Beim Oldtimer Grand Prix ist eigentlich ständig Krawall auf dem Nürburgring. Von morgens bis abends gibt es für die Fans einiges auf die Ohren und viel zu sehen. Immer wieder duellieren sich begehrte Rennwagen aus über 100 Jahren Motorsport.
Das älteste Fahrzeug des Rennwochenendes kommt aus Rüsselsheim: Der Opel Rennwagen hat bereits 111 Jahre auf der Karosse, ist aber mit seinen 1,8 Litern Hubraum und zwölf PS noch so rüstig, dass er es auf eine Spitzengeschwindigkeit von rund 70 km/h bringt.
Ein anderer Leckerbissen ist das Nachtrennen, bei dem zweisitzige Rennwagen und GTs teilnehmen, deren Baujahr nicht jünger als 1960/61 sein darf. Das Stelldichein dieser ansehnlichen Sportwagen ist der Höhepunkt des Samstags. Wenn die Nacht über die grüne Hölle hereinbricht, kommt bei den Zweisitzern echtes Le-Mans-Flair auf. Vor allem weil sich mit Deutschland, Großbritannien und Italien drei große Rennauto-Nationen einen faszinierenden Dreikampf liefern. Wann sieht man schon mal einen Jaguar D-Type Baujahr 1956 zusammen mit einem Maserati T61 und einem Porsche 550A auf der gleichen Strecke? Bei diesem Kräftemessen geht es nicht um reinen Speed, sondern um Durchhaltevermögen. Und wenn nach dem Ende des Rennens die Dunkelheit über dem traditionsreichen Kurs liegt, gibt es ein opulentes Feuerwerk.
Dann schlägt die Stunde der Fans auf den Campingplätzen. Egal ob Wolkenbrüche oder Grillwetter: Die Motorsport-Anhänger lassen sich die Stimmung nicht vermiesen. Viele der Teilnehmer sind mit dem Wohnmobil und den teuren Autos auf einem Anhänger im Schlepptau zum Nürburgring gekommen und zelebrieren das jährliche Klassentreffen.
Beim Oldtimer-Grand-Prix trifft sich das Who-is-Who der Klassiker-Szene. Auch die Prominenz gibt sich die Ehre. Darunter natürlich Rennsportgrößen: Walter Röhrl ist ein heißbegehrter Gesprächspartner. Die Regensburger Rallye-Legende freut sich besonders über die Chance wieder einen Opel Manta A zu pilotieren, mit dem er 1975 für die Rüsselsheimer startete. Auch DTM Kult-Fahrer Johnny Cecotto hat den Weg an den Ring gefunden. Le-Mans-Veteran Derek Bell ist hier und der legendäre zottelhaarige Porsche-Sammler Magnus Walker aus Los Angeles.
Am Lenkrad solcher Klassiker sitzen Enthusiasten, die sich ihr Hobby viel Geld kosten lassen
Die automobile Zeitmaschine, die bereits zum 42. Mal stattfindet, lockt rund 50.000 Zuschauer in die Eifel. Jung und Alt flanieren durch das Fahrerlager. Im Gegensatz zu antiseptischen Rennsportveranstaltungen mit Schutzwänden und Bodyguards gibt es hier Motorsport zum Anfassen. Die klassischen Boliden stehen in Zelten, geschraubt wird im Licht der Öffentlichkeit und millionenteure Fahrzeuge stehen frei zugänglich herum.
Drei Mechaniker schrauben zum Beispiel an einem Formel-1-Bennetton B194, der erst kurzfristig zum Oldtimer Grand Prix angemeldet wurde. Mit so einem Auto hat Michael Schumacher 1994 die Formel-1-Weltmeisterschaft gewonnen. Überall gibt es angeregte Benzingespräche, Fachsimpeleien über Setups und die gemeinsame Leidenschaft. Allerdings werden die engagierten Diskussionen oft durch das Aufheulen der PS-starken Motoren unterbrochen.
Die traditionellen Rennwagen sind schließlich die echten Stars. Ständig stehen andere rollende Augenweiden am Start des Nürburgrings. Besonderes Interesse rufen die brachialen Tourenwagen hervor, die zwischen 1972 und 1981 die Fans begeisterten. Beim Revival der Deutschen Rennsport-Meisterschaft steht ein Ford Capri Zakspeed aus dem Jahr 1980 genauso in der Startaufstellung wie ein Porsche 911 RSR 2,8 aus 1978 oder ein BMW M1. Der 30. Geburtstag der DTM wird mit dem BMW 635 CSi gefeiert, mit dem Volker Strycek 1985 den ersten Meistertitel holte. Ein anderes Geburtstagskind ist der Porsche 911 Turbo, der seinen 40. Geburtstag ebenfalls gebührend feierte.
Nicht minder interessant sind die historischen Grand-Prix-Cars, die bis 1960 in den verschiedenen Formel-Klassen für Furore sorgten. Die dröhnenden Zigarren der Vor- und Nachkriegs-GP-Zeit machen einen Höllenlärm. Ein Star des Tages ist der Maserati 250 F. Immerhin wurde Juan Manuel Fangio 1957 in so einem Auto Formel-1-Weltmeister. Etwas jüngeren Datums sind die Formel-1-Boliden der Jahre 1966 bis 1985. In dieser Kategorie ist auch der Lotus 76/1 des viel zu früh gestorbenen Schweden Ronnie Peterson unterwegs.
Am Lenkrad solcher Klassiker sitzen Enthusiasten, die sich ihr Hobby viel Geld kosten lassen. "Ich bin jedes Jahr hier, das ist für mich schon fast Pflicht. Schließlich treffe ich hier viele alte Bekannte", erklärt ein Herrenfahrer, als in einen GT aus den 60er Jahren einsteigt. Aber auch altgediente Rennsportkämpen erfasst der Charme des Oldtimer-Grand-Prix. "Alte Fahrzeuge im Renntempo zu bewegen ist für mich Freude pur", sagt der ehemalige Formel-1-Pilot Jochen Maas. Diese Einstellung hat der Profi sicher nicht exklusiv.