"Ich will mal ehrlich sein: Einparken ist nicht meine Stärke", gibt Mary Quant zu. Deshalb fuhr die Engländerin voll auf den Mini ab, der in den 60er Jahren Londons Straßen eroberte. Als Modedesignerin Quant einen neuen Rock erfand, der möglichst wenig Stoff verbrauchen und möglichst viel Bein zeigen sollte, musste sie den einen passenden Namen nicht lange suchen: Minirock hieß das scharfe Teil, das aus England in den "Swinging Sixties" genau so wenig wegzudenken ist wie der legendäre Kleinwagen.
Als Mary Quant und Rallye-Haudegen Rauno Aaltonen bei der großen Mini-Geburtstagsparty in Silverstone ihre Anekdoten zum Besten gaben, konnte man spüren, wie sehr der Kleinwagen mit der britischen Seele verwachsen ist.
Auch andere Länder haben ihre Kultautos – Deutschland den Käfer, Frankreich die Ente und Italien den Cinquecento – und alle haben sie ihre Verdienste: Der Käfer mobilisierte eine ganze Nation, die Ente reduzierte das Automobil auf das wirklich Wesentliche und der Fiat ist so italienisch wie Chianti und Pavarotti. Doch wenn es darum geht, per Auto ein fröhlich-gelassenes Lebensgefühl zu transportieren, steht der Mini ganz oben auf dem Treppchen.
Sir Alec Issigonis dagegen, der den Mini angeblich in einem Restaurant auf der Serviette entwarf, war alles andere als locker. Ziemlich arrogant soll er gewesen sein, kann man von Mini-Experten hören. Wünsche nach mehr Luxus in seinem Auto – etwa einem Radio – lehnte der Konstrukteur der British Motor Corporation (BMC) barsch ab und verbat sich jede Einmischung in sein Konzept.
Türgriffe? Wozu denn?
Denn das hieß Purismus pur: Platz für vier Personen plus Gepäck, leicht zu fahren, sparsam im Verbrauch und mit 496 Britischen Pfund günstig in der Anschaffung. Jedes Detail im 3,05 Meter und 34 PS starken kurzen Ur-Mini, der mit minimalen Unterschieden als Morris Mini-Minor und Austin Seven vom Band lief, war auf maximale Ökonomie getrimmt. Das begann beim Frontantrieb mit vorn quer eingebautem Motor und erstreckte sich bis auf die Türgriffe, die es innen gar nicht gab: Einfache Seilzüge mussten genügen. "Das Design des Ur-Mini war ganz von der Ingenieursseite geprägt, mit einem modischen Auto hatte das nichts zu tun", sagt Gert Hildebrand, der heute Chefdesigner bei Mini ist.
So taugte der Ur-Mini auch zum genügsamen Arbeitstier. Ein Lieferwagen, ein Kombi und sogar ein Pick-up sorgten für Nachwuchs im Reich der Zwergenautos.
Eine kurze Episode blieb der 1964 präsentierte Mini-Moke. Er war eigentlich für die Armee gedacht. Doch im Gelände konnte man mit dem Moke (ein altmodisches Wort für "Esel") keinen Blumentopf gewinnen. So wurde er zum Freizeitmobil und Strandflitzer
Auch die Stufenheckversionen des Mini, in der großen BMC-Familie als Riley Elf und Wolseley Hornet verkauft, wurden keine Verkaufsschlager. Ein besonders ulkiges Modell ist der erste Mini Clubman: Er war als Limousine und Kombi zu haben und sah von hinten aus wie ein Mini, die Front jedoch war eckig-modern gestaltet.
Schneller Finne in Monte Carlo
Seinen Kultstatus verdankt der Mini vor allem dem Cooper. Der Sportwagenkonstrukteur John Cooper war eng mit Alec Issigonis befreundet und sah im Mini sofort die potenzielle Rennsemmel. Zahlreiche Erfolge im Renn- und Rallyesport, darunter der Klassensieg für den Finnen Rauno Aaltonen bei der Rallye Monte Carlo 1963, sollten Cooper Recht geben. Der "zivile" Mini Cooper, der erstmals 1961 in einer Kleinserie von 1000 Stück erschien, machte dem Mini ordentlich Beine. Der Hubraum wuchs von 848 Kubikzentimeter auf einen Liter und die Leistung auf 55, später sogar 70 PS. Die ersten Cooper-Modelle gehören heute zu den begehrtesten Mini-Sammlerstücken.
Als die britische Autoindustrie in den 80er Jahren vor die Hunde ging, war der Mini einer der wenigen Leuchttürme im Nebel. Doch auch er musste Federn lassen: Die Modelle Clubman, Estate und Van wurden eingestellt. 1990 kam der Mini Cooper wieder, 1991 das Cabrio – angeregt durch den Umbau eines enthusiastischen Autohändlers aus Deutschland. Im Jahr 2000 war nach zahlreichen Sondermodellen endgültig Schluss mit dem Classic Mini. 5,3 Millionen Autos waren seit 1959 vom Band gelaufen.
Dass der Neustart 2001 unter BMWs Federführung erfolgte, bescherte dem Wagen eine hohe Verarbeitungsqualität, ein unbestritten grandioses Fahrwerk und (wenn auch nicht von Beginn an) ausgezeichnete Motoren. Doch der Premium-Zwerg schreckt viele Mini-Fans mit Riesen-Preisen ab. Das aktuelle Basismodell Mini One (75 PS) kostet trotz magerer Serienausstattung 15.200 Euro.
Der Verkaufserfolg gibt den Bayern-Briten trotzdem recht, auch wenn sich Mini von der Krise auf dem Automarkt nicht ganz abkoppeln und vergleichsweise wenig von der Abwrackprämie profitieren konnte. Frischen Schub soll das neue Cabrio bringen, und die Mini-Modellpalette ist noch für viele Überraschungen gut: 2010 kommt ein Allrad-Crossover mit vier Türen und durch die Gerüchteküche fährt zurzeit ein kleiner Roadster.