Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie haben Ihr Auto geparkt, wissen aber nicht mehr wo. Zu allem Überfluss haben Sie auch noch den Schlüssel verschlampt. Keine Panik: Ein Anruf bei einem Call-Center genügt. "Sie haben Ihren BMW vor der Audi-Niederlassung in der Daimler-Straße geparkt", schallt es fröhlich aus dem Telefon. Als Sie Ihren fahrbaren Hightech-Untersatz wieder in die Arme schließen, öffnet das Call-Center den Wagen per Fernsteuerung. Sie lassen sich in den Sitz gleiten, gehen noch schnell online und laden sich die neuesten Updates für die Fahrzeug-Software herunter. Damit haben Sie sich gleich einen Werkstattaufenthalt erspart.
Alles Zukunftsmusik? Nicht mehr lange. BMW will das System "ConnectedDrive", das schon heute unter anderem automatische Notrufe oder den mobilen Email-Zugriff ermöglicht, mächtig aufrüsten. Der erste Schritt dazu ist der uneingeschränkte Internetzugriff, der noch in diesem Jahr angeboten wird – zunächst wahrscheinlich im neuen 7er. Doch ein Blick über die Schulter der BMW-Entwickler zeigt, dass technisch noch viel mehr möglich ist.
Hup für mich
Mit dem "Fahrzeugfinder" lässt sich zum Beispiel metergenau ermitteln, wo das eigene Auto geparkt ist. Per Fernverriegelung kann man den Wagen öffnen oder verschließen, selbst wenn man sich nicht einmal auf demselben Kontinent befindet. Sucht man im Parkhaus nach dem Wagen, kann man das Auto kurz hupen lassen, um es schneller zu finden.
Für die Oberklasse soll es auch eine Art Hightech-Standheizung geben: Per Fernzugriff lässt sich die Klimaanlage des Wagens einstellen, damit man es zum Beispiel im Auto sofort warm und mollig hat, wenn man im Winter nach dem Malle-Urlaub aus dem Flieger steigt. Das Feintuning übernimmt das Auto selbst, indem es die aktuelle Temperatur oder Sonneneinstrahlung mit einberechnet.
Der Fahrer beeinflusst den Wagen allerdings nicht direkt, sondern nur indirekt durch einen Anruf beim BMW-Callcenter. Bevor die Mitarbeiter den Wagen orten und die gewünschten Änderungen vornehmen, muss sich der Kunde identifizieren und dabei zum Beispiel die Fahrgestellnummer seines Autos nennen.
Das Herz des Systems ist neben der GPS-Ortung die "Telematic Control Unit", kurz TCU. Der Mitarbeiter des Call-Centers schickt die Befehle verschlüsselt über eine im Auto eingebaute SIM-Karte an die TCU. Die wiederum sendet über Datenleitungen Befehle an die entsprechenden Steuergeräte des Wagens. So erhält zum Beispiel die Zentralverriegelung die Order, die Türen zu öffnen oder zu schließen.
Service-Mitarbeiter unter Druck
Auch bestimmte Elemente der Fahrzeugwartung und Fehlerdiagnose lassen sich aus der Ferne erledigen. Per Fernzugriff auf die Software des Autos sollen BMW-Mitarbeiter in Zukunft nicht nur Fehlerspeicher auslesen, sondern ganze Servicepläne ausarbeiten können – TeleProgrammierung heißt das bei BMW. Der Fahrer kann zum Teil mit wenigen Mausklicks ein Update der Fahrzeug-Software ausführen, für den normalerweise ein Werkstattaufenthalt nötig wäre.
"Wir wollen den Fahrer aber nicht beobachten. Der Fernzugriff auf das Auto geschieht nur auf Wunsch - der Kunde entscheidet, ob und wann sich das Auto beim Händler meldet", sagt BMW-Entwickler Hans-Jörg Vögel.
Ganz uneigennützig geschieht die Ferndiagnose natürlich nicht. BMW will die Kunden stärker an sich binden. Und es dürfte auch nicht alle Funktionen kostenlos geben. Auch auf die Händler und Servicebetriebe kommt wohl eine Menge Arbeit zu. "Die Service-Mitarbeiter stehen unter dem Druck, mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten", sagt Vögel.
Wann die erweiterte TeleProgrammierung verfügbar sein wird, ist noch offen. Die Fernverriegelung und der Fahrzeugfinder sollen ab Herbst in allen Fahrzeugen zur Verfügung stehen, die mit ConnectedDrive ausgerüstet sind. Weitere Funktionen wie die Fernsteuerung von Klimaanlage, Licht oder Hupe sollen "in ausgewählten Modellen und Märkten" zu haben sein, kündigt BMW an.
|