Der Anblick der 33 Jahre alten Preziose, die mit geöffnetem Dach freundlich schmunzelnd dasteht, zaubert ein Lächeln auf die Lippen. Egal ob Fahrer oder Zusschauer: Jeder strahlt bei seinem Anblick mit der Sonne um die Wette. Mit dem Käfer Cabrio 1303 genießt man einen ungeheuren Sympathiebonus.
Selbst verbissene Zeitgenossen, die gerne mal ins Lenkrad ihrer hochgezüchteten PS-Monster beißen, winken das rotlackierte Relikt aus einer anderen automobilen Epoche freundlich lächelnd vorbei. Ältere Menschen bleiben stehen und berichten von ihren Erlebnissen mit dem offenen Dauerläufer. Damals, als das rollende Ei noch als Inbegriff des Wirtschaftswunders und des wachsenden Wohlstandes galt. Damals, als Autofahren noch Genuss an der Freiheit war.
Auch beim Fahrer verschwindet das Dauer-Lächeln nicht aus dem Gesicht. Und das, obwohl das Fahrgefühl am besten mit den Worten "puristisch" und "archaisch" zu beschreiben ist. Aber genau das macht den Reiz aus. Die Sitzposition ist hoch, Seitenhalt auf dem Gestühl ein Fremdwort, die Schaltwege des Viergang-Getriebes sind lang und beim Lenken ist man auf das eigene Muskelschmalz angewiesen. Eine Servo-Unterstützung ist nicht vorhanden. Beim Bremsen ist es das Gleiche: Wie schnell man steht, bestimmt alleine der Trainingszustand der Beinmuskulatur.
Kurz: Alles, was man von einem modernen Auto erwartet, ist nicht vorhanden. Das gilt auch für das rudimentäre Cockpit mit dem versteckten Lichtschalter, den spiegelnden Rundinstrumenten und dem freiliegenden Sicherungskasten. Egal: Jede Sekunde im Käfer Cabrio Baujahr 1980 ist ein Genuss. Schon nach ein paar Metern hat man die fehlende Technik vergessen. Man rollt dahin, schaut durch die viel zu steil stehende Frontscheide, genießt den Wind, der ab 100 km/h die Kopfhaut so nachdrücklich massiert, dass die Durchblutung der Haarwurzeln deutlich ansteigt.
Geschwindigkeit wird zur Nebensache. Das rote Cabrio schlängelt sich über kurvige Straßen. Zeit? Uninteressant. Wichtig ist nur eines, die Ausfahrt in diesem Klassiker der deutschen Automobilgeschichte so lange wie möglich zu verlängern. Gleiten statt Kurvenlage.
Begehrte Sammlerstücke
50 PS sind für das 966 Kilogramm leichte Auto genug. Im Heck rasselt, klingelt und schnauft der legendäre Boxer-Motor, dass es eine wahre Freude ist. Das Problem ist nur, dass diese Geräuschkulisse süchtig macht. Der Entzug geht quälend langsam vonstatten und wird begleitet von stetigen Rückfällen.
Die Produktionsziffer des VW Käfer Cabrio lautet: 330.281. Dieser Nummerncode zeigt, dass der offene Käfer der letzte seiner Art ist und 1980 bei Karmann in Osnabrück vom Band lief. Insgesamt wurden zwischen 1949 und 1980 eben genau diesen 330.281 Modelle des Käfer-Cabrios produziert. Zwar gab es einige ambitionierte Umbauten, bei denen die in Mexiko produzierten Käfer mit Stahldach seither einfach "aufgeschnitten" wurden - doch der offizielle Oben-ohne-Käfer wurde nur bei Karmann gefertigt. Am 10. Januar 1987 um 10:28 lief der Letzte seiner Art in Osnabrück vom Band und begeistert heute noch wie vor 33 Jahren.
Die Faszination des offenen Käfers verschwand nicht mit dem Produktionsende: Prominente wie der Fußballer Jürgen Klinsmann und der autobegeisterte Filmschauspieler Paul Newmann erlagen den Charme des Käfers. Eine Sonderedition des Käfer Cabrios gab es auch zur Fußball-Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland. Die grün lackierten Modelle mit schwarzer Motorhaube sind heute begehrte Sammlerstücke.
Eine versuchte Reanimation des charmanten Klassikers scheiterte 1994: Einige Käfer-Cabrio-Fans wollten den VW-Vorstand von einer Neuauflage auf Basis des Golf II überzeugen. Doch leider ohne Erfolg. Aber steter Tropfen höhlt ja bekanntlich den Stein: 2003 erblickte das New Beetle Cabrio das Licht der Welt und ist seitdem nicht mehr aus dem Straßenbild wegzudenken.