Das Dortmunder Unternehmen Stellfeld & Ernst hat gezeigt: Selbst ein amerikanischer Geländewagen-Gigant verursacht nicht mehr Treibstoffkosten als ein PKW. Die Firma hat einen nagelneuen Hummer H2 auf Flüssiggasbetrieb umgerüstet. "Das dürfte in Deutschland der einzige Hummer sein, der mit Gas fährt", sagt Christian Kräft, Elektro- und Kfz-Meister und Technischer Leiter bei S&E.
Der Durst selbst ist zwar ungebremst: Das 120.000 Euro teure Stahlmonster verbraucht mehr als 30 Liter Gas auf 100 Kilometern. Aber der Preis macht's: Ein Liter Flüssiggas kostet je nach Region nur 50 bis 60 Cent, im Abonnement bei einigen Tankstellen sogar nur 40 Cent. Da rechnet sich die Umstellung schnell.
Ich geb' Gas
66 Stunden hat das Team von S&E für die Umrüstung des bärigen V8-Motors im Hummer gebraucht. Für die beiden Zylinder-Gastanks im Kofferraum mussten die Mechaniker ein spezielles Metallgestell bauen. "Wir haben diese Umrüstung für einen Firmenkunden zum Aktionspreis gemacht – uns ging es vor allem darum zu zeigen, was man mit modernen Autogasanlagen alles machen kann", sagt Christian Kräft.
In einer Zeit, in der die Benzinpreise an den Hit "Ich will Spaß, ich geb’ Gas" aus den 80er Jahren erinnern (Wie heißt dort die Prophezeiung: "Und kost’s Benzin auch 3 Mark 10, sch…egal, es wird schon geh’n"), ist Flüssiggas gefragt wie nie. Denn heute heißt es: "Gib mir Gas, ich will spar’n". Etwa 600 Autos hat S&E bereits auf Gasbetrieb umgebaut, die Nachfrage wächst ständig. Die meisten umgerüsteten Autos haben einen bivalenten Antrieb: Sie können sowohl Gas als auch Benzin verbrennen. Der Wagen startet mit Benzin und stellt bei einer Kühlwasser-Temperatur von 37 Grad Celsius auf Flüssiggas um. Der Fahrer kann jederzeit zwischen Benzin- und Gasbetrieb umschalten.
Mehr kommt billiger
Wenn das Gas im Tank zur Neige geht und man volles Rohr fährt, berichten manche Fahrer über Zündaussetzer. Ansonsten gibt es allenfalls minimale Leistungseinbußen. Der Gas-Verbrauch liegt allerdings etwa 10 bis 30 Prozent höher als der Benzinverbrauch. Bei den günstigen Autogas-Preisen kann sich die Umrüstung trotz des Mehrverbrauchs aber dennoch schon nach 15.000 Kilometern Jahreslaufleistung auszahlen. Bei einem PKW mit Vierzylinder-Motor kostet die Umrüstung 2.450 Euro, für einen Sechszylinder sind es 2.900 Euro, beim Achtzylinder 3.200 Euro.
Die Umstellung auf Gas ist nur möglich bei Motoren, die ein Multi-Point-Einspritz-System haben - also nicht bei Dieselfahrzeugen oder älteren Autos. Durch die hohe Oktanzahl (110 Oktan gegenüber 95 beim Super-Benzin) ist das Gas schonend für den Motor. Zudem verbrennt es nahezu ohne Ruß- und Schwefelausstoß.
Umbau
Die Teile für den Gasantrieb bezieht S&E von den italienischen Herstellern Prinz, Landi und Landirenzo. Der Gastank für einen normalen PKW ist so groß wie ein Autoreifen und wird denn auch meistens in der Reserveradmulde untergebracht. Ein Reifenfüll-Kit ersetzt den Reservereifen. "Der Treibstoff ist im Tank bei einem Druck von 20 bar flüssig. Er wird über Leitungen in den Motor geführt und dort bei etwa 2,5 bar gasförmig gemacht“, erklärt Christian Kräft.
Im Innenraum eines umgebauten Autos erinnert nur ein kleiner Knopf an der Mittelkonsole daran, dass unter der Haube neben Benzin auch Autogas verbrannt wird. Die Anlage selbst ist wartungsfrei. "Es muss nur alle 20.000 Kilometer ein Filter ausgetauscht und alle 10 Jahre der Tank kontrolliert werden", sagt Christian Kräft. Die Neuwagen- und Werksgarantie bleibe nach einem Umbau erhalten. Auch eine Demontage der Anlage sei jederzeit möglich.
Dünnes Netz
Manche Autofahrer lassen ihre Fahrzeuge im benachbarten Ausland, etwa in Polen, umrüsten. "Dann braucht man für den deutschen TÜV ein Abgasgutachten, das etwa 750 Euro plus Steuern kostet", sagt Christian Kräft. Er rechnet damit, dass der Bedarf nach Autogas-Anlagen weiter steigen wird. Immer mehr Hersteller bieten bereits ab Werk Autogas-Fahrzeuge an.
Ein Manko für Flüssiggas-Tanker ist das noch dünne Tankstellen-Netz. Bislang gibt es in Deutschland nur etwa 1000 öffentlich zugängliche Tankstellen, die sich vor allem in den Ballungsräumen konzentrieren. In ganz Europa existieren ungefähr 20.000 Gas-Zapfstationen.
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