Kaum eine Volumenmarke ist sich ihrer sportlichen Gene derart bewusst wie BMW. Doch die sportlichen Bayrischen Motoren Werke, heute mehr um Effizienz denn um Motorsport bemüht, waren nicht vom Start weg die geborenen Fahrdynamiker. Trotz zahlreicher Erfolge in den ersten Konzernjahrzehnten konnten Fans bayrischer Motorenbaukunst die viel beschworene Freude am Fahren erst seit den späten 60er Jahren erleben. Neben der kleinen 02er-Baureihe kam dabei dem im Herbst 1968 vorgestellten Coupé der Baureihe E9 eine zentrale Bedeutung zu.
Dabei hatte bereits das 1965 vorgestellte Modell des BMW 2000 C/CS für viel Aufsehen gesorgt. Drei Jahre später sind von der späteren M GmbH allenfalls erste zarte Knospen zu sehen, während hinter den Werkstoren in München und bei Partnerveredler Alpina bereits eifrig mit Kundensportlern experimentiert wird.
Das große Coupé von BMW feierte auf der Internationalen Automobilausstellung im Herbst 1968 seine Weltpremiere und wirkte nicht nur durch die 13 Zentimeter mehr Außenlänge, sondern insbesondere durch üppige Überhänge und neue Leuchteneinheiten eleganter als bis dato bekannt. Gebaut wurde die schnittige Karosserie bei Karmann in Osnabrück. Runde Doppelleuchten unterstrichen das mit der Limousine eingeführte Markengesicht. Mit BMW-Niere und den Chromeinfassungen des Kühlergrills sah man Designelemente, die in den nächsten Jahrzehnten das Bild der Bayern charakterisieren sollten.
Was wäre die Freunde am Fahren ohne ein entsprechendes Triebwerk? Beim Serienstart im Jahre 1969 wurde der CS von einem 2,8 Liter großen Reihensechszylinder mit 125 kW/170 PS angetrieben. Das reichte für Geschwindigkeiten von knapp über 200 km/h. Eine siebenfach gelagerte Kurbelwelle mit zwölf Gegengewichten sorgte trotz sportlicher Fahrleistungen für einen ungewohnt vibrationsarmen Lauf. Schnell folgten erste Sportversionen und eine Dreiliter-Variante mit 180 PS, die 213 km/h schaffte und den Spurt von 0 auf 100 km/h in 8,2 Sekunden bewältigte.
Die Gewichtsersparnis stand über allem, denn mehr Leistung gab es nicht
Höhepunkte des großen BMW Coupés war jedoch die Leichtbauversion des 3.0 CSL (Coupé Sport Leichtbau). BMW hatte bereits kurz nach Serienstart zusammen mit Karmann drei Prototypen mit Edelstahlkarosserie entwickelt, die als Technologieträger wertvolle Informationen in Sachen Leichtbau lieferten. Die Prototypen waren unter anderem mit Karosserie, Bodengruppe, Radhäusern, Federstützen, Stoßdämpfer und einer Auspuffanlage aus Edelstahl ausgestattet. Zusammen mit den rostfreien Zierteilen, Leisten, Blenden, Stoßstangen und Halterungen wog das Edelstahlgerüst 440 kg. Die Kunden konnten die erste offizielle Leichtbauversion jedoch erst ein paar Jahre später testen, während in die Entwicklung der Rennmodelle Sportwagenhersteller Alpina aus Buchloe stark einbezogen war.
Im Verkaufsprospekt empfahl sich der 3.0 CSL unter dem Motto "Überlegenheit durch Siege", als "Spezialversion, in der alle konstruktiven Möglichkeiten aus Leistung und Fahreigenschaften ausgerichtet sind." Bereits von außen war der CSL zumindest nach heutigen Maßstäben durch Knallfarben, Rallyestreifen, ausgestellte Kotflügel, Schriftzüge und Breitreifen von seinen zahmeren Brüdern 2.8 CS, 3.0 CS oder 3.0 CSi zu unterscheiden.
Die Gewichtsersparnis stand über allem, denn mehr Leistung gab es nicht. Türen, Motor- und Kofferraumhaube waren bei ihm aus Aluminium. Vorne wurde komplett auf eine Stoßstange verzichtet. Hinten gab es einen nur 2,5 Kilogramm leichten Kunststofframmschutz in schwarz. Zusammen mit fest stehenden Seitenscheiben hinten, dünnen Fenstern rundum und einer spartanischen Serienausstattung mit eng geschnittenen Sportsitzen brachte der 3.0 CSL gerade einmal 1.165 Kilogramm auf die Waage. Das entspricht einem Leistungsgewicht von nur 5,8 Kilogramm je PS. Über Nacht hatte der allemal üppig dimensionierte Hecktriebler 200 Kilogramm abgespeckt.
