New York macht sich nicht nur bei den Besucherzahlen daran, selbst die großen Motorshows in den Schatten zu stellen. Die Detroit Motorshow Mitte Januar ist als Höhepunkt mit vielen Neuheiten jedoch auch ohne Besucherströme gesetzt. Doch selbst die allseits beliebte Leistungsschau im herbstlichen Los Angeles muss sich angesichts der gestiegenen Ambitionen von Big Apple strecken, um nicht auf Platz drei abzurutschen.
Das liegt in erster Linie nicht an den automobilen Neuheiten, sondern am Veranstaltungsort selbst. Welcher Hersteller szenig und auf der Höhe der Zeit sein will, der darf am Hudson River kaum patzen. Und bei einem weitgehend müden Europa-Markt sind die USA der letzte Gegenpol zum Ertragsmekka China. Die Kundschaft in den USA legt nicht erst seit dem Absturz der Kraftstoffpreise mehr Wert denn je auf ebenso leistungs- wie imagestarke Modelle.
Kein Wunder also, dass Jaguar auf der New York Autoshow zum ersten Mal das Tuch von seinem Oberklassemodell XF zieht, Mercedes-Benz seine erfolgreiche ML-Klasse in GLE umfirmiert und Porsche mit dem Boxster Spyder eine besonders scharfe 375-PS-Variante des offenen Doppelsitzers präsentiert. Lexus legt seinen neuen Hybrid-SUV RX überraschenderweise ohne Plug-In-Variante auf, während die Konkurrenz weitgehend auf Kabellösungen setzt. Immerhin gibt es nun eine Leistungsspritze auf 221 kW/300 PS.
Noch mehr Luxus bietet der neue Cadillac CT6, der mit seiner Länge von 5,18 Metern gegen die europäische Luxusliga von Mercedes S-Klasse, BMW 7er und Audi A8 positioniert ist. Es gibt Hinterrad- und Allradantrieb sowie Vier- und Sechszylinder mit 265 bis 400 PS. Anfang 2016 soll das neue Luxusmodell von Cadillac auch nach Europa kommen.
Auch in big Apple gibt es unspektakuläre Autos für die breite Masse
Bereits schneller auf dem Markt ist das überarbeitete Alpina B6 Gran Coupé, der mit seiner geänderten Motorhaube einen imposanten Auftritt garantiert. Und noch eindrucksvoller strahlt im hellen Scheinwerferlicht die Konzeptstudie des edlen Lincoln Continental. "Beim Luxus geht es nicht darum, auf den Putz zu hauen, sondern um elegante Schlichtheit, die die Erwartungen der Kunden übertrifft", sagt Ford-Chef Mark Fields.
Im Messezentrum Jacob Javits am Hudson glänzt man nicht mit Kleinwagen - außer man heißt Smart. Nach den Penske-Eskapaden der vergangenen Jahre wird der noch junge Smart Fortwo nun auch in den USA als 88 PS starker Mikrokraftprotz neu aufgelegt. Beim größeren Smart Fortwo zögern die Daimler-Verantwortlichen noch. Schließlich sind auch Fiat 500, Ford Fiesta oder Mazda 2 alles andere als Bestseller in den USA. Smart Chefin Annette Winkler ist jedenfalls zuversichtlich: "Mit dem wendigen, kompakten Smart Fortwo, dem in den USA serienmäßig angebotenen Doppelkupplungsgetriebe DCT und unseren einzigartigen, digitalen Services rund ums Auto werden wir ganz neue Kundengruppen erobern".
Da sind die Erwartungen an die Armada der SUV und Crossover in den Messehallen der New York Autoshow viel höher. An der Spitze des allgegenwärtigen Allradsegments: die Luxusversion des besonders noblen Range Rover Autobiography, der im Innern nicht einen Wunsch unbefriedigt lässt. Das gilt - ganz anderes Segment - auch für den Tatendrang des neuen McLaren 570S, der selbst einem Power-Elfer Angst macht.
Doch auch in big Apple gibt es unspektakuläre Autos für die breite Masse. Dabei sorgt der Nissan Maxima mit seinem markigen Design noch für den eindrucksvollsten Auftritt. Bodenständiger geht es beim Toyota RAV4, der endlich auch als Hybridmodell kommt, oder dem großen Chevrolet Impala zu, der in den USA seit Jahren eines der Erfolgsmodelle ist. Da will der neue Kia Optima erst noch hin und die zumindest sind die Chancen gut, dass der Koreaner den amerikanischen Günstig-Passat unter Druck setzt.
Die Wolfsburger haben in Big Apple eine paar bunte Beetles und den rustikalen Golf Alltrack im Gepäck. Echte Neuheiten: Fehlanzeige. Ebenso bei Herstellern wie BMW, Audi oder Fiat/Chrysler. Scheinbar wollen doch nicht alle in New York glänzen.
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