Forschungsfahrzeuge aus dem Hause Mercedes-Benz haben eine lange Tradition. Sie brachten Gurtsysteme, Knautschzonen und Innenraumkomfort. Ging es bei Ihnen bisher vorrangig darum, Zukunftstechnologien hoffähig und den Kunden Appetit auf Neues zu machen, so will man beim F 800 Style mehr. Denn Mercedes arbeitet mit Hochdruck an einem neuen Markengesicht, um sich gegenüber der immer stärkeren Konkurrenz abzuheben und an das Image der guten alten Zeit anzuknüpfen.
Damals überstrahlte der Mercedes-Stern die gesamte Konkurrenz, die kaum eine echte war. Doch längst haben sich die Zeiten geändert. Der Daimler-Konzern steht heftig im Wind und musste zuletzt einen Milliardenverlust erklären. Die Vision des F 800 mit dem Namensannex "Style" soll wieder Lust auf die Marke Mercedes machen – in technischer wie optischer Hinsicht.
"Unsere Forschungsfahrzeuge schauen gut zehn Jahre in die Zukunft", erklärt Mercedes-Chefdesigner Gordon Wagener und blickt zufrieden auf die Limousine von übermorgen: "Derart markentypische Proportionen können nur von Mercedes kommen. Man beachte die lange Haube und das neue Markengesicht."
Der F 800 Style sieht bulliger aus als man es von aktuellen Mercedes-Modellen kennt. Alle Linien des Vorderwagens fügen sich am Kühlergrill zusammen, der große Ähnlichkeit mit dem des legendären 300 SL Flügeltürers hat. Die Scheinwerfer-Augen schauen so grimmig drein, als wollte der 4,74 Meter lange Visio-Benz die ganze Konkurrenz auf einmal verputzen.
Studientypisch ist der mächtige Radsatz und das knackige Heck könnte auch vom neuen 6er BMW stammen. Mercedes will nach vorn und sich nicht weiter auf den Erfolgen von gestern und vorgestern ausruhen. Wenn am Design des F 800ers etwas stört, ist es der optisch zu kurze Überhang am Heck. Da erwartet der gemeine Mercedes-Kunde bisher deutlich mehr Eleganz. Derart knackig ist man eher in München unterwegs.
Limousinen bevorzugt
Das selbstbewusste Design soll in erster Linie Lust auf die Technik machen. Denn kleine Autos allein werden auch in zehn Jahren nicht die Straßen bevölkern. Mercedes setzt bei allen Umweltbestrebungen insbesondere auf Limousinen der Ober- und Luxusklasse. "Unser Anspruch ist es, Verantwortung für die Umwelt mit praktischem Kundennutzen und automobiler Faszination in Einklang zu bringen", sagt Thomas Weber, Entwicklungs-Chef im Hause Daimler. Neue Sicherheitsdetails wie Ausweichassistent oder eine Presafe-Bremse, die nun auch nach hinten schaut, sind zweitrangig.
Anders als das Thema Motor. Beim Antrieb lässt Mercedes alles offen. Der F 800 ist durch seine Modulbauweise als Plug-In-Hybrid ebenso wie als Elektroauto mit kombinierter Brennstoffzelle denkbar.
Das Triebwerk des Plug-In-Hybriden besteht aus einem 300 PS starken V6-Benziner mit Direkteinspritzung. Das im Gehäuse der Automatik untergebrachte Hybridmodul leistet weitere 80 KW/109 PS und wird aus einer Lithium-Ionen-Batterie gespeist, die unter der Rückbank verbaut ist. Die rein elektrische Reichweite liegt bei 30 Kilometern. Der kombinierte Verbrauch soll knapp unter drei Litern Super auf 100 Kilometern liegen. Trotz aller Sparsamkeit stellt der Hoffnungsträger mit 250 km/h Spitze und einem Sprintvermögen von 0 auf 100 km/h in unter fünf Sekunden jede Menge dynamisches Potenzial in Aussicht.
Fingerspiel
Auf Basis der Brennstoffzellentechnologie ist eine weitere Antriebsart für den Mercedes F 800 Style denkbar. In diesem Fall wird der Hecktriebler von einem 136 PS starken Elektromotor angetrieben, der von einer Brennstoffzelle gespeist wird. Die Reichweite der Brennstoffzelle könnte bei 600 Kilometern liegen – Topspeed: 180 km/h.
Visionär zeigt sich der F 800 auch im Innenraum. Hier gibt es luftige Verkleidungen, Armaturen und Dank 2,92 Metern Radstand Platz für bis zu fünf Personen. Die Schwenkschiebetüren im Fond dürften jedoch auch in zehn Jahren Designspielerei bleiben. Während der Fahrer die meisten Funktionen wie Klimatisierung, Navigation, Entertainment oder Bordcomputer bei Fahrzeugen der aktuellen Daimler-Command-Generation per Dreh-Drücksteller bedient, so ist der F 800 erstmals mit einer neuen Bedieneinheit ausgestattet, die die Vorteile von Touch-Screens mit denen gewöhnlicher Einheiten kombiniert - ähnlich wie der neue Audi A8 heute schon bei der Navigation.
Über ein Fingerfeld auf der Mittelkonsole arbeitet sich der Mercedes-Fahrer durch die Menüs für Radio, TV, Internet, Klimaanlage oder Routenführung. Die Hand wird dabei über ein Kamerasystem auf den Bildschirm im Armaturenbrett projiziert und der Fahrer kann die Funktionen nach kurzer Eingewöhnungsphase nahezu intuitiv nutzen. So lässt sich auch die Bordcomputer-Funktion "Range on Map" bedienen, mit der jederzeit visuell dargestellt ist, wie groß die Reichweite von Akku und Treibstoff noch ist.
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