Auch nach heutigen Maßstäben ist dieses Coupé dynamisch unterwegs
Der Spurt von 0 auf 100 km/h in unter sieben Sekunden oder die Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h - das war damals eine Ansage. Das Handling war sportlich, aber alles andere als zickig. Der CSL ließ und lässt sich im Grenzbereich problemlos und gleichzeitig schnell bewegen. Der Sportler zielte auf einen Einsatz in der Gruppe 2, doch dafür mussten mindestens 1.000 Fahrzeuge produziert werden.
Dem stand zunächst ein Preis von deutlich über 30.000 Mark (Normalversion 23.000 Mark) entgegen. So wurden zunächst gerade einmal 165 Fahrzeuge mit dem 180 PS Vergasermotor hergestellt.
Auch nach heutigen Maßstäben ist dieses Coupé dynamisch unterwegs. Die optionalen Rennschalensitze waren gut angelegtes Geld, denn in schnellen Kurven bietet der CSL nicht nur durch seine hohen Reifenflanken der Michelin-Pneus im Format 205/70 VR 14 Wankbewegungen wie beim Segelschulschiff Gorch Fock.
Vier Runduhren informieren über so wichtige Dinge wie Geschwindigkeit und Drehzahl. Komfortausstattungen wie elektrische Fensterheber oder Radio wurden beim CSL aus Gewichtsgründen ausgespart und mit Blindstopfen belegt. Holzapplikationen gibt es allem Leichtbau zum Trotz.
Zum ersten Mal trat ein Rennteam vom Autotransporter bis zum Zündschlüsselanhänger im einheitlichen Design an
Das spindeldürre Dreispeichen-Lenkrad liegt jedoch nach kurzer Eingewöhnungszeit gut in der Hand und an die starken Windgeräusche durch die ohne Rahmen verbauten Seitenscheiben hat man sich schnell gewöhnt. Zum Übertönen kann man nicht einmal ein Blaupunkt-Radio einschalten. Denn bei aller Gewichtsersparnis wurde zwar ein Lautsprecher zentral im Armaturenbrett verbaut, aber das radio dazu schlicht gestrichen. Gut, dass der Klang des Reihensechszylinders die Farbverfehlungen in Colorado-Orange ebenso verzeihbar macht wie die fehlenden Schlagerklänge aus der Mono-Box.
Mit der Gründung der BMW Motorsport GmbH im Mai 1972 änderte sich das alles nachhaltig. Das junge Team rund um Jochen Neerpasch stellte den CSL zunächst in den Fokus der Bemühungen. Um das Sportcoupé reizvoller zu machen, installierten die Ingenieure den neuen Einspritzmotor mit 147 kW/200 PS, der zudem noch leicht auf 3003 Kubikzentimeter Hubraum vergrößert worden war.
Knapp 1,1 Tonnen brachte der Wettbewerbswagen auf die Waage. Unter der Haube arbeitete ein modifizierter Reihensechszylinder mit 3.340 Kubikzentimeter, zwölf Ventilen, Einspritzung und einer Verdichtung von 11:1. Die Leistung lag bei 360 PS. Doch nicht nur der Renn-CSL sorgte für Gesprächsstoff an den europäischen Rennstrecken. Zum ersten Mal trat ein Rennteam vom Autotransporter bis zum Zündschlüsselanhänger im einheitlichen Design an. Es waren jene drei Farbstreifen blau-violett-rot auf schneeweißem Grund, die bis zum heutigen Tag das Erscheinungsbild des Motorsports im Hause BMW prägen.
Die stärksten Modelle des 3.0 CSL leisteten Dank Turboaufladung bis zu 800 PS und waren durch imposante Spoiler-Aufbauten nahezu unkenntlich. Die meisten Straßenfahrzeuge wurden nach Kundenwunsch teilweise wieder zahmer gemacht. Auf normale Verglasung, elektrische Fensterheber, Chromstoßstangen und das komfortablere Serienfahrwerk des CSi wollten die meisten dann doch nicht verzichten. Das letzte Modell des CSL leistet 206 PS. Und ist heute mehr Legende denn je.
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