Der chinesische Autogigant in großen Schwierigkeiten, seine europäische Tochtergesellschaft muss eine Milliarde Euro einsparen.
Die chinesische Automobilgruppe Geely steht derzeit vor erheblichen finanziellen Herausforderungen, die nun auch ihre europäische Tochtergesellschaft Volvo Cars stark belasten. Der schwedische Automobilhersteller hat am 30. April 2025 ein umfassendes Sparprogramm angekündigt, um den dramatischen Gewinnrückgang zu bewältigen und sich an die veränderten Marktbedingungen anzupassen.
Finanzkrise bei Geely trifft Volvo mit voller Wucht
Die Quartalszahlen von Volvo Cars offenbaren eine besorgniserregende Entwicklung. Der Nettogewinn des schwedischen Autobauers ist im ersten Quartal 2025 um drastische 73 Prozent auf nur noch 1 Milliarde Schwedische Kronen (etwa 91 Millionen Euro) gesunken. Gleichzeitig verzeichnete das Unternehmen einen Umsatzrückgang von 12 Prozent auf 82,9 Milliarden Kronen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Håkan Samuelsson, Vorstandsvorsitzender von Volvo Cars, beschrieb die Situation in drastischen Worten: „Die Automobilindustrie durchlebt eine äußerst schwierige Phase mit beispiellosen Herausforderungen.“ Er bezeichnete die Quartalsergebnisse als „enttäuschend“ und machte deutlich, dass schnelles Handeln erforderlich sei.
Der chinesische Mutterkonzern Geely, der Volvo seit 2010 besitzt, kämpft selbst mit erheblichen Problemen. Die anhaltenden Handelskonflikte zwischen China und westlichen Märkten, insbesondere den USA, belasten das Geschäft zusätzlich. Diese geopolitischen Spannungen haben zu einer zunehmenden Regionalisierung der Automobilproduktion geführt – ein Trend, der auch andere Hersteller wie Tesla dazu veranlasst, ihre globalen Strategien zu überdenken.
Die aktuellen Schwierigkeiten von Geely sind Teil eines größeren Trends in der Branche. Viele Automobilhersteller haben am 30. April ihre Quartalszahlen veröffentlicht, und in zahlreichen Fällen waren die Ergebnisse alarmierend. Die Kombination aus anhaltenden Lieferkettenproblemen, steigenden Produktionskosten und sich verändernden Verbrauchergewohnheiten stellt die gesamte Branche vor enorme Herausforderungen.
Drastische sparmaßnahmen bei Volvo: 1,6 milliarden euro einsparen
Als Reaktion auf die verschlechterte Finanzsituation hat Volvo Cars ein weitreichendes Sparprogramm angekündigt. Das Unternehmen plant, insgesamt 18 Milliarden Schwedische Kronen (etwa 1,6 Milliarden Euro) einzusparen. Der Großteil dieser Einsparungen soll bis 2026 realisiert werden, was auf die Dringlichkeit der Situation hinweist.
Zu den geplanten Maßnahmen gehören umfangreiche Stellenstreichungen in allen Geschäftsbereichen weltweit. Das Unternehmen hat angekündigt, in Kürze detailliertere Informationen zu den geplanten Personalkürzungen bekanntzugeben. Branchenexperten gehen davon aus, dass mehrere tausend Arbeitsplätze betroffen sein könnten.
Neben den Personalkürzungen plant Volvo auch eine Neuausrichtung seiner Produktpalette und Produktionsstrategie. Das Unternehmen hat bereits angekündigt, die Produktion eines seiner Modelle aus China nach Belgien zu verlagern. Diese Entscheidung steht im Einklang mit dem Grundsatz, „mehr Fahrzeuge dort zu produzieren, wo sie verkauft werden“ – eine Strategie, die angesichts der zunehmenden Handelshemmnisse immer wichtiger wird.
Die Neuorganisation der Produktion könnte sich als ähnlich herausfordernd erweisen wie die Produktionsprobleme, mit denen Tesla bei seinem Cybertruck kämpft. Die Umstellung von globalen auf regionale Produktionskonzepte erfordert erhebliche Investitionen und organisatorische Anpassungen.
Handelsbarrieren und marktveränderungen als treiber der krise
Ein wesentlicher Faktor für die aktuelle Krise sind die verschärften Handelsbarrieren zwischen den großen Wirtschaftsblöcken. Seit Anfang April 2025 unterliegen in China hergestellte Fahrzeuge bei der Einfuhr in die USA einer zusätzlichen Zollgebühr von 25 Prozent. Diese protektionistische Maßnahme trifft Volvo besonders hart, da das Unternehmen einen erheblichen Teil seiner für den US-Markt bestimmten Fahrzeuge in China produziert.
Als Reaktion darauf plant Volvo Cars, sein Produktangebot für den US-Markt zu überarbeiten und die bestehenden Produktionskapazitäten in Nordamerika besser zu nutzen. Die Strategie des Unternehmens, „mehr Fahrzeuge dort zu produzieren, wo sie verkauft werden“, ist eine direkte Antwort auf diese veränderten Handelsbedingungen.
Diese Entwicklung zeigt einen breiteren Trend in der Automobilindustrie: Die Globalisierung weicht zunehmend einer Regionalisierung. Hersteller müssen ihre Produktion und Lieferketten neu organisieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Während einige europäische Hersteller wie Dacia mit neuen SUV-Modellen in Europa Erfolge feiern, kämpfen global aufgestellte Konzerne mit den neuen Handelsbarrieren.
Die Verlagerung der Produktion eines Volvo-Modells von China nach Belgien ist ein konkretes Beispiel für diese Neuausrichtung. Diese Entscheidung wurde bereits vor der Ankündigung des aktuellen Sparprogramms getroffen und zeigt, dass Volvo bereits seit einiger Zeit an einer Anpassung seiner globalen Strategie arbeitet.
Zukunftsperspektiven für Geely und Volvo
Trotz der aktuellen Schwierigkeiten gibt es auch positive Aspekte für die Zukunft von Geely und Volvo. Der schwedische Automobilhersteller verfügt über eine starke Marke mit einem hervorragenden Ruf in Bezug auf Sicherheit und Qualität. Diese Markenstärke könnte sich als wertvolles Asset in der aktuellen Krise erweisen.
Zudem hat Volvo in den vergangenen Jahren erheblich in die Elektrifizierung seiner Fahrzeugflotte investiert. Das Unternehmen plant, bis 2030 ausschließlich vollelektrische Fahrzeuge anzubieten – eine ambitionierte Strategie, die jedoch mit den langfristigen Trends im Automobilmarkt übereinstimmt.
Die Herausforderung für Volvo wird darin bestehen, die notwendigen Einsparungen zu realisieren, ohne die langfristigen Investitionen in neue Technologien und Produkte zu gefährden. Das Gleichgewicht zwischen kurzfristigen Kostensenkungen und langfristigen Investitionen wird entscheidend für den zukünftigen Erfolg des Unternehmens sein.
Für den chinesischen Mutterkonzern Geely stellt die aktuelle Situation eine ernsthafte Prüfung seiner globalen Ambitionen dar. Die finanziellen Schwierigkeiten bei Volvo Cars könnten Geely dazu zwingen, seine internationale Expansionsstrategie zu überdenken und sich stärker auf den heimischen chinesischen Markt zu konzentrieren. Die kommenden Monate werden zeigen, ob der chinesische Automobilriese seine europäische Tochtergesellschaft aus der Krise führen kann.