Auch wenn es Audi nicht gern hört: Der Quattro war nicht der erste PKW mit serienmäßigem Allradantrieb. Schon 1972 stellte Subaru mit dem Leone 4WD Station Wagon den ersten in Großserie produzierten Personenwagen mit zuschaltbarem Allradantrieb vor. Den Anstoß für die Entwicklung hatte ein japanisches Stromunternehmen gegeben. Die "Tohoku Electric Supply Company" brauchte nämlich im Norden des Landes Fahrzeuge, mit dem die Arbeiter ihren Einsatzort auch im Winter erreichen konnten. Technisch gesehen war das System mit seinem starren Durchtrieb per Klauenkupplung allerdings noch sehr einfach.
Audi gebührt aber die Ehre, den ersten Großserien-PKW mit permanentem Allradantrieb auf die Räder gestellt zu haben – vom enormen Kultfaktor des Autos ganz abgesehen.
Es war einmal in Schweden
Die Geschichte des Quattro beginnt 1977 im eisigen Norden Schwedens und handelt zunächst – man höre und staune – von einem spartanischen Geländewagen namens VW Iltis. Der kleine Allradler diente Audi-Testfahrern als Begleitfahrzeug. Das Bundeswehr-Arbeitstier mit gerade mal 75 PS war unter winterlichen Bedingungen aber das schnellste Fahrzeug der Audi-Tester und hatte die beste Traktion.
Als die Ingenieure dem damaligen Audi-Entwicklungschef Ferdinand Piëch davon berichteten, wurde der sogleich vom 4WD-Fieber gepackt. Allradantrieb in einem PKW? Das schien genau das richtige Mittel zu sein, um Audi endlich von seinem Opa-mit-Hut-Image zu befreien.
Piëch setzte ein kleines Team von Mitarbeitern vor einen Audi 80 mit Fünfzylinder-Turbomotor und gab die Parole aus: Daraus machen wir einen Allradler. Um den VW-Vorstand von dem Konzept zu überzeugen, musste der Prototyp bei Testfahrten in Österreich sein Können unter Beweis stellen. Als der Wagen vor den verblüfften Vorstandsmitgliedern einen steilen Hang locker auf Sommerreifen hinauf krabbelte, war das grüne Licht für den Vierrad-Audi nur noch eine Frage der Zeit.
Auf dem Genfer Salon 1980 war es dann soweit: Auf Basis des kantigen Audi Coupé wurde der Quattro der staunenden Öffentlichkeit präsentiert. Der Wagen hatte verbreiterte Kotflügel und einen Spoiler. Unter der Haube brummelte ein 2.1-Liter-Fünfzylinder mit Turbolader und 200 PS. Der "Urquattro" hatte einen permanenten Allradantrieb mit hinterer und mittlerer Differenzialsperre.
Flügelmonster
Autotester fanden schnell heraus, dass der neue Antrieb für ein erstaunlich gutes Handling vor allem in schnellen Kurven sorgte. Auch auf rutschigen Straßen war der Quattro ganz in seinem Element und erntete ein begeistertes Presseecho. Dass der Urquattro dennoch eine Ausnahmeerscheinung auf deutschen Straßen blieb, dürfte nicht zuletzt am happigen Preis gelegen haben. Er kostete mehr als doppelt soviel wie das normale Coupé.
Bei der Rallye-Weltmeisterschlag schlug der Quattro dagegen ein wie eine Bombe. Hannu Mikkola sorgte 1981 in Schweden für den ersten WM-Erfolg. In den kommenden Jahren fuhr der Quattro die sprachlose Rallye-Konkurrenz in Grund und Boden. Bei der Rallye Monte Carlo 1984 fuhren sogar drei Quattros aufs Siegertreppchen und verwiesen die Konkurrenz auf die Plätze vier und abwärts. Den ersten Platz belegte Rallye-Legende Walter Röhrl mit Copilot Christian Geistdörfer.
Später erschienen für den Rallyesport auch Versionen mit verkürzter Karosserie wie der Sport Quattro und der S1. Es entstanden teilweise furchterregende PS-Bolzen mit gewaltigen Spoilern, die als "Flügelmonster" in die Rallye-Geschichte eingingen. Mit bis zu 600 PS waren diese Quattros allerdings kaum noch beherrschbar.
Die sportlichen Erfolge halfen aber, den Allrad-Mythos trotz horrender Preise für den Straßen-Quattro am Leben zu halten. Der Urquattro wurde in knapp 12 Jahren Produktionszeit nur 11.452 mal gebaut. Im Mai 1991 rollte schließlich der letzte Wagen vom Band. Da aber hatte der Quattro-Antrieb schon längst in anderen Audi-Modellen Einzug gehalten.