Das Anwesen Packington Estate unweit des Provinzflughafens von Birmingham wirkt für englische Adels-Verhältnisse vergleichsweise schlicht. Doch die Tradition und die Geschichte der Heimat des Geschlechtes der Aylesfords erzählen eine andere Geschichte.
Innerhalb des Gebäudes finden sich Weihnachtskarten mit Lady Dianas Konterfei und persönlicher Widmung der britischen Königin der Herzen. Genauso britisch wie die Windsors und der ansässige Adel ist die Marke und das gleichnamige Auto: Land Rover. Der Inbegriff des Geländewagens, der auf dem 121 Hektar großen Gelände entwickelt und getestet wurde, feiert seinen 65. Geburtstag. Denn am 30. April 1948 stand die erste Generation des Land Rovers auf der Amsterdam Motor Show.
Seitdem hat sich das Segment der geländegängigen Wühler verändert. "Wir haben 30 Jahre gebraucht, bis wir eine Million Autos weltweit verkauft haben", sagt Land Rover-Chef John Edwards. Mittlerweile sind es 5,4 Millionen Fahrzeug weltweit. Alleine der urwüchsige Defender kratzt bereits an der Zwei-Millionen-Grenze.
Ein Auto, das überall hinkommt, über Stock und Stein sein Ziel erreicht
Was mit dem Land Rover anfing, hat sich zu einem Produktportfolio mit sechs Modellreihen entwickelt. Dabei gewinnt die SUV-Welle gerade an Schwung: Im vergangenen Jahr verkauften die Engländer weltweit 357.773 Fahrzeuge - so viel, wie nie zuvor. Deutschland legte ebenfalls um 56 Prozent zu und brachte rund 12.800 Autos an den Mann (oder die Frau). Das erste Quartal dieses Jahres brachte keinen Abschwung. Im Gegenteil: Zwischen Kiel und Garmisch-Partenkirchen stieg der Umsatz erneut um 16 Prozent.
Die Anfänge waren ungleich bescheidener und im wahrsten Sinne auf Sand gebaut: Die erste Skizze des Land Rovers malte Rover-Chef-Entwickler Maurice Wilks in den Sand der "Red Wharf Bay" in Anglesey und zeigte sie dem Rover-Chef, seinem Bruder Spencer.
Das Vorbild war natürlich die amerikanische Armee-Jeep. Maurice Wilks wollte damit ein britisches Vehikel kreieren, das den Jeep Willis ersetzen sollte, der auf seinem Anwesen verwendet wurde. Da im Nachkriegs-England der Stahl knapp war, benutzten die Brüder Aluminium, das im Überfluss vorhanden war, um die ersten Prototypen aufzubauen. Die Vorteile lagen auf der Hand: Der Werkstoff war leichter und resistent gegen Rost.
Die Nehmerqualitäten des Land Rovers überzeugten auch das Militär
Die Prämissen für das neue Modell waren einfach: Es sollte ein Rover-Modell werden, das überall hinkommt, über Stock und Stein sein Ziel erreicht. Eben ein Land Rover. Der Preis: 450 englische Pfund. Deswegen war ein Vierrad-Antrieb unabdingbar und ist seitdem das Markenzeichen der Modelle aus Solihull. Der Motor des Universal-Autos war ein Vierzylinder-Benziner mit 1,6 Liter Hubraum und 50 PS. Neun Jahre nach dem Debut bekam der Land Rover auch einen Diesel-Motor spendiert.
Aus dem - auch aus britischen Nationalstolz - entwickelten Kraxler wurde bald ein Erfolg. Es folgte die Version mit langem Radstand und festem Dach und 1958 die zweite Generation des unverwüstlichen Geländewagens. Die Nehmerqualitäten des Land Rovers überzeugten auch das Militär, das sich schnell zum größten Kunden von Land Rover mauserte. Bis heute nahmen die Streitkräfte Ihrer Majestät rund die Hälfte aller jemals produzierten Fahrzeuge ab.
Ein Geheimnis des Erfolges der Land Rover-Modelle ist die Tatsache, dass die markant kantige Silhouette im Grunde bis heute beibehalten wurde. Natürlich wurden die Technik verfeinert und die Modellvarianten ergänzt: Bereits 1950 gab es einen selektierbaren Allradantrieb. Der Juni 1970 markierte den Anfangspunkt einer eigenen Erfolgsgeschichte innerhalb der traditionsreichen Land Rover-Historie. Denn zu diesem Zeitpunkt erschien die erste Generation des Range Rovers auf dem Markt. Dem Geländewagen, der bald zum Inbegriff des Luxus-SUVs werden sollte.