Aus dem einstigen Szenetreff der GTI-Junkies ist inzwischen ein Event des VW-Konzerns geworden, der seinesgleichen sucht. Die echten GTI-Fans kommen noch immer - doch mittelweile dröhnen und grollen auch getunte Seat Leon, Audi A5 oder scharf gemachte Skoda Octavia durch das enge Spalier in dem verschlafenen Ort Reifnitz am Wörthersee. Was in Sachen VW-Tuning machbar ist, das kann beim GTI-Treff bestaunt werden.
Längst vorbei sind die Zeiten, in denen es Grabenkämpfe zwischen den GTI-Jüngern und den Fans anderer Marken gab. Zerkratzte 3er-BMW und verunglimpfte Opel Astra hat am Wörthersee schon lange keiner mehr gesehen. Nicht nur alt eingesessene Besucher monieren, dass das GTI-Treffen seine Natürlichkeit, die Jungfräulichkeit vergangener Jahre verloren hat. Als sich die Fans des Massensportlers VW Golf GTI im Jahre 1981 zum ersten Mal am Wörthersee trafen, kam die neue deutsche Welle erst langsam auf Touren.
2011 feiern die Golf-Fans am Wörthersee zwei runde Jahrestage. Zum einen den 30. Geburtstag des Treffens selbst und den 35. Geburtstag ihres Idols, des Golf GTI. Aus den einst 110 PS des Ur-GTI sind mit der neuen GTI-35-Edition 235 Pferde geworden. Der GTI gehört noch immer zu den sportlichsten Fahrzeugen in dem Segment, das er begründet hat. Aus dem Fan-Treffen ist am Wörthersee eine Massenveranstaltung mit kräftiger Unterstützung des VW-Konzerns geworden.
Unser Wörthersee-Kalender |
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Viele Fans kommen nicht allein, sondern bringen Freunde, ihren Club oder die Familie mit nach Kärnten. Michael aus dem Mayenkreis hat seinen Golf R32 ungewöhnlich individualisiert. Er ist komplett mit bunten Punkten überzogen: "Es hat drei Tage gedauert, ehe alle Punkte auf dem Wagen drauf waren." Für zusätzlichen Charme bei seinem "R-König" sorgen die hellblau lackierten Alufelgen.
Doch in den Gassen von Reifnitz gibt es noch spektakulärere Vehikel zu entdecken. Hier ein überbreiter Corrado-Umbau im Testarossa-Stil, dort ein Käfer der Generation II und ein Stück weiter ein übel verunstalteter Golf III von 1992. Mehr und mehr setzt sich das klassische Tuning durch. "Ich wollte meinen Golf I so original haben, wie er 1981 vom Band gelaufen ist", sagt der 25jährige Thomas aus der Nähe von Kaiserslautern: "Nur eben ein bisschen besser."
Bollern im Heck
Der grüne Metallic-Lack strahlt wie am ersten Tag. Statt der am Wörthersee inflationären Flachbildschirme gibt es im Innern des Golf ein altes Blaupunkt-Radio und außen eine Teleskopantenne. Das Schiebedach hat Thomas eigens anfertigen lassen. Es sieht wie das gesamte Interieur völlig neu aus. Unter der Motorhaube strahlt ein edelstahlverkleideter Vierzylinder mit gerade einmal 70 PS. "Ich baue an dem Wagen schon über drei Jahre herum", erzählt der Golf-Fanatiker. "Er ist mein vierter Golf und mein bester. Aber ich habe natürlich auch noch einen GTI."
Während sich in den vergangenen vier Jahren immer mehr VW-Konzernmarken unter die GTI-Fans gemischt haben, gibt es bislang nur eine Handvoll Porsche zu sehen. Bei dem ein oder anderen VW Bulli bollert im Heck zwar ein Sechszylinder-Boxer aus Zuffenhausen. Doch die paar versprengten Boxster und zwei 911er werden von Fabrikaten wie Skoda Fabia, Seat Leon und einer größer werdenden Audi-Armee in den Hintergrund gedrückt. Das dürfte sich in den nächsten Jahren ändern.
Die professionellen Fanstände von VW, Seat, Audi und Skoda könnten auch auf einer internationalen Automesse bestehen und bei welchem Markentreff zeigt ein Hersteller schon Weltpremieren wie den VW Golf GTI 35, ein 503 PS starkes Audi A1 Concept Quattro oder das spektakuläre VW Golf R Cabriolet – ebenfalls 270 PS stark?
Viele GTI-Fans bekommen die großen Aufritte schon gar nicht mehr mit. Wenn spärlich bekleidete Mädchen Ganzkörper-Golf-Waschungen anbieten, AC/DC aus den Boxen dröhnt und der Alkohol aus Eimern fließt, ist es bisweilen schwer, auf der Höhe zu bleiben. Immerhin: Nach vier Tagen GTI-Spektakel ist alles vorbei und zwischen Velden und Klagenfurt kehrt wieder Ruhe ein – bis zum großen Schlagertreff im Juli oder dem nächsten GTI-Treff.
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