Wenn Rainer Koch die Zeitung aufschlägt und Horror-Meldungen über Klimawandel und enorme Spritpreise sieht, dann könnte der Marketing-Chef von Daihatsu Deutschland eigentlich beruhigt weiterblättern. Denn während andere Hersteller sich wegen des Schadstoffausstoßes ihrer Fahrzeugflotten rechtfertigen müssen, steht Daihatsu fast wie ein kleiner Umweltengel da.
Beim CO2-Ausstoß zum Beispiel erreichte der Hersteller mit einem durchschnittlichen Ausstoß von 139 Gramm pro Kilometer den niedrigsten Flotten-Emissionswert aller Importmarken in Deutschland. "Wir erleben, dass Kunden zu unseren Händlern gehen und gezielt nach dem Kohlendioxid-Ausstoß der Autos fragen", berichtet Koch. In Sachen CO2 sei Daihatsu eine "sozialverträgliche" Marke.
Der Grund dafür ist einfach: Die meisten Modelle werden von Motörchen mit nur 1,0 oder 1,3 Liter Hubraum angetrieben. Die drehfreudigen Aggregate verleihen den leichten und kompakten Daihatsu zwar ordentliche Fahrleistungen - genehmigen sich aber im Schnitt nur 5 bis 6 Liter. Normalbenzin, versteht sich. Und das honorieren die Kunden nicht erst, seitdem die teilweise hysterisch geführte CO2-Diskussion wieder hoch gekocht ist.
Daihatsu hat seine Verkaufszahlen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert und zählt mit einem Plus von 27 Prozent zu den Autoherstellern mit den größten Zuwachsraten, die in diesem Jahr auf dem deutschen Markt erreicht wurden. Die Zulassungszahlen kletterten 2006 auf mehr als 13.000 Stück. 50 Prozent der Käufer sind Frauen. Denn die japanischen Winz-Autos glänzen nicht nur durch niedrigen Verbrauch, sondern auch durch ihre Raumeffizienz: Obwohl Autos wie der Cuore, Trevis oder Materia extrem kurz sind, finden vier Erwachsene in ihnen problemlos Platz. Dazu kommt eine unkomplizierte Bedienung: "Wir bieten keine Schnickschnack-Lösungen", sagt Rainer Koch.
Bei all der Alltagstauglichkeit geht in vielen Daihatsu der Fahrspaß ein wenig unter. Eine schwammige Lenkung, eine labberige Schaltung und eine nicht gerade begeisternde Straßenlage gehören leider zur Standardausstattung vieler Modelle. Die große Ausnahme ist der Knuddel-Roadster Copen, in dem echtes Go-Kart Feeling aufkommt.
Kein Diesel, kein Hybrid
Große Veränderungen bei der Modell- und Motorenpalette sind von Daihatsu nicht zu erwarten. Nach wie vor ist Japan der wichtigste Markt für den Hersteller. Weil dort Dieselmotoren bei PKW praktisch keine Rolle spielen, wird es einen Daihatsu mit Selbstzünder auch auf absehbare Zeit nicht geben. Das ist vor allem beim kompakten Geländewagen Terios schade, denn dessen Konkurrenten können mit Dieselmotoren aufwarten.
Auch ein Hybridmotor sei bei Daihatsu nicht in der Mache, sagt Koch. Der Preis dafür würde auch in keinem Verhältnis zum Effekt stehen, meint er: "Wenn ein Auto ohnehin nur 4,6 Liter verbraucht, benötigt es nicht auch noch Hybridantrieb."
Darüber, ob gerade neue Modelle in der Entwicklungs-Pipeline stecken, lässt der Daihatsu-Mann nichts verlauten. Neben der siebten Cuore-Generation, die in der zweiten Jahreshälfte an den Start geht, will sich Daihatsu verstärkt um den Sirion kümmern. "Das Auto hat ein kleines Bekanntheits-Defizit", gibt Koch zu. Das Potenzial des Wagens sei noch nicht ausgeschöpft. Trotzdem liegt der Sirion bei den Zulassungszahlen noch vor dem Cuore, gefolgt vom Terios, Trevis, Materia und als Schlusslicht dem Bonsai-Roadster Copen. Der allerdings habe sich für die Marke Daihatsu als echter Image-Träger erwiesen, sagt Rainer Koch.
Zurzeit sind drei Sondermodelle für den Copen, Terios und Sirion im Programm. Sie haben außer ein paar Optik-Extras und Preisvorteilen aber kaum etwas zu bieten. Anlass für die "100th Anniversary"-Modelle ist das 100-jährige Jubiläum der Marke. Im Jahr 1907 entstand der Winzlings-Produzent als einer der ältesten Autohersteller Japans.
Happy Birthday
Den Namen Daihatsu gibt es aber erst seit 1951. Der erste PKW hörte auf den Namen Bee (Biene). Es war eine ulkig anzusehende Dreirad-Limousine mit 1000 Kubik, die in Japan zum Verkaufsschlager wurde. In den folgenden Jahrzehnten machte sich Daihatsu einen Namen als Produzent für besonders kompakte Automobile. Das Segment der Mini Cars ist mit 1,5 Millionen Fahrzeugen das größte in Japan - und jedes dritte neu zugelassene Auto in diesem Marktbereich ist heute ein Daihatsu. Nur Suzuki verkauft in Nippon noch einen Hauch mehr Minis.
In Deutschland ist die Marke seit 1979 vertreten. Zu dieser Zeit waren viele japanische Autos noch so langweilig, unbeliebt und hässlich, dass man sie nie abschließen musste. Auch der Daihatsu Charade gewann 1979 keinen Schönheitspreis. Als verzweifelten Schrei nach Aufmerksamkeit hatten die Japaner der kleinen Blechbüchse ein winziges Bullauge in der C-Säule verpasst.
Wesentlich cooler waren da schon die Geländewagen, die Daihatsu nach Deutschland verschiffte. Ab 1977 gab es den Jeep-Verschnitt Wildcat, der ab 1984 Rocky hieß und 1988 durch den zahmeren Feroza ergänzt wurde. 1997 wurde der Feroza von der ersten Generation des Terios abgelöst.
Zum ewigen Dauerbrenner wurde der Cuore. 1981 kam die erste Generation auf den Markt. Die sechste Generation des City-Flitzers sieht heute noch so aus, als hätte man die Designer in den 80er Jahren eingefroren und zu jedem Modellwechsel wieder kurz aufgetaut. Die siebte Generation steht allerdings schon in den Startlöchern. Daihatsu hat dem Wagen endlich einen frischen und rundlicheren Look verpasst und auch an der Technik gefeilt – zum Beispiel soll es nun ESP geben. Den ohnehin schon sparsamen Verbrauch wird eine Start-Stopp-Automatik noch weiter senken. Auch eine Art Geburtstagsgeschenk.