Ein Cabrio mit 560 PS braucht niemand. Selbst wer kraftvoll, bullig oder sehr dynamisch unterwegs sein will, der findet viele andere Möglichkeiten, seinen Neigungen ohne festes Dach über dem Kopf zu frönen. Im Hause BMW ist ein 650i Cabrio die Bestbesetzung. Die pure Lust an der Unvernunft markiert dagegen das M6-Signet am Heck.
Der offene BMW M6 ist ein Luxuscabrio vor allem für die Autobahn. Der Klang des doppelt aufgeladenen Achtzylinders ist dabei mindestens so hintergründig wie das Design des offenen 2+2-Sitzers. Ein M6 macht nicht auf Understatement. Er hält sich zwar zurück so gut er kann - doch wer das Gaspedal mehr als nur streichelt, der entfacht ein brüllendes Feuerwerk, das kaum im Zaum zu halten ist.
Die breite Spur, der lange Radstand, dazu breite Walzen und ein kilometerhungriger Fahrer: Da kann nicht mehr viel passieren - außer dass der Tankwart freundlich freudig mit der Mütze winkt. Denn der Durst des BMW M6 Cabrios ist üppig. Unter 13 Litern ist in der Realität nichts zu machen.
Zudem scheint BMW bei seinem doppelt aufgeladenen Achtzylinder in den M-Modellen ein Ölproblem zu haben. Auch der offene M6 zeigte nach ein paar hundert Meilen an, dass Öl nachgeschüttet werden müsse. Sein darf dies bei einem Hightech-Triebwerk nicht. Das Gleiche zeigten vor Monaten auch schon Testwagen wie ein BMW M5 oder ein M6 Gran Coupé. Doch agesehen davon: Der 4,4 Liter große Achtzylinder begeistert. Schade um die potenten Sauger von einst. Doch wenn ein Turbomotor sich derart ins Zeug legt, dann gibt es ehrlichen Applaus.
Es wird Zeit, dass die M GmbH ihre Kraftprotze auch mit Allradantrieb anbietet
Obschon der offene Viersitzer mit über zwei Tonnen Gewicht tüchtig was auf den Rippen hat, rennt er los, als ginge es um Leben oder Tod. Selbst bei warmen Temperaturen und griffigem Straßenbelag hat er Probleme, seine Leistung von 412 kW/560 PS und 680 Nm überhaupt auf den Boden zu bringen. Das maximale Drehmoment greift bereits bei 1.500 Touren ins Geschehen ein und stellt seine maximale Leistung stetig bis 5.750 U/min zur Verfügung. Von 0 auf Tempo 100 schafft es das Schlachtschiff in 4,3 Sekunden, von 0 auf Tempo 200 in kaum mehr als 13 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit: 305 km/h.
Es wird Zeit, dass die M GmbH ihre Kraftprotze ebenso wie die AMG-Konkurrenz mit Allradantrieb anbietet. Dabei geht es nicht nur um Vortrieb, sondern auch um eine souveräne Kraftentfaltung, sobald Wetter oder Untergrund einmal nicht zum Besten bestellt sind.
Bei leicht dunstigem Morgenwetter geht es Richtung Los Angeles und Malibu nach Norden hinauf. Dabei bollert der offene Bayer kraftvoll und stimmgewaltig vor sich hin. Nördlich von Malibu geht es rechts in die Berge. Die kurvigen Landstraßen gefallen dem M6 Cabrio besonders. Ihre Radien sind nicht zu eng und der Belag präsentiert sich überraschend griffig. Ein paar Meilen im Landesinneren sieht es anders aus. Der Pazifik ist aus den Höhenlagen nur noch im Dunst zu erkennen und der wummernde Koloss kommt auf welligen, leicht rutschigen Pisten und engen Kehren an seine Grenzen.
Auf kurzen geraden Stücken wird der Fahrer spektakulär in den Ledersitz gepresst
Das siebenstufige Doppelkupplungs-Getriebe beißt immer wieder kraftvoll zu, wenn man die Schaltpaddel am Lenkrad durchreißt und den BMW zu neuen Höchstleistungen herausfordert. Noch beeindruckender wird es, wenn über die Schalter am Mitteltunnel die Sportprogramme angesteuert werden. Frei belegbar lassen sich diese auch über Direktwahltasten auf das Lenkrad legen. M1 ist die richtige Wahl für Fortgeschrittene. M2 bleibt für Profis, die den Grenzbereich mehr zu schätzen wissen, als den Restkomfort des Edelbayern.
Auf kurzen geraden Stücken wird der Fahrer spektakulär in den Ledersitz gepresst. Seitenhalt, Beinauflage, Kontur und Langstreckenkomfort - hier sollten die meisten Autohersteller einmal zur Sitzprobe kommen. Besser geht es nicht. Da stört es wenig, dass es im Fond zwar bequem ist, die Sitze dort jedoch nur bei ganz nach vorne gefahrenen Frontsitzen genutzt werden können. Doch in Reihe zwei eines BMW M6 Cabrio präsentieren sich eh wohl eher die Vuitton-Reisetasche oder ein Hermes-Bag. Der Laderaum von 300 bis 350 Litern kann so sinnvoll erweitert werden.
Die Rückscheibe des Cabrios lässt sich elektrisch bedient als Windschott nutzen. Das normale Windschott wird im Fond verbaut und manuell aufgestellt. Das dürfte angesichts der Preisklasse von 131.400 Euro auch elektrisch gehen. Überhaupt ist die Serienausstattung des M6 Cabrio eine Frechheit. Selbst das exzellente Navigationssystem (3.400 Euro) oder das Soundsystem (ab 1.290 Euro) müssen extra bestellt werden. Immerhin kann man sich das 8.500 Euro teure Competition Paket mit 575 PS und einer leicht geänderten Abstimmung sparen.
Technische Daten | ||
BMW 6er M6 Cabrio | ||
Motor | V-Form | |
Zylinder | 8 | |
Hubraum (cm³) | 4395 | |
Leistung (kW/PS) | 412/560 | |
Zuladung(kg) | 430 | |
Gesamtgewicht (kg) | 2410 | |
0-100 km/h (s) | 4,3 | |
Vmax (km/h) | 305 | |
Verbrauch (L/100 km) | 10,3 | |
Kraftstoff | SuperPlus | |
Grundpreis (€) | 131.400 | |
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