Fahrbericht: Continental GT Speed Cabrio

Braucht man ein Cabriolet mit über 600 PS? Brauchen wohl kaum. Muss ein Cabriolet deutlich schneller als 300 km/h sein? Auch nicht unbedingt. Doch auf Luxus will niemand gerne verzichten - so er ihn sich leisten kann. Wenn Bentley seinen GT Speed als faszinierend bulliges Luxuscoupé anbietet - wieso dann nicht auch als Cabriolet? Eben. Mehr Power, mehr Platz, mehr Luxus und mehr Komfort als im Bentley Continental GT Speed Cabrio gibt es derzeit nicht. Allenfalls der Preis in Höhe von 227.290 Euro läßt den Traum für Otto Normalverbraucher lautstark platzen.

Der offene Bentley ist mit seinem aufgeladenen W12-Triebwerk, mit sechs Litern Hubraum und 625 PS der schnellste offene Viersitzer auf der Welt. Nicht, dass auch der 507 PS starke Achtzylinder mit einer Geschwindigkeit von über 300 km/h an ausgemachter Leistungsschwäche leiden würde - doch ein Zwölfzylinder hat einen Vorteile, den insbesondere die erlauchte Kundschaft in den USA und Asien zu schätzen weiß: Er hat zwölf Zylinder. Und das gilt nach wie vor als Krone des Motorenbaus.

Wie luxuriös und sänftengleich man bei aller Kraft des offenen Allradlers unterwegs sein kann, soll eine Langstreckentour von Las Vegas/Nevada nach Phönix/Arizona zeigen. Kein Grund das vollelektrisch bedienbare Cabriodach an diesen Tagen geschlossen zu halten. Es dämmt kaum schlechter als die feste Konstruktion des Coupés und ist allemal hochgeschwindigkeitstauglich bis weit über 300 km/h. Einen Nachteil kann das Dach aber nicht überspielen: Das ohnehin üppige Leergewicht des Briten wird durch das von Zulieferer Edscha entwickelte und produzierte Stoffdach nochmal um 150 Kilogramm auf 2,5 Tonnen gesteigert.

Doch da ein Luxuscabrio andere Lieblingsdisziplinen als die Querdynamik hat, fällt das zusätzliche Übergewicht im Alltagsbetrieb und angesichts der gigantischen Motorleistung nur bei engen Kurven auf. Das Abspecken um 65 Kilogramm gegenüber dem 575 PS starken Vorgängermodell hingegen merkt ebenso niemand wie die Bodenunebenheiten, die vom einstellbaren Luftfederfahrwerk einfach weggezaubert werden.

Offenes Schlachtschiff

Einmal mit hoch gefahrenen Seitenscheiben, eingeschalteter Sitz-, Nacken- sowie Fahrzeugheizung und einmal komplett oben ohne. Versprochen: Beides hat seinen Reiz. Das gilt einmal mehr für den Antrieb - denn die Fahrleistungen rauben einem nicht zuletzt trotz der Abmessungen und Gewichte des Bentley den Atem. Perfekt arbeitet die neue Achtgang-Automatik von ZF mit dem bulligen W12-Triebwerk zusammen. Zwischen 2.000 und 4.000 U/min stehen gigantische 800 Nm Drehmoment zur Verfügung.

Für den auf 14,9 Liter gesenkten Normverbrauch zeichnet nicht zuletzt der deutlich länger ausgelegte achte Gang verantwortlich, der bei minimaler Drehzahl maximal cruisen lässt. Wenn gewünscht ist der 625 PS starke Säusel-Zwölfzylinder auf Pedaldruck zur Stelle und katapultiert einen in den Sitz, als gäbe es kein Morgen mehr. Von 0 auf Tempo 100 in 4,4 Sekunden sind mit diesem offenen Schlachtschiff ähnlich beeindruckend wie die 325 km/h Spitzentempo. Dank des Allradantriebs mit einer Kraftverteilung von 40:60 hat man keinerlei Probleme, die Fahrleistungen auch auf die Straße zu brennen.

Bei so einem Auto mit einer solch perfekten Ausstattung aus weichstem Leder und edlen Hölzern fällt es schwer, sich an Sachen zu stören oder gar zu stoßen. Da sind neben dem nur 260 Liter kleinen Laderaum und dem deutlich zu hohen Gewicht von 2,5 Tonnen einzelne Bedienelemente, die nicht nur versteckt liegen, sondern sich auch wenig wertig anfühlen. Da sind die Schaltpaddel, die zu weit vom Lenkrad positioniert sind und da ist das zu weiche Bremspedal, das einen allzu sehr vom Bremsvorgang entkoppelt. Doch wer möchte sich beklagen, wenn er reist wie auf einer Wolke und auch dabei auch noch Sonne und Wind im Haar spürt?

Stand: 01.03.2013	Artikel bookmarken
Text: Joaquim Oliveira	Auf Artikel linken
Fotos: Hersteller
Ort: Phönix

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