Was für ein Moment. Die beiden klobigen Schrauben, die an den Halsschmuck von Frankensteins Monster erinnern, werden entfernt. Die gewaltige Heckklappe öffnet sich. Ein großvolumiger Raum wird freigelegt. Jetzt nur noch zwei Stäbe justieren, ein paar Verankerungen innen lösen und hinein mit dem schweren, schwarzen Ungetüm. Die Verwandlung eines Peugeot 402 Eclipse von einem geschlossenen Coupé mit einem vermeintlich festen schwarzen Stahldach hin zu einem schicken Cabriolet ist sehenswert.
Der Eclipse ist das weltweit erste in größerer Stückzahl gebaute Fahrzeug in Cabrio- beziehungsweise Coupé-Form mit einem im Kofferraum versenkbaren, einteiligen Stahldach. Sozusagen der Vorfahr von Volvo C60, VW Eos, Mercedes SLK und Co. Von dem Mitte der dreißiger Jahre in vielen verschiedenen Formen gebauten 402 Eclipse sind genau 324 als Fünfsitzer mit manuellem Dach produziert worden. Dazu kommt der E4Y auf Basis des 5,19 Meter langen 402 L.
Zu verdanken haben die späteren Nutznießer diese Technik dem französischen Zahnarzt und Hobbydesigner Georges Paulin. Schon beim Vorgänger des 402, dem 301 mit den aus aerodynamischen Gründen hinter dem Kühlergrill verborgenen Frontscheinwerfern, kam ihm der Gedanke, Coupé und Cabriolet zu vereinen.
Gemeinsam mit dem Karosseriebauer Marcel Pourtout und dem Peugeothändler Emile Darl Mat wurde ein Peugeot 301 Cabrio-Coupé entwickelt. 1933 feierte das Ergebnis der drei Tüftler seine Premiere auf dem Pariser Automobil-Salon. Von dem Prototypen angetan, ließ Peugeot im eigenen Karosseriebetrieb La Garenne-Colombe auf Basis des 401 und 601 ein eigenes Stahl-Cabrio-Coupe entwickeln. Zwei Jahre später feierte auch dieses Modell seine Premiere.
Den Peugeot 402 Eclipse zu öffnen oder auch nur zu fahren bedeutet vor allem eines: Arbeit. Zwei Leute braucht es schon, um die Stahlkapuze auf zu klappen und zu verstauen. Aber auch von einer komfortablen Ausfahrt können anschließend nur die bis zu vier Passagiere schwärmen, die durch die beiden gegenläufig öffnenden Türen die gut gepolsterten Ledersitze geentert haben. Trotz des 3,30 Meter langen Radstandes fällt die Beinfreiheit im Fond ziemlich bescheiden aus. Sitzt man dort aber allein, kann man sich gemütlich breit machen. Ansonsten gilt: Der beste Platz im Auto ist definitiv der Beifahrersitz.
Das unsynchronisierte Dreiganggetriebe mit Pistolenschaltung lässt sich simpler bedienen, als es im ersten Moment scheint
Der Fahrer freut sich derweil schon nach wenigen Kilometern darauf, den 2,0 Liter großen Reihenvierzylinder wieder zum Schweigen zu bringen. Sowohl das stehende Bremspedal als auch das kaum Spiel aufweisenden aber dafür umso dünnere Kunststofflenkrad zur Bedienung der Schneckenlenkung fordern ordentlich körperlichen Einsatz.
Schon das Anlassen erinnert eher an eine Flugzeugstart: Zündungsknopf reindrücken, den Starterknopf rechts daneben ziehen und beim Starten etwas Gas geben. Das unsynchronisierte Dreiganggetriebe mit Pistolenschaltung lässt sich hingegen simpler bedienen, als es im ersten Moment scheint.
Auf den ersten Metern zeigt sich bereits, dass der wassergekühlte Vergasermotor nicht zur sportlichen Kurvenhatz entwickelt wurde. Seine 58 PS schieben den 1.439 Kilogramm schweren Wagen lautstark aber sehr gemütlich über die hinter aerodynamischen Abdeckungen verborgenen Hinterräder nach vorn. Die zentrale Querfeder vorn und die blattgefederte Starrachse hinten runden das komfortable Fahrgefühl ab.
Dabei verhält sich seine Karosserie schon in leichten Kurven wie ein Segelboot im Sturm. Die Wankneigung ist von außen durchaus sehenswert. An Bord macht man sich derweilen Gedanken, wie man die Beiboote am besten besetz. Der perfekte Einsatzort für den Peugeot 402 Eclipse wäre wahrscheinlich eine nie enden wollende, geradeaus verlaufende Allee mit einer Tempobeschränkung auf 50 km/h. Dass er sogar Tempo 110 schafft, will man nicht wirklich erfahren.
Ein weiterer Vorteil gemütlichen Dahingleitens: Damit kommt das kleine Bremspedal klar, das eine ebenso kleine Bremswirkung hat. Wie bei jedem Oldtimer heißt es daher besonders beim Peugeot 402 Eclipse: Vorausschauend und mit gehörigem Abstand zum Vordermann fahren. Sonst endet das in den französischen Nationalfarben erstrahlende "402"-Logo in der Front dann doch irgendwann einmal im Heck eines anderen Fahrzeugs.
Der Schaden wäre ähnlich hoch wie schon zur Markteinführung. Der damalige Preis von 34.000 Französischen Franc entspricht einem heutigen Wert von rund 150.000 Euro. So viel könnten die restlichen 35 bekannten Peugeot 402 Eclipse, sollten sie überhaupt einmal auf dem freien Markt angeboten werden, durchaus erzielen.
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