Die Mille Miglia 1930: Zwei Alfas liefern sich ein heißes Duell. Tazio Nuvolari und Achille Varzi, beide im 6C 1750 unterwegs, schenken sich nichts und tricksen, was das Zeug hält. Nuvolari überholt Varzi schließlich im Dunkeln mit ausgestellten Scheinwerfern und gewinnt das Rennen. Der Doppelsieg beweist nicht nur die Rennsportkompetenz von Alfa Romeo, sondern macht auch den Sechszylindermotor mit 1752 Kubikzentimetern Hubraum berühmt.
Der Reihenmotor war für 46 PS bei 4000 Umdrehungen gut, mit Kompressor waren sogar 102 PS möglich. Die aufgeladenen Versionen hießen Gran Sport und Super Sport und wurden als Werksrennwagen eingesetzt.
Den 6C gab es in zahlreichen Varianten – Alfa stellte damals noch keine eigenen Karossen her, sondern überließ diese Arbeit Karosseriebauern wie Touring, Castagna oder Zagato. Bei Zagato entstand auch die Hülle des roten 6C 1750, den Alfa in seinem Museum als besondern Schatz hütet. Der vier Meter lange Wagen hat eine klappbare Frontscheibe und ein Reserverad am Heck. Das Stoffverdeck sorgt sogar für ein wenig Schutz bei schlechtem Wetter.
Ein tpyisches Renn-Merkmal sind die roten Scheinwerferabdeckungen, die erst nachts entfernt wurden: Sie schützten die Lampen vor Steinschlägen. Außerdem konnten die Zuschauer die Alfas mit ihren roten Leuchten schon von weitem erkennen, und die Piloten jagten anderen Fahrern gern einen gehörigen Schrecken ein, wenn sie die Lampen aufblitzen ließen.
Nun steuert der Veteran auf die Alfa-Teststrecke in Balocco: Der Sechszylinder spuckt und knattert vor sich hin, als Mechaniker Guido das Aggregat anlässt. Mit viel Gespür am Gaspedal bringt Guido den Motor auf Touren und behält immer die Instrumente im Auge. Nach kurzer Zeit läuft der mächtige Reihensechser mit seinen obenliegenden Nockenwellen rund, beim Gasgeben schlürft der Kompressor gierig Luft und schaufelt sie in die Brennräume.
Wachsame Piloten gesucht
Der Fahrtwind weht den Insassen um die Nase und mischt sich mit dem Sound des Sechszylinders – selbst mit 80 Jahren auf dem Buckel liefert der Gran Sport noch Fahrspaß in Reinform. Und trotz Starrachse mit Blattfedern schlägt sich der nur 840 Kilo schwere Wagen in schnellen Kurven gar nicht mal schlecht.
Einfach zu fahren ist der 6C freilich nicht. Das Vierganggetriebe mit der offenen Schaltkulisse ist unsynchronisiert und erfordert Zwischengas. Man muss schon sehr geschickt sein, um den Schaltvorgang ohne knirschende Geräusche hin zu bekommen. Die Lenkung hat auch so ihre Tücken, manchmal zieht der Wagen unvermittelt zur Seite – ein wachsamer Pilot ist oberstes Gebot. Wahrscheinlich trägt der 6C deshalb neben dem großen Alfa Romeo-Schriftzug auf dem Kühlergrill noch ein zweites Abzeichen: Eine Christophorus-Plakette ziert den Veteranen als Kühlerfigur.
Der berühmte Hubraum 1752 prägte Alfa auch in den kommenden Jahrzehnten – selbst wenn es mal ein paar Kubikzentimeterchen mehr oder weniger waren – und verhalf Autos wie dem Spider 1750 Veloce oder dem Giulia Coupé 1750 GT Veloce zu fantastischen Fahrleistungen. Heute prangt Alfas Glückszahl auf der Abdeckung des Turbomotors 1.8 TBi, der unter anderem im Alfa 159 zum Einsatz kommt.
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