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Porsche. Der Neunelfer hat geschafft, wovon Designer heute nur noch träumen können: er ist und bleibt eine Ikone, tief im kulturellen Langzeitgedächnis verankert. Das unverwechselbare Design ist es nicht allein. Auf der Pariser Automobilausstellung im Oktober 1974 schaffte Porsche mit der Präsentation des 911 Turbo 3.0 Coupe, dem sogenannten 930, den Sprung in die Liga der Supersportwagen.
Doch das war in Wahrheit nicht sein erster Auftritt. Am 29. August 1974, nur wenige Wochen vor der eigentlichen Vorstellung des Porsche 930, feierte Louise Piech ihren 70. Geburtstag. Die Tochter von Porsche-Gründer Ferdinand Piech genoss zusammen mit ihren Gästen den warmen Hochsommertag in Dellach am Wörthersee. Die Luft war klar und die Atmosphäre friedlich und ruhig, bis… Ja, bis ein silbermetallicfarbener 911 mit der Fahrgestellnummer 911 560 0042 ungewohnt grollend den Kiesweg des Grundstücks heraufrollte.
Er war ein Geschenk der Porsche AG. Ungewohnt war jedoch nicht nur das Motorengeräusch des Porsche. Am Heck des Sportwagens fiel ein großer Heckflügel auf, so ganz anders als der vom RS bereits bekannte Entenbürzel. Der Rest der Karosserie war jedoch gewohnt schmal. Es dauerte nicht lang und die Geburtstagsgäste versammelten sich um die von einem Carrera-Schriftzug geschmückte und nun geöffnete Motorhaube des bis heute einzigen Turbo mit schmaler Carrera-Karosserie.
Von den bisherigen Aggregaten des Hauses Porsche unterschied sich das des 930 lediglich durch zwei dicke Rohre, die sich links am Gebläsekasten entlangschlängelten. Zudem war der Luftfilter nach rechts versetzt. Doch das eigentlich Besondere war von den Gästen kaum auszumachen. Louises Bruder Ferry Porsche und Professor Ernst Fuhrmann, der Vorstandsvorsitzende von Porsche, lüfteten das Geheimnis: Links unten, neben dem Endschalldämpfer befand sich ein Turbolader.
Einer der technischen Höhepunkte offenbarte sich den Gästen erst beim Blick ins Cockpit
Es war zwar nicht der erste Turbo in einem Auto. Doch war diese Technik bis dato fast ausschließlich den Rennwagen vorbehalten. Der auf drei Liter vergrößerte und 207 Kilogramm schwere Sechs-Zylinder-Boxermotor brachte nun 50 PS mehr auf die Straße. Mit 260 Pferdestärken war er somit stärker als der Carrera RS 2.7.
Fuhrmann und Porsche erklärten weiter: "343 Newtonmeter Drehmoment bei 4.000 Umdrehungen. Bis Tempo 100 braucht er nur 5,5 Sekunden und erreicht eine Spitze von 250 Kilometern pro Stunde." Zu den weiteren Details zählten neben den bekannten 15-Zoll-Fuchsrädern ein exklusiv von Schottenkaros eingefasster und geklebter Porsche-Schriftzug, der zum Interieur passte. Im Fußraum sorgte ein roter Hochflorteppich für Rolls-Royce-Gefühle.
Das Geburtstagsgeschenk blieb natürlich nicht ohne eigene Besonderheiten. So zierte eine kleine Plakette mit den Initialen der Besitzerin sowie der Inschrift "Turbo Porsche N° 1 - Stuttgart Zuffenhausen - 29. August 1974" den Deckel des Handschuhfachs. Hinzu kommt ein mit zwei Schrauben am Aschenbecher befestigtes Diktiergerät, das mit dem Radio-Kassetten-Gerät darüber verbunden war - ein besonderer Wunsch von Louise Piech.
Einer der technischen Höhepunkte offenbarte sich den Gästen erst beim Blick ins Cockpit. Denn der gleiche Drehzahlmesser, der auch schon beim 911 RSR zum Einsatz kam, wirkte mit seiner 10.000 am Ende seiner Skala wie ein Magnet für die Augen - ganz so, wie ein Tacho mit der Zahl 300. Dass er bei 6.600 Umdrehungen durch einen roten Aufkleber den Wunsch zum Gangwechsel anzeigte, war eher nebensächlich. Unüblichen für ein Fahrzeug von Louise Piech war dagegen die Colorverglasung, da die begeisterte Malerin eigentlich gern im Auto saß und die durch klare Scheiben ungefilterte Landschaft skizzierte.
Wer Inkognito, also ohne Modellbezeichnung fahren wollte, der musste 75 DM nach Zuffenhausen überweisen
Dass der Turbo solch ein Erfolg werden sollte, damit rechnete bei Porsche so kurz nach der Ölkrise kaum jemand. 500 Einheiten waren angepeilt. Hinzu kam, dass mit dem BMW 2002 Turbo bereits ein Jahr zuvor der erste aufgeladene Sportwagen auf den Markt gefahren war. Nach 1672 Einheiten war jedoch mit dem Münchener schon im November 1974 wieder Schluss gewesen. Doch bei Porsche hatte man sich verschätzt: Allein von der ersten Porsche 930-Serie wurden bis Ende 1977 2.876 Fahrzeuge produziert und für jeweils mindestens 65.800 DM verkauft. Zur damaligen Aufpreisliste gehörte zum Beispiel ein 175 DM teurer Außenspiegel für die Beifahrerseite und ein Schiebedach für 1.450 DM. Wer Inkognito, also ohne Modellbezeichnung fahren wollte, der musste 75 DM nach Zuffenhausen überweisen.
Danach folgte mit dem 911 Turbo 3.3 ein 300 PS starker Nachfolger, der jedoch auch unter der Bezeichnung 930 firmierte. Durch die Hubraumvergrößerung um 0,3 Liter, die PS-Steigerung sowie der Drehmomentsanhebung auf 430 Newtonmeter konnte die Sprintzeit um 0,3 Sekunden auf 5,2 Sekunden und die Höchstgeschwindigkeit auf 260 Kilometer pro Stunde verbessert werden.
Neben diesen technischen Veränderungen sorgte während seiner elfjährigen Fertigung eine umfangreiche Serienausstattung für zufriedene Gesichter in Zuffenhausen. So waren eine beheizte Front- und Heckscheibe, ein Teilleder-Interieur und eine Klimaanlage sowie ein Lenkrad mit erhöhter Nabe und ein Schiebedach schon ab Werk verbaut. Ebenfalls im Preis (ab 135.000 DM) inbegriffen waren ein Sperrdifferenzial und eine Ladedruckanzeige, die ab 1977 im Drehzahlmesser integriert war.
Im Vergleich zu der drei Jahre gebauten ersten Version hatte der 911 Turbo 3.3 allerdings noch eine Serien-Weltneuheit zu bieten: einen Ladeluftkühler. Dass der überhaupt noch Platz im Heck des Sportwagens fand, ist den waagerechten Lüftungsgittern des Heckflügels zu verdanken.
Nach rund 21.000 gebauten Porsche 930 trat ab 1991 der 964 Turbo seine Nachfolge an. Mittlerweile zieht die siebte Generation des 911 Turbo mit 520 PS über die Straßen.
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