Kurz & bündig
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[+] Very british, hochwertige Anmutung, kraftvoller Motor |
[-] Wenig Sitzhöhe, Navigation nur im Stand zu bedienen, billige Armaturen |
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Der Unterschied des Topmodells zu den Klassensprechern Mercedes S-Klasse, Audi A8 oder BMW 7er kam einem Quantensprung gleich. Doch die Zeiten ändern sich: Der aktuelle Jaguar XJ braucht sich gegen die einst übermächtige Konkurrenz nicht zu verstecken. Endlich sagt bei einem Jaguar nicht nur das Herz, sondern auch der Kopf: "Ja". Im Praxistest legte der Premium-Achtzylinder von der Insel eine blitzsaubere Vorstellung hin. Die siebte XJ-Generation ist die mit Abstand beste.
Beim Outfit des traditionsreichen Jaguar XJ hat sich nicht viel getan. Der XJ ist auf den ersten Blick als solcher zu erkennen. Vorne gibt es die markanten Rundscheinwerfer, hinten den betont flachen Kofferraumdeckel und an der Seitenlinie den eleganten Hüftschwung – so muss ein Jaguar-Flaggschiff heute aussehen. Deutlich drahtiger als sein Vorgänger, dabei so betont unaufdringlich und eine Spur dekadent, dass es einem auf den zweiten Blick fast Angst macht. Wer möchte so einem Jaguar nicht in der Hofauffahrt stehen haben? Kühlergrill, Türgriffe und die zahllosen anderen Chromapplikationen verzücken das Auge auf eine besondere Art.
Abgespeckt
Bereits der zeitlos schöne Maßanzug des Briten ist High-Tech. Statt die traditionelle schwere Stahlkarosse durch die Gegend zu schleppen hat er durch den Einsatz von Aluminium mächtig abgespeckt. Obwohl der XJ deutlich gewachsen ist, bringt er rund 200 kg weniger auf die Waage. Während die Konkurrenz mit einem Leergewicht zwischen 1.900 und 2.200 kg über die Straße schwebt, wiegt der Jaguar XJ 8 nur knapp 1,7 Tonnen. In Sachen Fahrdynamik macht sich jedes Kilogramm Gewichtsersparnis doppelt bemerkbar.
Selbst auf kurvigen Landstraßen fegt der Hecktriebler um die Ecken, dass allenfalls der allradgetriebene Audi A 8 noch mithalten kann. Die Karosserie zeigt selbst im Grenzbereich keinerlei Nick- oder Wankbewegungen; dazu gibt es eine präzise Lenkung und eine kräftige Bremsanlage die auch bei Dauerbelastung nicht schlapp macht. Für den hohen Fahrkomfort sorgt die serienmäßige Luftfederung, die die Passagiere wie auf einem Teppich trägt. Dabei ist das Fahrwerk angenehm straff, niemals hart und überlegen abgestimmt. Was hat es das von einem Jaguar schon einmal gegeben? Zudem hat der Brite deutliche Sicherheitsreserven. Man hat nie das mulmige Gefühl, die Katze würde einem entgleiten.
Power für das Kätzchen
Für den standesgemäßen Antrieb sorgt ein 3,5-Liter-V8-Triebwerk mit 190 kW/258 PS. Damit ist der XJ8 3.5 angesichts des niedrigen Gesamtgewichts überaus souverän zu bewegen - mehr Leistung muss nicht sein. Ein Tritt auf das Gaspedal, das Dank elektrischer Einstellung ebenso wie die Bremse perfekt am Fuß haftet - und schon macht die Katze einen Sprung nach vorn.
