Zumindest zunächst. Denn einen Preis hat die schnelle Hatz: Die Touareg werden extrem belastet. Und so manches Schlagloch ist nicht mehr rechtzeitig auszumachen. Wie die zwei, die den Goodyear-Touareg kurz nacheinander durchschütteln. Und den ohnehin schon angeschlagenen Stoßdämpfern den Rest geben. Bis nach Panama sind es noch 400 Kilometer. Und bei mehr als 50 km/h beginnt sich der Wagen hinten unkontrollierbar aufzuschaukeln. Eine nervenzehrende Fahrt durch die Nacht beginnt, immer an der Grenze der Belastbarkeit. Von Autos und Menschen. Und Reifen - dass die bis hierhin durchgehalten haben, grenzt an ein Wunder.
Jeschke und sein Beifahrer Ralph Stegbauer, Inhaber eines VW Autohauses, organisieren während der Fahrt per Handy und Sat-Telefon Reparaturmöglichkeiten bei VW in Panama, sorgen dafür, dass die richtigen Ersatzteile bereit liegen, lassen Reparaturanleitungen von Deutschland nach Mittelamerika faxen. Zudem beginnt in den Autos eine genervte Diskussion über materialschonendere Fahrgeschwindigkeiten und die Kommunikation im Team. Die Nerven, zeigt sich, liegen blank. Auch die Federung eines zweiten Touareg macht nun Probleme. Und keiner weiß, was man in der VW-Werkstatt von Panama City alles repariert bekommt, bevor am Abend ein fest gebuchtes Frachtflugzeug die Fahrzeuge nach Kolumbien fliegen soll.
Skurriles Schauspiel
Zusammen mit dem Chef des panamesischen Autohauses sucht das Teams nach Möglichkeiten, nicht nur die völlig heruntergefahrenen Reifen, sondern auch gleich in zwei Fahrzeugen die Stoßdämpfer zu ersetzen. Nur ein Ersatzteil-Paar hat man dabei. Und ob die Zeit für beide Autos reicht, ist fraglich - nur gut zwei Stunden. Was bleibt, ist ein Kompromiss: Neue Reifen, ja, aber neue Stoßfänger und Achsvermessung erst einmal nur für das Goodyear-Auto. Das hat es am schlimmsten erwischt. Durch Kolumbien und bis zu einer besseren Gelegenheit zur Montage müssen die anderen einfach durchhalten.
Tun sie auch. Bis in die peruanische Hauptstadt Lima. Dann geht einem der RunOnFlat-Reifen mitten im chaotischen Innenstadtverkehr die Puste aus. Und funktioniert trotzdem weiter. Der 3,5 Tonnen schwere, voll beladene Touareg schafft es leicht schräg und mit plattem Hinterrad mit 60 bis 70 km/h durch das Verkehrsgewühl bis zum Zielpunkt an der Universität. Den Militärs in Equador und Peru ist zu verdanken, dass viel von der verlorenen Zeit wieder aufgeholt werden konnte. Nicht nur wegen des Begleitschutzes, der für freie Fahrt sorgte. "Es war schon ein skurriles Schauspiel, als an einem der bevökerungsreichsten Grenzübergänge der gesamten Fahrt – dem von Equador nach Peru – zehn schwerbewaffnete, schwarz gekleidete Einsatzkräfte aus ihren Begleitfahrzeugen sprangen und uns zu allen Behördengängen etc. begleiteten", sagt Matthias Jeschke: "Und das inmitten von vielleicht 2000 Menschen."
Unter Beifall durch Peru
Auch die peruanischen Grenzer kommen wohl wegen dieses Schauspiels etwas in Hektik. Schon nach ein paar Minuten teilt ein Offizier dem Team mit, man habe sämtliche Polizeistationen und Checkpoints in Peru über den Konvoi informiert. Jeschke: "Sind sie schon mal auf 2800 km alle 50 bis 100 km freundlich von Polizisten gegrüßt, bewunken, beklatscht und angefeuert worden?" In Lima ist endlich auch Zeit, die Achseinstellungen der Touareg nach zu regeln und den immer noch beängstigenden Reifenverschleiß wenigstens etwas zu mildern.
Aber noch ist die Tortur nicht vorüber. Die Touareg sind fertig. Und ein paar tausend Kilometer durch Chile und Argentinien stehen noch bevor. Mittlerweile hängt an jedem Fahrzeug ein Laptop VW-eigener Software zur Behebung von Elektronikfehlern während der Fahrt. In allen Autos muss ständig Wasser nachgefüllt werden. Die Ladedruckregelung funktioniert eher nach dem Prinzip Zufall. Die Autos können wegen der Notlaufprogramme zeitweise nur noch mit maximal Tempo 80 fahren. "Und," sagt Jeschke, "wir riechen sicher nicht besser als alter Limburger Käse und fühlen uns auch so."
"Alles ist gut"
Aber auch Autos sind nur Menschen. Je näher der Konvoi Ushuaia kommt, um so besser laufen die drei Touareg wieder. Als wollten sie so dicht vor dem Ziel nicht doch noch aufgeben. Auch bei den Fahrern ist die Müdigkeit verflogen. Jetzt will man nur noch ankommen - und zwar um jeden Preis und immer noch in Rekordzeit. "Wir kamen bei Sturm an der Magellanstraße an", schildert Jeschke: "Auf den letzten 50 km hatte es uns noch zwei Reifen regelrecht zerfetzt. Wie Messer schnitten die Teile die auf der Fahrbahn lagen, ganze Profilblöcke mit Karkasse aus zwei Reifendecken. Mit einem defekten Reifen fuhren wir noch bis an die Ablegestelle und wechselten dann – die Fähre schon in Sichtweite – in Rekordzeit den Reifen."
Nach der Überfahrt warten noch 300 Kilometer auf das Team. Im dichten Schnee. Und mit 20, 30 km/h auf Schleichfahrt durch den Sturm - bis zum Ende der Ruta 3. "Wir erreichten Ushuaia um 15.25 Uhr Ortszeit und stellten damit verschiedene neue Weltrekorde auf", schreibt Jeschke in sein Tagebuch: "Alles ist gewonnen. Alles ist gut. Wir sind mehr als glücklich."
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