Kurz & bündig
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[+] Spektakuläre Fahrleistungen, exklusive Ausstattung, exzellenter Reisekomfort, Allradantrieb |
[-] Hohe Sitzposition, gigantischer Verbrauch, betagtes Navigationssystem, spürbares Untersteuern |
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Regen in und um Crewe. Nichts besonderes im nordenglischen Nirgendwo. Die Sonne kommt von woanders her: Sechs Liter Hubraum, 467 kW/635 PS und gigantische 820 Nm maximales Drehmoment - beruhigend, dass das Topmodell der Continental-Reihe von Bentley seine zumindest auf dem Papier unbändig erscheinenden Leistungsdaten per Allradantrieb auf den nassen Asphalt bannt.
Das neue Modelljahr hat keinen nennenswerten Leistungsschlag bekommen, sondern nur ein paar optische Details an Front und Heck, die niemand wirklich wahrnimmt. De Leistungszuwachs gab es erst im vergangenen Sommer, um auf dem Papier Edelkonkurrenten wie den Rolls_Royce Wraith oder das Mercedes-Benz S 65 AMG Coupé hinter sich zu lassen, die 632 bzw. 630 bieten. Manchmal sind es eben wie beim Genuss von After Eight die kleinen Dinge, die den Unterschied ausmachen.
Seit einem Jahrzehnt hat sich das Coupé-Dickschiff aus Crewe immer wieder leicht verbessert und ist bei den Kunden beliebter denn je. Es ist mitgeschwommen mit technischen Innovationen und trotz seines Alters für die meisten nach wie vor das Maß der Dinge im Segment der Luxus Coupés. Das liegt neben dem ebenso kraftvollen wie zeitlosen Design insbesondere am Antrieb, denn der Continental hat sein imposantes Übergewicht von fast 2,4 Tonnen schon immer gekonnt durch seine spektakulären Motoren auszugleichen gewußt.
Der Klang des Zwölfzylinders im GT Speed ist bullig, tief und hintergründig. Ein grollender Riese, den man vielleicht nicht wecken sollte - bis man letztlich aber der Verlockung unterliegt, es doch zu tun. Im Sportmodus bollert der Koloss ungestüm, aber nicht unerzogen los und lässt die Konkurrenz wo auch immer verschwinden. Das komfortable Fahrwerk wird per Touchscreen gesteuert härter und der GT Speed zu einem Rennwagen - wenn auch zu einem übergewichtigen mit Platz für vier und keinerlei Komforteinbußen.
Wenn der tonnenschwere Koloss seine 21-Zöller mit der Fahrbahnoberfläche verzahnt, dann gibt es kein Halten mehr
Beim Topmodell Bentley Continental GT Speed ist der Name Programm. Er unterscheidet sich optisch kaum nennenswert von seinen schwächeren, aber alles andere als schwachen Brüdern und ist nach wie vor das Maß aller Dinge. Von 0 auf Tempo 100 schafft er es auf trockener Fahrbahn Dank des doppelt aufgeladenen Zwölfzylinder-Triebwerks mit sechs Litern Brennraum und mit Allradunterstützung in 4,2 Sekunden. Seine Höchstgeschwindigkeit: nicht nur auf der britischen Insel im Straßenverkehr unfahrbare 331 km/h.
Dass mit einem Normverbrauch von 14,5 Litern SuperPlus fast eine eigene Schadstoffklasse für das britische Luxuscoupé gefunden werden muss, interessiert weder die Kunden noch die Anwohner von Crewe. Dort ist man stolz, zum Volkswagen-Konzern-Kompetenzcenter in Sache Zwölfzylinder geworden zu sein. Die Kompetenz in Sachen Reisekomfort, potentem Vortrieb und edlen Innenräume hat man seit dem Jahrtausendwechsel sowieso inne.
Die Leistungsentfaltung ist nach Jahren und der jüngsten Leistungsspritze spektakulärer denn je. Wenn der tonnenschwere Koloss seine 21-Zöller mit der Fahrbahnoberfläche verzahnt, dann gibt es kein Halten mehr. Wer ein paar Tage durch Großbritanniens Landschaften kreuzen will, der dürfte neben einem Range Rover oder Rolls-Royce Wraight kaum ein perfekteres Fahrzeug finden, das mit allem nur erdenklichen Luxus verwöhnt. Weiches Leder wohin man auch schaut, Dämmglas, Aluminium- oder Holzelemente - der Kunden hat Dank Mulliner-Gene die Qual der Wahl, wie er sein Luxuscoupé ausstaffiert sehen möchte.
Ärgerlich sind weder der 358 Liter große Laderaum, noch die zum Einschlafen langsam öffnende elektrische Heckklappe, sondern neben der zu hohen Sitzposition allenfalls das unzeitgemäße Navigationssystem aus dem VW-Konzernregal von vorgestern und der nur 90 Liter große Tank. Wer schnell unterwegs ist, sieht die britischen Tankwarte öfter als die eigene Ehefrau.
Zudem müssen die 216.104 Euro als Einstiegspreis auch erst einmal verdient werden. Und der Continental GT Speed ist schließlich nicht das einzige Auto im Haushalt. "Unsere Kunden haben im Durchschnitt sieben bis acht Autos", weiß Bentley-Chef Wolfgang Dürheimer.
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"Viel hat sich nicht geändert beim aktuellen Facelift des Bentley Continental. Wozu auch, das Luxuscoupé ist (fast) perfekt. Bis auf das betagte Navi."
Stefan Grundhoff |
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