Viele Fans träumen bei dem Wort-Paar "Ford" und "Cabriolet" immer noch vom alten Escort. Die Escort-Generation MK-III, die im Herbst 1980 Weltpremiere feierte, sollte die Kompaktklasse neu definieren und den Wolfsburger Konkurrenten mit ihrem VW Golf schlaflose Nächte bereiten. Angespornt vom Erfolg des Golf Cabriolet, der inoffiziell bereits 1978 vorgestellt wurde, war auch bei Ford die Entscheidung gefallen, die emotionale Frischluft-Fraktion zu bedienen. So kam der Escort nicht nur als drei- und fünftürige Limousine, sondern auch als Kombi, Stufenheck (Orion) und letztlich Cabriolet auf den Markt.
Klassenüblich gab es einen alles andere als schmucken Überrollbügel. Zwar beleidigte der bei geöffnetem Dach das Auge, sorgte jedoch für die nötige Steifigkeit in der Karosserie und für Sicherheit bei einem etwaigen Überschlag. Die Cabrioversionen von VW Golf und Opel Kadett machten es schließlich auch nicht anders. Das Verdeck wurde von einer mühsam zu befestigenden Persenning geschützt.
Heute sieht das ganze bei Ford anders aus. Der Escort von einst heißt seit Ende der 90er Jahre Focus und kämpft noch immer gegen "die aus Wolfsburg". Doch das gilt nur in Deutschland. Europa- und sogar weltweit ist der aktuelle Focus eines der bestverkauften Fahrzeuge der Welt.
Nach Jahren der Enthaltsamkeit gibt es seit knapp zwei Jahren auch wieder ein Cabriolet mit dem unscheinbaren Namen Focus CC. Der präsentiert sich nach der jüngsten Modellpflege zumindest von vorne schmucker und dynamischer den je. Das wenig sehenswerte Hinterteil bleibt uns jedoch auch im Sommer 2008 nicht erspart.
Das zweiteilige Klappdach ist technisch filigran, doch ziemlich opulent im Kofferraum untergebracht. Was bei geschlossenem Dach nur am Rande stört, nervt dann, wenn das vollelektrische Dach hinter den Fondsitzen verschwindet: Der Focus CC hat einfach einen dicken Hintern. Immerhin kann man sich über den üppig dimensionierten Kofferraum freuen, der zwischen 248 und 534 Liter schluckt.
Rare Unterschiede
Zu Zeiten des Ford Escort war das ganz anders. Das Dach aus PVC oder Stoff öffnete sich zumeist von Hand und erst später mit einer trägen Teilelektrik, sorgte vor der Eisdiele in Bochum-Wattenscheid jedoch allemal für neidische Blicke. Auch hatten groß gewachsenen Fahrer nicht mit einer nervig in den Innenraum hineinragenden Windschutzscheibe zu kämpfen. Die stört beim aktuellen Focus Cabrio besonders Personen über 1,80 Meter und nimmt einem ein Teil des Cabriogefühls.
Wenn man Cabriolet und Limousine im Innenraum miteinander vergleicht, präsentiert sich gestern wie heute das gleiche Bild. Die Unterschiede zwischen sonnigem Spaßmacher und langweiliger Limousine sind rar. Schon aus Kosten- und Produktionsgründen setzt und setzte man auf Gleichteile. Übersichtlich und praktisch waren die Escorts und Focus’ gestern wie heute.
Mit dem Escort Cabriolet der Generation MK-V tat man sich bei Ford Anfang der 90er Jahre keinen Gefallen. Der Thron des in die Jahre gekommenen VW Golf fing langsam an zu wanken und auch der Escort präsentierte sich keinesfalls so stimmig, wie noch nach der Modellpflege im Jahre 1986. Das merkte man auch europaweit an der geringeren Nachfrage. Cabriolets in der Kompaktklasse rissen keinen mehr vom Stuhl. Markenübergreifend gab es nur noch träges Design – wie beim Ford Escort.
Ein Cabriolet in der Kompaktklasse ist - trotz anderslautender Schwüre der Werbeabteilungen - nichts für vier Passagiere. Angesichts der überschaubaren Platzverhältnisse konnte man jenseits des Kindergartenalters im Fond des alten Ford Escort Cabriolet nicht ernsthaft akzeptabel sitzen.
Ein Focus CC bietet deutlich mehr Platz, einen integrierten Überrollschutz, Kopfstützen und elektrische Fensterheber hinten. Doch es bleibt es wie schon immer war: Bequem flanieren und die Sonne genießen kann man nach wie vor nur in der ersten Reihe.
Mittelalter
Mittlerweile selbstverständlich, dass ein Dach – in diesem Fall als Klappversion – elektrisch öffnet und schließt. Beim Focus CC geschieht das in trägen 30 Sekunden und nur im Stand. Zumindest Geschwindigkeiten bis 30 km/h sollten sich heutzutage realisieren lassen. Das bringt Sicherheit beim Regenüberfall in der City oder an der Ampelkreuzung. Doch die fünf Hydraulikzylinder, drei Elektromotoren und elf Sensoren benötigen viel Zeit, um das nur zweiteilige Dach zu öffnen und zu schließen.
Setzte man früher auf eine jugendlich-frische Kundschaft im Alter von um die 30 Jahre, so hat sich auch hier viel getan. Ford blickt wie die Konkurrenz gerne auf die finanziell abgesicherte Kundschaft im mittleren und höheren Alter. Wenn die Kinder erst einmal aus dem Haus sind, kann man sich auch wieder ein Cabriolet wie den Focus CC leisten. Vielleicht hatte man ja vor 20 Jahren schon einmal einen offenen Escort gefahren?
So sehr der Focus in den Jahren an Dimensionen und Gewicht zugelegt hat, so viel hat sich auch bei der Motorleistung getan. War einst bei spritzigen 90 oder 105 PS Schluss, so gibt es auch heute deutlich weniger Power als bei der Konkurrenz - aber immerhin doch 145 PS. Sogar ein Diesel mit 100 kW/136 PS lässt einen beim Bräunen auch noch Sprit sparen.
Bis ein leistungsstärkerer Benziner folgt, macht der Diesel mit zwei Litern Hubraum, 320 Nm Drehmoment und 205 km/h den besten Eindruck. Im Gegensatz zum etwas trägen Zweiliter-Benziner verbraucht man unter sechs Liter auf 100 Kilometer und hat sechs Gänge und auf Wunsch auch die brandneue Doppelkupplung.
So viel Hightech hat ihren Preis. In der Basisversion kostet der schwächlich motorisierte Ford Focus CC 1.6 schon 23.575 Euro. Der stimmige Diesel kommt auf mindestens 27.575 Euro. Wer so viel Geld nicht ausgeben will: Ein gut erhaltenes Escort Cabriolet aus den Mit-90er-Jahren kostet heute kaum mehr als 4.000 Euro.