Einen Werkstattmeister bei Porsche hätte man sich irgendwie anders vorgestellt. Kuno Werner ist nicht einmal 40 und eine doppelte Handvoll Autofans klebt an seinen Lippen. Jedes seiner Worte wird aufgesogen, aufgeschrieben und tief verinnerlicht. Letztes Mal ging es um die G-Modelle, heute stehen die Porsche 911er der Baureihe 993 auf dem Programm. Noch keine Legende, aber dem besten Wege zu einer.
Denn der letzte Elfer mit charismatisch brüllender Luftkühlung hat sich in den vergangenen Jahren zu einem der beliebtesten historischen 911er-Modelle emporgearbeitet. Werner: "Der 993 ist ein Paradebeispiel für die Werthaltigkeit eines Porsche-Modells. Ist bisweilen unglaublich, was auf dem Gebrauchtwagenmarkt für Fahrzeuge dieses Typs verlangt wird."
Kein Wunder, dass die 993-Fans in dem heutigen Workshop Feuer und Flamme sind. Die Kosten für den Halbtages-Workshop sind ein echter Knaller. Gerade mal 110 Euro will Porsche als Teilnahmegebühr haben. Dafür gibt es jede Menge Tipps zu Stärken und insbesondere Schwächen des Modells, zahlreiche findige Kniffe und jede Menge Anschauungsunterricht.
Die meisten Teilnehmer standen bereits eine gute Stunde vor Workshop-Beginn im Erdgeschoss des Porsche-Museums und fieberten wie Erstklässler bei der Einschulung dem Kursbeginn entgegen. In die heiligste Halle des Museums kann man von außen durch eine gigantische Glasfront hineinschauen. Dort werden die Porsche-Modelle für Ausstellungen, Oldtimerrallyes und Messen fit gemacht. Alles unter der Regie des 37jährigen Werkstattleiters Kuno Werner. Der fährt – wie könnte es anders sein – privat selbst einen 993. Keine Überraschung auch, dass die meisten Kursteilnehmer ebenfalls ein 911er-Modell der Baujahre 1993 bis 1998 in der Garage stehen haben.
24 Alpenpässe in 24 Stunden
Objekt der Begierde ist am heutigen Tage ein Porsche 993 Carrera 4 mit exakt 100.022 km auf dem Tacho. Der rote Renner mit umfangreichen Werbeaufklebern ist alles andere als ein Niemand. Ohne Probleme schaffte das Testmodell aus dem Baujahr 1994 damals die härtesten Martertests. "Dieser Elfer hat seinerzeit 24 Alpenpässe in 24 Stunden geschafft, dazu kamen 2.000 Kilometer Vollgas in Nardo mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 251 km/h und ein harter Arktistest", erklärt Werner die ungewöhnliche Historie: "Vorsichtig gesagt ist dieser 993 überarbeitungswürdig."
Ihm und seinem vierköpfigen Team macht in Sachen Porsche keiner etwas vor. Der Autofreak erspart seinen Zuhörern jegliches Marketinggeschwafel und packt gerne ein paar Geschichten und Preziosen aus. "Kaum jemand weiß, dass es vom 993 sogar das Exemplar eines Speedsters gab. Zudem hat Porsche insgesamt 14mal das 993 Turbo Cabrio gebaut."
Das rote Anschauungsmodell 911 Carrera 4 ist nach den harten Fahrtests, die mehr als 15 Jahre zurückliegen, in die Porsche-Sammlung übergegangen und seither keinen Meter gefahren. "Wir haben den Unterboden mit Trockeneis gereinigt", zeigt Werner, "das war’s." Er hat eine Arbeitsliste in der Hand – sieht alles aus wie bei der großen Inspektion. Doch Kuno und seine Schüler wollen heute ans Eingemachte.
Klaus Wolters ist ebenfalls 993-Fan. Er ist auf der Suche nach einem Gebrauchten in vernünftigem Zustand. Aktuell fährt er einen Porsche 911 der G-Baureihe aus dem Jahre 1987. "Mein Carrera hat aktuell 270.000 Kilometer gelaufen. Ein 87er mit Kat, den ich meinem ehemaligen Chef abgekauft habe", erzählt der rüstige Rentner. "Vor gut zehn Jahren habe ich 24.000 Mark in eine Motorrevision gesteckt. Seither bin ich 50.000 Kilometer gefahren – ohne Probleme. Nur die Kotflügel waren nach einem Unfall durchgefault und mussten gemacht werden."
In erster Linie Fan
Die Teilnehmer an dem Workshop diskutieren derweil über die beliebten Variocam-Modelle, die dem 993 zum Ende des Modellzyklus Flügel verliehen. "Ich habe ein Cabrio mit 3,8 Liter Variocam. Oben herum, so ab 5.000 Touren brüllt der richtig", schwärmt ein Optiker, "so etwas gibt es heute doch gar nicht mehr."
Kuno Werner werkelt unter den aufmerksamen Blicken seiner Fans mittlerweile am Sicherungskasten herum. Bei einem Gebrauchten solle man auf die Relais aufpassen, erzählt er. Viele seien nicht mehr original und so könne es zum Beispiel beim Motorsteuergerät schon einmal Ärger geben. Der ein oder andere Teilnehmer schreibt nach wie vor kräftig mit.
In einem Werkstattwagen zeigt Kuno Werner zahlreiche Ersatzteile des 993. "Keilriemen und Spannscheiben sind wichtig und besonders die unterschiedlichen Ersatzkeilriemen sollte man immer dabei haben", erläutert er: "Kosten nicht viel, aber wenn sie einmal reißen, wird es richtig teuer." Scheinwerfer, Elektrik, Klimaanlage, Handschaltung oder Fahrwerk – Werner nimmt sich den knallroten Elfer Stück für Stück akribisch vor und erklärt, was das Zeug hält.
Aus den avisierten drei Stunden Kurzlehrgang zum Thema 993 ist wieder einmal nichts geworden. Gespräche, Tipps, Rückfragen und Fachsimpeleien über Ersatzteile – nicht selten steht Kuno Werner mit seinen Elfer-Jüngern noch am Abend in der Werkstatt des Museums. Es scheint ihm Spaß zu machen. Schließlich ist er in erster Linie nicht Werkstattmeister, sondern Elfer-Fan – wie alle anderen hier auch.
|