Kurz & bündig
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[+] Sehr gute Fahrleistungen, grandioser Innenraum, exzellente Verarbeitung, eherausragendes Fahrwerk, umfangreiche Assistenzsysteme |
[-] Hoher Preis, teure Extras, kein leistungsstarker Diesel |
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Wenn eine neue S-Klasse kommt, dann hält die Automobilwelt kurz den Atem an. Und wer sie gefahren ist, der sollte ein paar Sekunden mit dem Ausatmen innehalten. Ganz klar: Besser ist eine Luxuslimousine noch nie gewesen. Auch wenn der Audi A8 bisher im Innenraum Maßstäbe setzte, der 7er BMW auf der Straße brillierte und einen der Rolls-Royce Phantom auf Wolken schweben ließ.
Mit der Einführung der neuen S-Klasse der Baureihe W 222 werden die Karten neu gemischt und der Stern aus Stuttgart liegt jeweils als erstes Blatt ganz oben. Das Dank zweier Kameraaugen vorausschauende Fahrwerk erkennt Bodenunebenheiten im Voraus und gleicht diese aus. Wie von Geisterhand schwebt der Mercedes S 500 Dank Magic Body Control zum Beispiel über Temposchwellen. Man merkt selbst bei Tempo 40 nichts. Die lokalen Ordnungsbehörden müssen sich zur Tempobegrenzung wohl bald etwas Neues einfallen lassen oder darauf hoffen, dass möglichst wenige Kunden sich für die S-Klasse entscheiden.
Doch nicht nur das Komfortverhalten der S-Klasse ist gigantisch. Auch bei der Fahrdynamik bringt den Mercedes S 500 den Platzhirschen BMW 750i in Probleme - und wie. Die Lenkung des Schwaben könnte durchaus noch etwas präziser sein - will aber in dieser Liga niemand wirklich haben.
Eindrucksvoll sind die Verbesserungen, wie der W 222 seine üppige Motorleistung auch ohne Allradantrieb (folgt im Winter) auf die Fahrbahn bringt. Eine enge Kehre scharf angefahren, abgebremst, eingelenkt und voll aufs Gas. Das Trampeln des Vorgängers ist Geschichte. Bullig bollert der Markenpolierer den Hang hinauf als wäre es gar nichts. "Wir haben sehr viel Wert auf die Entwicklung des Fahrwerks gelegt", unterstreicht denn auch Entwicklungsleiter Hermann-Joseph Storp: "Der Vorderwagen besteht komplett aus Aluminium. Keine S-Klasse wiegt mehr über zwei Tonnen."
Das fehlende Head-Up-Display wird in der neuen S-Klasse kaum vermisst
Der Luxus im Innenraum kennt kaum Grenzen. Kein hochgezüchtetes Leder mit Strahlemann-Effekt, sondern ehrliche, ebenso griffige wie bequeme Luxusssitze mit viel Komfort. Natürlich brillieren Beinauflage, Seitenhalt und Massage. Nur die Sitzlüftung bietet kaum mehr als ein laues Lüftchen von unten. Dafür lässt einen Massagefunktion träumen und die Liegefunktion im S 500 L räumt selbst 1,90 Meter langen Hünen genug Raum für ein Nickerchen ein.
Der Fahrer schaut auf zwei große 12,3-TFT-Displays, deren Inhalt sich ganz nach Gusto variieren lässt. Beide Displays haben keine Retina-Qualität - aber klasse ist der Blick trotzdem. Das fehlende Head-Up-Display wird kaum vermisst. Nur der schwarze Bedienbalken in der Mitte mit einem Drehrad für die Instrumentenbeleuchtung scheint aus vergangenen Dekaden zu stammen.
Das gilt auch für den nur ertastbaren Tempomatbedienhebel hinter dem Lenkrad. Zumindest bei der neuen S-Klasse hätte man sich diese Bedienung einfach und entsprechend illuminiert am Lenkrad gewünscht, das mit seinen zwei Speichen ebenfalls nur eingeschränkt gefallen kann. Statt der üblichen Glühlampen wird das Stuttgarter Punkschluss von 500 LED illuminiert und in Szene gesetzt.
Wenig Neues bietet die neue S-Klasse in Sachen Antrieb. Klar wurde hier wie da überarbeitet; aber die Neungang-Automatik lässt noch zwei Jahre auf sich warten. Trotzdem liefert der S 500 eine bärenstarke Vorstellung ab, die wie gehabt für alle anderen Maßstäbe setzt. Der 4,7 Liter große Turbo-V8 ist dabei die Idealbesetzung für die S-Klasse. Und nur beim 500er-V8 ist das Zauberfahrwerk zu bekommen.
Bleibt der Preis - und der bleibt was er ist: S-Klasse
335 kW/455 PS und 700 Nm maximales Drehmoment zwischen 1.800 und 3.500 U/min katapultieren einen derart beiläufig voran, dass man schlicht nicht mehr aussteigen möchte. Von 0 auf Tempo 100 in 4,8 Sekunden, 250 km/h Spitze und dabei ein Normverbrauch von 8,6 Litern - beeindruckende Daten für eine Luxuslimousine, die keine Sportversion ist. "Die S-Klasse erreicht Verbrauchs- und Emissionswerte, die vor wenigen Jahren selbst in der Mittelklasse utopisch schienen", sagt Daimler-Entwicklungs-Vorstand Thomas Weber und verspricht: "Schon bald folgt mit dem S 500 Plug-In HYBRID die erste S-Klasse, die beim Verbrauch eine Drei vor dem Komma tragen wird."
Fehlt der Mercedes S-Klasse überhaupt etwas? In jedem Fall ein starker Topdiesel, mit weit über 300-PS-Urgewalt, die Audi, BMW, Porsche und Range Rover längst bieten. Dem haben die Schwaben nichts außer dem dünnen Vertreter-Diesel im Mercedes 350 Bluetec mit 258 PS entgegenzusetzen. Zudem bleibt unverständlich, wieso die neuen Hightech-LED-Scheinwerfer mit Matrix-LED-System erst im Frühjahr 2014 kommen.
Bleibt der Preis - und der bleibt was er ist: S-Klasse. Die Idealbesetzung Mercedes S 500 kostet mindestens 104.601 Euro - die bessere Langversion ist ab 107.635 Euro zu haben. Mit entsprechenden Sonderausstattungen ist unter 120.000 Euro nichts und unter 130.000 Euro nur wenig zu machen.
Die größte Bedeutung in Deutschland dürfte erst einmal der S 350 Bluetec haben, der mit kurzem Radstand mindestens 79.789 Euro kostet und 5,6 Liter Diesel verbrauchen soll. Das Basismodell S 300 Bluetec Hybrid soll mit einem cw-Wert von 0,23 gerade einmal 4,4 Liter Diesel verbrauchen. Wem all das so nicht zusagt, der muss auf die nächsten Varianten warten - und die sind üppig: Allradler, eine Super-Langversion, zwei AMG-Modelle, ein weiterer Zwölfzylinder und ein Sparhybrid-Diesel kommen in den nächsten Monaten.
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"Die neue S-Klasse ist wieder die neue Referenzklasse bei den Luxuslimousinen. Vor allem die Technologie des Fahrwerks ist schlicht überirdisch."
Stefan Grundhoff |
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