Der ruhig drehende Achtzylinder leistet ein maximales Drehmoment von 335 Nm und schafft den Spurt 0 – 100 km/h in 7,8 Sekunden; die Höchstgeschwindigkeit liegt bei gemessenen 239 km/h. Im Praxistest verbrauchte der XJ8 durchschnittlich 12,7 Liter auf 100 km. Der versprochene Normverbrauch von 10,7 Liter ist im Alltagsbetrieb nicht zu schaffen. Eine überzeugende Vorstellung liefert die neue serienmäßige Sechsgang-Automatik aus dem Hause ZF. Die passt ihre Schaltvorgänge weich der jeweiligen Geschwindigkeit an. Eine manuelle Schaltoption gibt es außer dem Sportmodus nicht.
Die gewachsenen Dimensionen machen sich im Innenraum auf den ersten Blick bemerkbar. Fahrer und Beifahrer sitzen bequem, wenngleich auch die üppigen Dimensionen der Konkurrenz fehlen. Der breite Mitteltunnel nimmt sich eine Menge Raum. Dafür ist die Bedienung vorbildlich. Den ein oder anderen Makel leistet sich der Jaguar dann doch. Der Lichtschalter z.B. hat am Blinkerhebel nichts zu suchen. Die wenigstens separat am Armaturenbrett zu bedienenden Nebelscheinwerfer liegen jedoch uneinsehbar über dem linken Knie. Das rechte Knie befindet sich ebenfalls in Gefahr. Der Autoschlüssel ragt gefährlich aus dem Armaturenbrett. Bei einem Aufprall kann das böse Folgen haben. Die Instrumente sind die Schwachstelle des ansonsten eleganten Cockpits. Sie lassen sich jederzeit gut ablesen – wirken für ein Fahrzeug der Luxusklasse mit ihrem Fiesta-Image jedoch allzu billig.
Etwas mehr Vertrauen, bitte
Nicht gefährlich, aber überaus nervig ist die Bedienung des Navigationssystems. Touch-Screen schön und gut – doch man kann das System aus Sicherheitsgründen nur im Stand bedienen. Etwas mehr Verantwortung sollten die Jaguar-Ingenieure dem Fahrer jedoch zugestehen. Bei einer Neujustierung des Ziels anzuhalten zu müssen – wer hat sich das nur ausgedacht? Da erfreuen schon eher die ausgezeichneten Ledersitze, die bequem sind und sich dem Körper nahezu perfekt anpassen. Leider gibt es derzeit jedoch keine Sitzlüftung. Das bietet immerhin bereits der kleine Konzernbruder Ford Mondeo.
Auch hinten lässt es sich leben. Die Kopffreiheit hat deutlich gewonnen. Das gilt auch für den Wohlfühlraum von Kopf und Beinen. In der herunterklappbaren Mittelarmlehne lässt sich unter anderem das Soundsystem bedienen. Der flache Kofferraum schluckt immerhin 470 Liter. Mehr muss nicht sein.
Der Basispreis für den Jaguar XJ8 3.5 liegt bei standesgemäßen 65.500 Euro. Die Serienausstattung ist auf den ersten Blick umfangreich, lässt sich jedoch – wie bei der Konkurrenz – deutlich erweitern. Das Sicherheitskonzept zeigt kein Schwächen. Neben ABS, Front-, Seiten- und Kopfairbags gibt es das elektronische Stabilitätsprogramm DSC und das von Jaguar entwickelte Rückhaltesystem "A.R.T.S.". Serienmäßig sind ansonsten Klimaautomatik, elektrische Ledersitze, 17-Zoll-Alufelgen und CD-Soundsystem. Elektrisch anklappbare Außenspiegel (400 Euro) kosten dabei ebenso Aufpreis wie Bi-Xenon-Scheinwerfer (960 Euro), Einparkhilfe vorn (240 Euro), elektrisches Heckrollo (300 Euro), Skisack (340 Euro) und DVD-Navigationssystem (2.820 Euro). Eine Menge Geld für ein Klasse-Auto. Aber noch nie war es schöner, in einer britischen Limousine zu fahren.
Wie entsteht ein Praxistest? Das erfahren Sie hier
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