahrer Sam Schmidt, querschnittsgelähmt ist und das Auto nur mit den Bewegungen seines Kopfes steuert.
Die Befehle sind simpel: Bewegt der 49jährige US-Amerikaner den Kopf nach links oder rechts, steuert das Auto in die jeweilige Richtung. Wirft Schmidt den Kopf in den Nacken, beschleunigt die 466-PS-starke Corvette C7, beißt er auf einen Schlauch, in dem sich ein Druck-Sensor befindet, bremst das Fahrzeug. Je nach Stärke des Bisses variiert die Bremsleistung. Die Technik, die hinter diesem Fahrerlebnis steckt, heißt SAM. Das Kürzel steht für "Semi-Autonomous-Motorcar" - übersetzt "halb autonomes Auto".
"Nach meinem Unfall habe ich geglaubt, dass ich nie wieder schnell Autofahren könnte. Aber das SAM-Fahrzeug hat mir das ermöglicht. Meine Behinderung spielte keine Rolle und habe mich so normal gefühlt, wie seit 15 Jahren nicht mehr", sagt Schmidt, der heute Teilhaber eines Indy-Car-Teams ist. Mit immerhin bis zu 160 km/h rauscht die Corvette über den Asphalt. Damit ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Über 170 km/h sind durchaus drin.
Sam Schmidt trägt ein Base-Cap mit reflektierenden Infrarot-Sensoren. Ähnlich wie bei Fußballern, deren Spezial-Kunstschüsse für Videospiele aufgezeichnet werden. Die tragen dafür einen ganzen Anzug mit solchen Punkten. Infrarotkameras nehmen jede Kopfbewegung des Piloten auf und eine ausgeklügelte Software verwandelt die Kopfbewegungen dann in Lenkrad-Impulse.
Das geht nicht ohne Rechenpower. All die Befehle und Daten laufen in einem Computer zusammen, der sich im Heck des Ami-Sportlers befindet. Der Rechner kontrolliert das Auto, die Beschleunigung, die Verzögerung und die Lenkung mit Hilfe von E-Motoren und Sensoren. Dabei wird auch die moderne Architektur der Assistenzsysteme benutzt, die die Corvette ohnehin schon an Bord hat. Ganz entscheidend für die Fahrbarkeit des Autos ist natürlich die Reaktionszeit, die das System braucht, um die Befehle des Fahrers umzusetzen - im Millisekundenbereich.
Damit das Auto nicht unkontrolliert von der Strecke fliegt, gleicht das Programm ständig dessen Position auf der Rennstrecke ab. Das geschieht über GPS-Sensoren, die 100 Mal pro Sekunde den Standort überprüfen. Die Software gesteht dem Lenker dabei einen Korridor von zehn Metern zu, um seine Manöver auszuführen.
Dazu kreiert die Technik virtuelle Bordsteinkanten. Nähert sich das Auto dieser Grenze, warnt das System den Fahrer. Kommt keine Reaktion, greift der Autopilot mit sanften Gegenbewegungen ein. Das Prinzip ähnelt dem der Spurhalte-Assistenten, die sich an den Straßenmarkierungen orientieren.
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