Serienmodelle sind wie Familienväter: Sie müssen sich in der Welt behaupten, funktionieren, Geld verdienen. Concept Cars dagegen sind wie Geliebte: Eine Mischung aus Wirklichkeit und Traum, die sich nicht mit den alltagsnotwendigen Kompromissen arrangieren muss. Doch es sind die Konzepte, die schon mal zeigen, wohin die künftige Reise der automobilen "Realos" geht. Oder besser, wohin sie gehen könnte, wenn sich das angesprochene Publikum mitreißen lässt.
Davon, dass Design immer stärker über Erfolg oder Niedergang einer Automarke entscheiden wird, sind die Mazda-Macher überzeugt. Die japanische Autoschmiede setzt seit Jahren alles daran, das eigene Kreativ-Image zu päppeln und an der Konkurrenz zumindest in punkto Zeitgeist-Design vorbeizuziehen.
Eine Menge Komplimente und den ein oder anderen Designer-Preis heimsten die Japaner bereits 2006 für ihre Showcars "Senku" und "Kabura" ein. Trotzdem folgte der ästhetische Quantensprung auf den Fuß: Ein ganzes Jahrzehnt scheint zwischen den 2006er Konzepten und den 2007 präsentierten Concept Cars "Ryuga", "Hakaze" und "Taiki" zu liegen.
Und wie vom Wüstenwind selbst modelliert liegt die 2008er Sportwagen-Studie "Furai" auf dem Asphalt. Eine ganz neue Formensprache drückt sich nicht nur in der Silhouette aus. Dem Wind, dem Meer, dem Wirken der Elemente scheinen die Designer auch bei der Oberflächengestaltung einiges abgeschaut zu haben.
Treibende Kraft hinter dem Design-Tuning bei Mazda ist Laurens von den Acker. Der Niederländer ist General Manager für Mazda Design weltweit, steuert den kreativen Output der Design-Studios, die Mazda im Hiroshima und Yokohama, im kalifornischen Irvine und in Oberursel bei Frankfurt am Main unterhält.
Weiterdenken
BMW und Rover haben gezeigt, wie entscheidend die rechtzeitige Verjüngung der Formensprache einer Automarke ist, sagt van den Acker. Während die einen mit frisch gestylten Autos durchstarteten, haben die anderen den Zeitpunkt verschlafen und baden nun die Folgen ihrer ästhetischen Versäumnisse aus.
Deshalb trieb der Niederländer seine Teams schon zum Weiterdenken an, als Mazda mit "Senku" und "Kabura" Achtungserfolge auf den internationalen Autoschauen erzielte. Die Schönheit der Natur, vom Wellenabdruck auf dem Meeresboden bis zum Fluss des glühendes Lavastroms, von den windgemeißelten Sandskulpturen der Sahara bis zu den in Jahrmillionen entstandenen Reliefs japanischer Felsengärten wurden zur neuen Inspirationsquelle - die neue, an der Bewegung der Elemente orientierte Formensprache "Nagare" war geboren.
Noch hat der japanische Konzern neben der heimischen Klientel vor allem die Kunden in den USA und Westeuropa im Blick. In naher Zukunft aber werden auch China und Russland als Absatzregionen für Mazda-Modelle zunehmend interessanter, sagt Chef-Designer Atsuhiko Yamada vom Mazda-Designstudio in Yokohama. Er war nicht nur maßgeblich an der Entwicklung des neuen Mazda2 und Mazda6 beteiligt, sondern zeichnet für das Sportwagen-Konzept "Taiki" verantwortlich. Ob und in welcher Form "Taiki" in Serie gehen wird, ist noch völlig offen. "Es kann gut sein, dass einzelne Design-Elemente an einem ganz anderen Autotyp, etwa einem SUV, wieder auftauchen werden."
Leichtigkeit
Während sich in Sachen Karosserie viele Formspielereien der Konzepte zügig auf die Serienmodelle auswirken, bleiben mutige Design-Visionen für den Innenraum erfahrungsgemäß auf die Präsentation in Showcar beschränkt. Denn in der Fahrgastzelle geht es in punkto Design äußert konservativ zu.
Aber das werde sich ändern, verspricht Design-Direktor van den Acker und kündigt eine ästhetische Revolution für das Innenleben der Serien-Mazdas an. "In einer immer stressgeladeneren Welt wird auch die Innenraumgestaltung des Autosimmer bedeutender", ist er überzeugt.
Nicht nur mit neuen Materialien, auch mit ganz neuer Formensprache für Cockpit und Fond sollen sich Mazda-Modelle auf den globalen Märkten positionieren. Konkret heißt das: Es wird abgespeckt. Eine neue Leichtigkeit mit extrem schmalen Hightech-Sitzen soll künftig eines der charakteristischen Markenzeichen der Mazda-Fahrgastzelle sein.
Das sportliche Image der Marke und das "fahrerorientierte" Cockpit sind unverzichtbare Charakteristika der Japaner. Auch daraus lässt sich mehr machen, meinen van den Acker und seine Kreativen. Bei der Gestaltung des inner-automobilen Wohlfühlraums sollen zwei völlig unterschiedliche Sphären geschaffen werden: Aggressiv, sportlich, dynamisch präsentiert sich das Umfeld für den Fahrer, angenehm, beruhigend und entspannend, so wollen die Interieur-Designer das Automobilambiente für die übrigen Insassen erschaffen. Gewissermaßen ein Stück Yin-und-Yang-Philosophie fürs Auto.
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