Eins kann man dieser Marke nicht vorwerfen: Mangelnden Durchhaltewillen. Als Nissan seine Nobelsparte Infiniti vor vier Jahren in Europa einführte, verhagelte die Wirtschaftskrise einen glanzvollen Start. Als wichtige Modelle wie der M35h Hybrid vorgestellt wurden, warf die Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe den ganzen japanischen Automobilsektor zurück. Nun stellt Infiniti Pläne vor, die ehrgeiziger nicht sein könnten - und das mitten in der Eurokrise.
Doch Guillaume Pelletreau lässt sich nicht beirren. "2016 wollen wir global einen Marktanteil von zehn Prozent im Premium-Segment haben", sagt Infinitis Europa-Vertriebschef. 500.000 Autos wollen die Japaner dann weltweit verkaufen. 2011 waren es gerade einmal 145.000. Die europäischen Märkte sowie der Mittlere Osten müssen bis 2016 mit rund 100.000 Fahrzeugen zum erhofften Erfolg beitragen und damit ihren Absatz verfünffachen. Wachstum soll zudem der asiatische Raum bringen, 2014 startet die Infiniti-Produktion in China für den dortigen Markt.
Auch den deutschen Infiniti-Händlern steht viel Arbeit und ein Netzausbau bevor. Zurzeit gibt es hierzulande lediglich fünf Händler, bis 2016 sollen es mehr als 40 sein. Im Jahr 2011 konnten die Japaner in Deutschland 1030 Infinitis verkaufen, davon 683 FX. Das bullige SUV hat gerade ein Facelift erhalten. Erst seit es den V6-Diesel mit 238 PS gibt, klettern die Verkaufszahlen - vorher gab es ausschließlich durstige Benzinmotoren. Die Nummer Zwei in den deutschen Verkaufscharts ist die Limousine der M-Serie, erst dann folgt das kleinere SUV EX. In anderen Ländern wie den USA gibt es zudem noch größere Modelle wie den Infiniti QX.
Die halbe Million ist freilich allein mit SUV und dicken Limousinen nicht zu erreichen. Ein großer Teil des geplanten Wachstumsschubs soll deshalb auf ein neues Fahrzeug im C-Segment zurückgehen. Der Kompaktwagen startet 2014 und wird beim Automobilzulieferer und -produzenten Magna Steyr gebaut. "Das Fahrzeug stellt für Infiniti eine bedeutende Möglichkeit dar, neue Kunden anzusprechen und in Schlüsselmärkten wie Westeuropa zu wachsen", glaubt Infinitis Senior Vice President Andy Palmer.
Wo genau die Produktion startet, steht noch nicht fest - Magna Steyr hat Werke im österreichischen Graz und in Polen. Durch die Produktion in Europa umgehen die Japaner das Wechselkurs-Problem mit dem starken Yen, der Importe aus Japan teuer macht.
Elegant gezeichnete Studie
Wie das neue Kompaktmodell aussehen könnte, darauf weisen Studien wie der 4,4 Meter lange Infiniti Etherea oder der viertürige LE Concept hin. Vor allem der LE wirkt vielversprechend. Dass die elegant gezeichnete Limousinen-Studie mit dezenten Crossover-Elementen und Batterieantrieb samt induktiver Ladung von vorn ein wenig an die neue B-Klasse von Mercedes erinnert, dürfte Zufall sein.
Technisch allerdings wird bei Infinitis Kompaktmodell tatsächlich Mercedes unter der Haube stecken, wenn auch nicht unbedingt Elektroantrieb. Die Kooperation des Renault-Nissan-Konzerns mit Daimler führt dazu, dass die Japaner auf die neue Frontantriebsplattform der A- und B-Klasse zugreifen können. Infinitis Kompaktauto, in welcher Karosserieform es auch immer erscheint, startet also mit modernsten Vierzylindermotoren.
Man werde diese Motoren "überall dort einsetzen, wo es Sinn macht", sagt Infiniti-Sprecher Alexander Sellei. Auch die G-Serie, deren Überarbeitung 2013 ansteht, dürfte dann in den Genuss der kleinen sparsamen Motoren kommen. Die als Limousine, Coupé und Cabriolet angebotene G-Serie tritt gegen 3er BMW, Mercedes C-Klasse und den Lexus GS an.
Es bleibt abzuwarten, ob Infiniti seine hochfliegenden Pläne weltweit und vor allem in Europa verwirklichen kann. Lexus etwa ist es selbst nach vielen Jahren nicht gelungen, sich ein nennenswertes Stück vom europäischen Premium-Kuchen abzuschneiden. Immerhin hat Infiniti der Nobelmarke von Toyota eines voraus: Das Infiniti-Design ist wesentlich mutiger und polarisierender.