Man mag es kaum glauben, aber es gab einen spanischen Formel-Rennsport vor Fernando Alonso. Anfang der 70er Jahre in der "Formula Nacional", die später "Formula 1430" heißen sollte. Das Prinzip war einfach: Seat stellte die Motoren und Getriebe (vom Seat/Fiat 600), die Teams steuerten das Chassis bei.
Beim Bau der einsitzigen Boliden mussten folgende Parameter eingehalten werden: Der Achsabstand musste zwei Meter betragen und das Minimalgewicht: 420 kg. Der Vierzylinder-Motor stammte aus der Seat Limousine 1430, hatte einen Hubraum von 1.430 Kubikzentimeter und generierten 75 PS. Bei einem Gewicht von 420 Kilogramm reichte das auch aus, um Dampf zu machen.
Allerdings wäre es sicher ein interessantes Experiment, wenn sich der zweifache Formel-Weltmeister in das Cockpit eines "Seat-Formula-1430"-Boliden zwängen würde. Das Cockpit ist extrem eng und das kleine Lenkrad, dessen Kranz in etwa die Dimensionen eines Lyoner-Wurstrings hat, liegt quasi auf den Oberschenkeln. Schuhgröße 43 erweist sich schon als unüberwindbares Hindernis um in der Röhre, die kaum den Namen Fußraum verdient, um die Pedalerie zu bedienen. Bei der Fünfgang-Schaltung mit dem runden Gangknüppel rechts im Cockpit ist es kaum anders. Die Instrumente sind ebenso puristisch: Drehzahlmesser (bis 8.000 U/min), Wassertemperatur, Öldruck, zwei Kontrollleuchten und drei Schalter - das war's.
Wer hier Platz finden oder ein Rennen bestreiten will, der sollte 1,70 Meter Körpergröße und 65 Kilogramm Gewicht nicht überschreiten. Genauso so puristisch, wie das Innenleben ist auch die Optik des Seat-Monopostos.
Während sich Anfang der 70er in der Formel 1 der geniale Konstrukteur und Lotus-Teamchef Colin Chapman schon mit extremen aerodynamischen Konzepten versuchte, sah der Seat 1430 aus wie eine hochgezüchtete motorisierte Seifenkiste, bei der die Mechaniker auf einmal keine Lust mehr hatten. Die schmalen Reifen, die eher die Bezeichnung Teerschneider verdienen, verstärken diesen Eindruck nur noch. Die Aufhängung mit Dreiecks-Querlenkern und Spiral-Federn über den Dämpfern gehört zum Einmaleins des Rennsports. Alles einfach. Alles für jedermann.
Das Gleiche gilt für den Motor. Die Technik beherrscht ein KFZ-Mechaniker im Schlaf. Das Triebwerk liegt völlig frei. Verkleidung? Fehlanzeige. Der Vierzylinder gibt sein grölendes, ungehobeltes Verbrennungsgeräusch ungefiltert an den Piloten weiter, der nur durch einen schmalen Überrollbügel getrennt direkt vor der sprotzenden Höllenmaschine sitzt. Nach einiger Fahrzeit dürfte es da auch richtig warm werden. Der Heckflügel erinnert mehr an ein überdimensioniertes iPad als an ein abtrieberzeugendes Hilfsmittel.
Das alles störte die tollkühnen Männer in ihren knatternden Kisten nicht. Beim ersten Rennen auf der Jarama-Rennstrecke in Madrid lieferten sich die Piloten auch spannende Rad-an-Rad-Kämpfe.
Einer der Fahrer war Salvador Canellas, der erste Spanier, der einen Motorrad-GP gewann. Nachdem er in der Formel 1430 Blut geleckt hatte, machte er im Rallye Sport weiter und holte sich 1972 die spanische Rallye-Meisterschaft.