BMW-M-Technikchef Albert Biermann betet das M-Mantra mit dem unerschütterlichen Engagement eines weißblauen PS-Paladins. "Ein BMW M4 ist ein Auto für aktive Fahrer, die die Agilität des Fahrzeugs spüren wollen", erklärt der Ingenieur.
Diese Überzeugungsarbeit wird dann verständlicher, wenn man sich vor Augen führt, wie viel Dampf die Konkurrenz unter der Motorhaube hat: Der schon etwas in die Jahre gekommene Mercedes-Benz C 63 AMG feuert mit 457 PS aus acht Zylinder-Rohren und der ebenfalls nicht mehr ganz taufrische Audi RS 4 hat nur sieben PS weniger als der Schwabenpfeil, aber genauso viele Zylinder. Und BMW? Die Bayern quetschen aus sechs Töpfen 430 PS. Allradantrieb? Fehlanzeige. Keine guten Karten für die Stammtisch-Diskussion.
Doch gemach, gemach. So schnell wirft der bayerische Sportwagenschöpfer die Flinte nicht ins Korn. Denn bei der M3 Limousine, deren schicke Coupévariante jetzt M4 heißt, hat sich einiges getan. Vor allem bei der Karosserie und dem Antriebsstrang.
Der Drei-Liter-Sechszylinder-Bi-Turbo-Motor wurde neu entwickelt: 150 Techniker tüftelten drei Jahre lang am neuen Herz des M. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Für jede Zylinderbank gibt es einen Turbolader mit kleinen Schaufeln. Damit schaffen die Ingenieure den Spagat zwischen Drehmoment-Kraft und dem traditionellen Hochdrehzahlkonzept. Das Triebwerk hat ein maximales Drehmoment von über 500 Newtonmetern, das zwischen 2.000 und 5.000 U/min bereit steht. Erst bei 7.500 Umdrehungen ist Schluss.
Hohe Drehzahlen und Turbolader - das passt eigentlich nicht zusammen. "Dafür musste eine Menge Abstimmungsarbeit geleistet werden", sagt M-Motorenentwickler Norbert Siegl. Der gordische Knoten aus Ansprechverhalten und Drehorgel wurde gelöst. Deswegen ist der BMW ein Wanderer zwischen den Welten, zwischen Alltagstauglichkeit und Rennsportambition. Damit der BMW M gut am Gas hängt, werden die beiden Lader mit Luftschüben gefüttert. Die Turbinen werden dabei über 1.000 Grad heiß. Nimmt der Fahrer das Gas weg, drehen sich die Schaufeln weiter. So bleibt das Ansprechverhalten spontan.
Selbst die Kardanwelle, die die Kraft auf die Hinterräder überträgt, ist aus Carbon-Verbundstoff
Die grundsätzliche Bauweise des Aggregates entspricht der aktuellen BMW-Doktrin: Direkteinspritzung, kombiniert mit Ventilverstellung (Valvetronic) und Doppelvanos. Die Parmeter-Aggregate unterscheiden sich jedoch: Um möglichst viel Leistung zu generieren, hängt der Ladeluftkühler sehr nah am Motor. Nämlich oben. Deswegen hat auch der neue M3 eine Hutze auf der Alu-Motorhaube.
Die Ölwanne ist aus Magnesium das spart Gewicht. Selbst die Kardanwelle, die die Kraft auf die Hinterräder überträgt, ist aus Carbon-Verbundstoff. Die Kolben sind ebenfalls leicht, um die hohen Drehzahlen realisieren zu können. Die Nachbehandlung der Abgase durch zwei weitere Kats verhilft dem BMW zur Euro-6-Abgasnorm. Apropos Abgase: Der CO2-Ausstoß soll unter 200 g/km betragen. Das wären rund 8,4 l/100 km.
Für Diskussionen sorgte die Lenkung. Erst als die elektromechanische Steuerung die Befehle des Fahrers direkt genug umsetzte, war sie reif für den Einsatz im M4 Coupé beziehungsweise in der M3 Limousine. Damit die Kraft auf den Asphalt kommt, griffen die Ingenieure ins Konzernregal und holten die Hinterachse vom M5 mit dem geregelten Sperrdifferential hervor und montierten den Achsträger direkt an die Karosserie. Damit reagiert der M3 noch direkter auf die Lenkbefehle. Die Prämisse lautet knackig-direkt und die wurde durchgezogen.
Vorne gibt es eine neue Vorderachse und eine Domstrebe aus Carbon. Der Leichtbau zieht sich durch das ganze Fahrzeug. Die Heckklappe aus Verbund-Kunststoff und einer Carbon-Träger-Struktur ist größer als die des Serien-4er, hat einen integrierte Abrisskante und sorgt so für viel Abtrieb auf der Hinterachse. "Bei der Kreation der Heckklappe saßen Designer und Ingenieure an einem Tisch", erklärt Projektleiter Michael Wimbeck den ganzheitlichen Ansatz bei der Konstruktion des M4 Coupés. Herausgekommen ist eine Gewichtsreduktion von sechs Kilogramm. Unterm Strich unterschreitet das M4 Coupé die 1.500-Kilogramm-Marke, erreicht damit das Gewicht des Vor-Vorgängers und ist auch leichter als der 435i.
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