Die drei großen US-Hersteller Ford, General Motors und Chrysler haben bewegte Jahre hinter sich. Auf ihrer Heimmesse in Detroit können sie sich keine Schwäche erlauben. Die Motorshow ist eine der wohl wichtigsten Automesse – besonders für die US-Hersteller. Hier wollen sie sich in Szene setzen. Von den "Big Three" hat Ford die Krise am besten hinter sich gebracht.
Ford-CEO Alan Mulally ist in Wirtschaftskreisen mittlerweile fast zum Popstar avanciert. Als einziger Hersteller aus dem Triumvirat musste Ford bei der US-Regierung nicht um Staatshilfen betteln. Mit einem harten Sparkurs und neuen Ideen kam die Marke aus Dearborn schneller als erwartet aus dem Gröbsten heraus.
Auch wenn noch nicht alle Probleme beseitigt sind, zeigt sich Ford derzeitig dennoch gut aufgestellt. Konzernableger wie Aston Martin, Jaguar und Land Rover wurden verkauft. Mazda geht eigene Wege und eine Altlast wie die Marke Mercury wurde - wenn auch spät - schlicht abgestellt. Ford konzentriert sich wieder auf das wesentliche.
Die üppig dimensionierte Mittelklasselimousine Ford Taurus präsentiert sich zeitgemäß und der kleine Fiesta wurde aus Europa kurzerhand als Imagekleinwagen nach Nordamerika geholt. Mit einer Reichweite von mehr als 40 Meilen pro Gallone (3,8 Liter) gehört der Fiesta zu den sparsamsten Autos auf dem US-Markt. Besonders groß sind die Erwartungen an den neuen Focus, der erstmals als echtes Weltauto konzipiert wurde und nahezu zeitgleich auf mehreren Kontinenten startet. Alan Mulally: "Vor ein paar Jahren war wir kaum irgendwo best in blass. Wir sind dabei das nachhaltig zu ändern."
Fords Weltstrategie
Doch nicht nur der Focus soll weltweit seine Klasse aufmischen. Auch die C-Max-Familie hat nach der Premiere in Detroit den Sprung über den Atlantik geschafft - vor Jahren undenkbar. Und selbst der Kleinlaster Ford Connect erfreut sich mittlerweile bei Gewerbetreibenden in den Vereinigten Staaten großer Beliebtheit.
Besonders wichtig für den Erfolg ist die neue Generation der Ecoboost-Motoren. Dank Turboaufladung gibt es üppige Motorleistungen bei geringen Verbräuchen. Bei Volumen-Pick-Ups wurden betagte Achtzylinder von aufgeladenen V6-Motoren abgelöst. Selbst der Full-Size-SUV und "Truck oft he Year" Ford Explorer ist bald mit einem aufgeladenen Vierzylinder zu haben. Die in Detroit erstmals gezeigte Studie des Vertrek soll der Weltstrategie des Kompaktklasse-Focus nacheifern. In den USA dürfte das SUV-Serienmodell den Edge und in Europa den Kuga ablösen.
Bei General Motors sieht es nicht ganz so hoffnungsvoll aus. Der Konzern, der jahrzehntelang der größte Autoproduzent weltweit war, kommt erst langsam wieder hoch. Moderne Triebwerke sind nach wie vor Mangelware und zu sehr verlässt sich GM auf den Chevrolet Volt, jüngst zum Auto des Jahres in Nordamerika gekürt.
"Großartiges Jahr"
Immerhin trennte sich die Traditionsfirma aus dem Herzen Detroits von einigen Altlasten wie zum Beispiel Pontiac. Auf der Detroit Motorshow zeigt sich der stärker werdende Einfluss der Europäer. So ist der Buick Verano schlicht die bei uns nicht erhältliche Stufenheckversion des Opel Astra.
"2010 war ein großartiges Jahr für Chevrolet", sagt Chris Perry, verantwortlich für das GM-Marketing, „wir hatten Zuwächse von 16 Prozent und konnten rund 1,6 Millionen Fahrzeuge verkaufen. Damit ist Chevrolet die zweitgrößte Einzelmarke in den USA - und wir haben gerade erst begonnen."
Der dynamisch positionierte Chevrolet Sonic ist einer der Stars auf der NAIAS 2011. Der Kleinwagen löst den Chevrolet Aveo ab und ist als vier Meter lange Steil- und 4,40 Meter lange Stufenheckversion erhältlich. Der Sonic soll dem neuen US-Trend zu Kleinwagen folgen und ist im Gegensatz zu Scion xB, Ford Fiesta oder Mazda2 das einzige Modell, das ab Frühjahr auch in den USA produziert wird. Aus dem gleichen Werk wird auch der neue Buick Verano kommen.
Angetrieben wird der Chevrolet Sonic von zwei Vierzylindern mit 1,4 und 1,8 Litern Hubraum. Das kleinere Triebwerk leistet Dank Turboaufladung 138 PS und stammt aus dem Cruze. Der Chevrolet Cruze ist einer der sparsamsten konventionellen Benziner auf dem US-Markt.
Stochern im Nebel
Licht und Schatten gibt es bei der Chrysler Group. Der Star ist nach wie vor der Jeep Grand Cherokee. Und der gründlich überarbeitete Jeep Compass kann auf der NAIAS die optischen Verfehlungen des Vorgängers fast komplett vergessen machen. Scheinbar mehr als General Motors und Ford stochert die Chrysler Group aber nach wie vor im Nebel. Weil eine neue Plattform für Hecktriebler fehlt, ist der Chrysler 300 kaum mehr als eine dünne Modellpflege des Vorgängers 300 C, der noch auf der alten Mercedes-Plattform der Baureihe W 210 basiert. Immerhin sind die alte Fünfgang-Automatik und das Preiswert-Interieur mittlerweile verschwunden.
Um in der ersten Liga mitzuspielen, reicht eine Modellpflege bei dem Oberklasse-Chrysler, der bei uns als Lancia 300 auf den Markt kommen soll, jedoch nicht aus. "Der neue Chrysler 300 ist eine Ikone des amerikanischen Einfallsreichtums und symbolisiert die Größe, die Detroit-Fahrzeuge auf Straßen, Autobahnen und Boulevards der Welt bieten", sagt Olivier Francois, Präsident und CEO von Chrysler, dennoch unverdrossen. Immerhin zeigt der kleinere Chrysler 200 als Nachfolger des Sebring, dass der Hersteller aus Auburn Hills die Mittelklasse nicht kampflos den Asiaten überlassen möchte.
Zum wiederholten Male ist in Detroit der Fiat 500 zu bewundern, der später im Jahr auch auf den US-Markt kommen wird. Die Zukunft von Alfa Romeo auf dem amerikanischen Markt scheint jedoch nach wie vor ungeklärt. Modelle wie der Chrysler Town & Country Voyager oder der Dodge Durango wurden ebenfalls überarbeitet. Moderne Turbotriebwerke oder Hybridmodule bleiben allerdings nach wie vor außen vor. Neu ist einzig der 3,6 Liter große Pentastar-Motor. Um zu alter US-Stärke zurückzukehren, muss gerade bei Chrysler mehr kommen. Ein Grand Cherokee allein kann das Ruder nicht herumreißen.